Kritik nach Einheitsfeier - Wie viel Pegida steckt in Sachsens Polizei?

Erstveröffentlicht: 
05.10.2016

Die Einheitsfeier in Dresden wird von hasserfüllten Pöbeleien einiger Weniger überschattet. Doch warum lässt man die Anhänger der fremdenfeindlichen Pegida in Dresden gewähren? Die Polizei wird dafür heftig kritisiert.

 

Sachsen hat ein Problem mit Rechtsextremismus und Fremdenhass. Nach Heidenau, Freital und Bautzen bestreitet das eigentlich niemand mehr im Freistaat. Die Krawalle von Pegida-Anhängern am Rande der Einheitsfeier in Dresden werfen aber nun erneut die Frage auf: Gibt es dieses Problem auch innerhalb der sächsischen Polizei?

 

Pegida-Chef Lutz Bachmann rühmt sich häufig seiner guten Verbindungen zu den Ordnungshütern, in deren Reihen viele so dächten wie seine selbst ernannten Patrioten. Auch interne Dokumente wurden schon von Pegida veröffentlicht.

 

«Eins, zwei, drei - danke Polizei», skandierte die Menge dann auch am Montag, als ein Polizeiführer die Auflagen für eine Pegida-Demo über Lautsprecher «gerne» verlas, was eigentlich Aufgabe des Anmelders ist. Als er den Demonstranten - von denen viele Stunden zuvor Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aufs Übelste beschimpft und andere Gäste des Festgottesdienstes in der Frauenkirche bepöbelt und bedrängt hatten, auch noch einen «erfolgreichen Tag» wünschte, war der Jubel groß. 

 

Polizeiführer ist aus Niedersachsen - Beamte räumen Pegida "Hass-Spalier" frei


Auch wenn der Polizeiführer aus Niedersachsen kam, die Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizisten sieht ihre sächsischen Kollegen befangen. Man wisse dort, wem man sich zugehörig fühle, meint Bundessprecher Thomas Wüppesahl. Deshalb stelle der Dresdner Einsatz «ein kühl kalkuliertes einsatztaktisches Vorgehen dar, um die Spielräume der Pegida einschließlich relevanter Neonazis möglichst groß zu machen». Würden dagegen Linke auch nur eine Trillerpfeife benutzen, «werden sie gleich eingekesselt».

 

Nach Ansicht von Sachsens Linken-Partei- und Fraktionschef Rico Gebhardt assistierte die Polizei den «Pegidisten» sogar dabei, vor der Frauenkirche ein «Hass-Spalier» zu bilden. Dadurch, dass man die Zusammenkunft als Versammlung gewertet und geschehen lassen habe, sei es möglich geworden, dass Gottesdienstteilnehmer «bedroht, beleidigt und körperlich bedrängt» wurden. Gegen linke Gruppe gehe die Polizei hingegen unverhältnismäßig vor. «Damit setzt sich eine fatale Tradition in Dresden fort.» 

 

Innenminister Ulbig erneut in der Kritik


Nicht nur die Opposition sieht im Umgang der Sicherheitskräfte mit den verschiedenen politischen Lagern eine Diskrepanz. «Weshalb durften Pegida-Anhänger ungehindert demonstrieren, während Gegendemonstranten sanktioniert wurden?», fragt auch die Generalsekretärin der mitregierenden SPD, Daniele Kolbe. Zugleich attackiert sie Innenminister Markus Ulbig (CDU). Sachsen brauche einen Innenminister, der den Demokraten den Rücken stärke und auf die Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit achte. «Leider sehe ich von Innenminister Ulbig dazu gerade gar nichts.»

 

Vizeministerpräsident Martin Dulig (SPD) hatte sich bereits im Frühjahr in einem Zeitungsinterview die Frage gestellt, «ob die Sympathien für Pegida und die AfD innerhalb der sächsischen Polizei größer sind als im Bevölkerungsdurchschnitt». Dafür war er heftig kritisiert worden, sah sich damals selbst als «Nestbeschmutzer» hingestellt.

 

Am Montag machte er gemeinsam mit seiner Frau den Spießrutenlauf durch die Pegida-Anhänger vor der Frauenkirche. «Es ist eine sehr unangenehmen Situation, wenn sie so auf Tuchfühlung diesen Hass erleben», sagte er später dem MDR. Seine Ehefrau war derart erschüttert, dass ihr auf dem Weg in die Kirche die Tränen kamen. 

 

Dresdner CDU-Ordnungsbürgermeister lässt Pegida gewähren


Dresdens Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel (CDU) verteidigt die Entscheidung von Polizei und Versammlungsbehörde, Pegida vor der Frauenkirche gewähren zu lassen. «Ich möchte gar keinen Staat, bei dem Regierende ungestört feiern und der Bürger darf seine Meinung nicht sagen.» Genau so ein Staat sei 1989 durch die friedliche Revolution abgeschafft worden. Vorfälle wie am Einheitstag müsse der demokratische Rechtsstaat daher ertragen.

 

Martin Fischer