Der sächsische Verfassungsschutz hatte Kontakt zur mutmaßlich rechtsterroristischen "Gruppe Freital". Das bestätigten mehrere Landtagsabgeordnete MDR SACHSEN nach einer Sondersitzung des Rechtsausschusses. Die Staatsregierung hatte in der Sitzung einen Bericht des Nachrichtenmagazins "Spiegel" zurückgewiesen, nach dem ein Informant des Verfassungsschutzes in die mutmaßliche Terrorgruppe involviert war. Dass es einen Kontakt gab, sei jedoch ein "eingeräumter Fakt", so Linken-Sprecher Klaus Bartl, der dem Ausschuss vorsitzt.
Hätte der letzte Anschlag verhindert werden können?
Der Grünen-Abgeordnete Valentin Lippmann sagte nach der Sitzung, die
Staatsregierung betreibe eine Salami-Taktik. Erst jetzt sei
klargeworden, dass der mutmaßliche Zeuge zweimal bei der Polizei
ausgesagt hat: einmal acht Tage und einmal vier Tage vor dem letzten
Anschlag der Gruppe. Bisher waren die Abgeordneten davon ausgegangen,
dass es nur eine Aussage gab. Das hatte die Regierung am 28. April
mitgeteilt.
Lippmann betonte, mit diesen Informationen hätte der
letzte Anschlag verhindert werden können. SPD-Mann Albrecht Pallas kam
zum entgegengesetzten Schluss. Es habe keine Hinweise gegeben, dass den
Strafverfolgungsbehörden früh genug ausreichende Hinweise vorlagen. Bei
dem Anschlag am 1. November 2015 soll die Gruppe Sprengsätze gegen eine
Asylbewerberunterkunft in Freital eingesetzt haben. Bei den Explosionen
erlitt ein Bewohner Schnittwunden im Gesicht.
Polizei vermittelte Zeugen an Verfassungschutz
Nach Angaben Bartls ist nach der aktuellen Sondersitzung auch sicher, dass die Polizei den Zeugen mit dem Verfassungsschutz zusammenbrachte. Polizei und Staatsanwaltschaft hätten ihm vorher Vertraulichkeit zugesichert. Als im Juli 2016 bekannt wurde, dass der Zeuge ein mutmaßlicher Mittäter ist, hob die Bundesanwaltschaft die Vertraulichkeit wieder auf.
Die Regierung beharrt trotz der bekannt gewordenen zweiten Aussage darauf, das der Zeuge weder Informant noch V-Mann des Verfassungsschutzes war. Lippmann teilte mit, der Ausschuss könne den Wahrheitsgehalt dieser Aussage nicht überprüfen. Zu weiteren Details äußerte sich die Landesregierung am Donnerstag nicht, weswegen der Ausschuss die Sitzung vertagt hat. In der kommenden Woche sollen Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow und Innenminister Markus Ulbig befragt werden. Alle Abgeordneten wiesen darauf hin, man müsse dies abwarten, bis man sich ein umfassendes Bild machen könne.
Der CDU-Rechtsexperte Martin Modschiedler warf den Linken vor, mit der Beantragung der Ausschusssondersitzung auf Grundlage eines "Spiegel"-Berichts eine "politische Welle" gemacht zu haben, die aber im Sande verlaufen sei. "Die im Artikel genannte Person hat zu keinem Zeitpunkt Angaben über mögliche künftige Straftaten gemacht und er war auch kein V-Mann in der "Gruppe Freital" ", meinte Modschiedler.
Acht mutmaßliche Terroristen
Mitglieder der "Gruppe Freital" werden beschuldigt, eine rechtsterroristische Vereinigung gebildet und mehrere Sprengstoffanschläge vor allem gegen Flüchtlingsunterkünfte verübt zu haben. Sieben Männer und eine Frau sollen sich vor Gericht unter anderem wegen versuchten Mordes verantworten. Die Ermittlungen führte der Generalbundesanwalt.