Aktionscamp gegen Tierfabriken 2016 – Ein Rückblick –

Bis jede Schlachtfabrik stillsteht!

Zum vierten mal rief die Kampagne gegen Tierfabriken zur Teilnahme am Aktionscamp gegen Tierfabriken und an Aktionen gegen den geplanten Ausbau der Wiesenhof-Schlachtfabrik in Holte auf. Zum vierten mal folgten verschiedene Aktivist*innen der Tierbefreiungs- und Umweltbewegung unserem Aufruf und sorgten dafür, dass das blutige Geschäft für mehrere Tage immer wieder gestört werden konnte.

Wie die letzten Jahre gab es dabei auch Aktionen, die darauf zielten, die Bevölkerung in Holte, den umliegenden Dörfern und in der 10 Kilometer entfernten Kleinstadt Nienburg, über Wiesenhofs Ausbaupläne und deren Profitstreben auf Kosten von Tieren, Menschen und Natur zu informieren. Im Camp gab es Vorträge über die Zukunft und die Geschichte der Kampagne gegen Tierfabriken, Klimawandel und Tierproduktion, Bio-Vegane Landwirtschaft, die Geschichte und aktuelle Situation im Hambacher Forst und über Neonazis und andere rechte Tendenzen in Tierrechtsbewegungen. Zusätzlich konnten sich die Teilnehmer*innen des Aktionscamps bei Workshops über Sambattac, Lockpicking, Streetart, 1. Hilfe, Pressarbeit, Aktionsformen, Straßentheater, Antirepression praktisches Wissen aneignen. Ähnlich wie in den letzten Jahren konnten bei einem Konzert von Faulenza, Meesu und Lady Lazy politische Inhalte auch über das Medium der Musik vermittelt werden.

 

„Der Druck auf Wiesenhof ist groß: an vielen Orten, an denen neue Mastanlagen gebaut oder ihre Schlachtfabriken erweitert werden sollen, gibt es Widerstand von Anwohner*innen, Umweltschutzverbänden und Aktivist*innen der Tierbefreiungsbewegung. Mit vielfältigen Aktionen wird der Betriebsablauf des Mutterkonzerns, die PHW-Gruppe und ihre Partnerunternehmen gestört.“

 

So lautete der im Mai veröffentlichte Aufruf für das diesjährige Aktionscamp. Ereignisse in den darauf folgenden Monaten bestätigten unseren Eindruck, dass der Widerstand gegen die Tierausbeutungsindustrie nicht nur nötig, sondern auch erfolgreich ist. Beispielsweise berichtete die Mitteldeutsche Zeitung am 1. Juni, dass das Agrar-Unternehmen Wimex (ein Unternehmen, was zu 49% der PHW-Gruppe gehört) vom Bau einer Elterntieranlage für „Masthühner“ in Cochstedt (Sachsen-Anhalt) absieht. Als Grund gab das Unternehmen den massiven Protest aus der Bevölkerung an: „Besonders hart ging den Geflügelproduzenten aber das sogenannte Bündnis Tierfabriken Widerstand aus Berlin an.“ (1. Juni Mitteldeutsche Zeitung)

 

Wenige Wochen später sah sich Wiesenhof gezwungen, einen Werbespot mit Atze Schröder nach einem massiven „Shitstorm“ in diversen Online-Netzwerken aus dem Internet zu nehmen. In dem an Widerlichkeit kaum zu überbietenden Spot hatte sich Atze Schröder über eine Betroffene sexualisierter Gewalt lustig gemacht. (Quelle)

 

Darüberhinaus fiel die solidarische Begleitung von Strafprozessen gegen drei Aktivist*innen, denen vorgeworfen wurde, im Rahmen des Aktionscamps 2015 gemeinsam mit anderen die PHW-Hauptzentrale für mehrere Stunden blockiert zu haben, in die heiße Phase der Campvorbereitung.

 

Der repressiven Zusatzbelastung ungeachtet, kam es am 20. Juli, also bereits eine Woche vor dem Camp, zu einer ersten Aktion. Zwei Aktivist*innen erkletterten einen mit Fleisch beladenen LKW vor der Wiesenhof-Schlachtfabrik in Holte. Unterstützt wurden sie von weiteren Aktivist*innen mit Transparenten und Sprechchören. Der LKW konnte so bis zur Räumung der Aktivist*innen für ca. drei Stunden an der Abfahrt gehindert werden. Die Aktion sollte sich sowohl gegen den geplanten Ausbau der Schlachtfabrik in Holte richten, als auch zum bevorstehenden Aktionscamp mobilisieren.

 

Nach weiteren Tagen der Vorbereitung und des Aufbaus der Infrastruktur des Camps folgte am 30ten Juli ein Infostand in der Nienburger Innenstadt und eine Demonstration gegen Wiesenhofs Schlachtanlage in Holte. Ungefähr 60 Menschen beteiligten sich an dem Protest. Start der Demo war in der Straße Moorheide, in der auch der Geschäftsführer der PHW/Wiesenhof-Fabrik wohnt. Einige Anwohner*innen kamen neugierig aus ihren Häusern oder schauten aus den Fenstern und auch ein paar Ortsansäßige nahmen an der Demonstration teil. In mehreren Redebeiträgen wurde die auf vielen Ebenen stattfindende Ausbeutung durch PHW/Wiesenhof thematisiert und über die Ausbaupläne der Fabrik in Holte informiert. In einer Rede, die sich speziell an die Holter Anwohner*innen richtete, hieß es unter anderem:

„Vielleicht will euch die Firma Nienburger Geflüglspezialitäten den Ausbau mit Versprechen von Arbeitsplätzen und wirtschaftlichem Aufschwung der Region verkaufen. Das Arbeitsplatzargument ist jedoch absurd, da die Arbeitsbedingungen unter anderem über Werkverträge organisiert sind. Werkverträge nutzt PHW/Wiesenhof dazu, viele Arbeitende unter unwürdigen Bedingungen zu beschäftigen. Und was hat es mit dem Versprechen von wirtschaftlichem Aufschwung auf sich? Wir dürfen nicht vergessen, dass dieser eventuelle Aufschwung auf Kosten von Mensch, Tier und Natur geht und das auch hier in der Region. Den einzigen wirklichen Aufschwung wird PHW/Wiesenhof in seinen Profiten verzeichnen können. Für die Region bleibt Grundwasserabsenkung, Lärm, Nitratbelastung von Boden und Grundwasser.“

 

Nachdem die Anwohner*innen zum Protest gegen PHW/Wisenhof aufgerufen wurden, ging die Demo unter den Klängen der Sambagruppe weiter durch Holte bis zur nahegelegenen Biogasanlage, um deren Geschäftsbeziehungen mit PHW (Stromlieferung für die Schlachtanlage) anzuprangern . Die Abschlusskundgebung fand schließlich direkt vor der mit Bauzäunen nahezu komplett abgeschotteten Schlachtfabrik statt. Ein kritischer Anruf bei der Bauzaunfirma, in dem sich bei dieser beschwert wurde, dass Mensch so ja gar nicht bis zur Schlachtanlage könne, wurde mit dem Kommentar beantwortet: „Ja, wenn der Kunde will, dass wir die ganze Welt einzäunen, dann zäunen wir die ganze Welt ein!“Ein weiterer Redebeitrag auf der Abschlusskundgebung verdeutlichte schließlich noch einmal die Motivation hinter der Demonstration:

„Wir solidarisieren uns mit den ausgebeuteten Arbeiter*innen, mit den anderswo vertriebenen und hier wohnenden Menschen und mit den schon und noch nicht ermordeten Hühnern. Wir als Kampagne gegen Tierfabriken setzen uns am Beispiel Wiesenhof und Rothkötter gegen diese kapitalistische Unterdrückung ein, indem wir auf die Schließung aller Käfige, Mast- und Schlachtanlagen hinarbeiten und solidarisieren uns mit anderen freiheitlichen/emanzipatorischen Kämpfen. Heute und immer gilt also: Menschen und Tiere sind kein Kapital!“

Zurück im Camp fand der Tag mit Auftritten von Faulenza, Meesu, Lady Lazy und DJ FÄN\ Velvet Unicorn seinen Ausklang.

 

Weiter ging es am Montag mit einer Kundgebung vor den Geschäftsräumen der Firma D+S-Montage im 50 Kilometer entfernten Stuhr bei Bremen. Das Bau-Unternehmen organisiert im Auftrag von Wiesenhof den Neubau des Schlachthofes in Wietzen-Holte bis zur, nach eigenen Angaben, „schlüsselfertigen Abgabe“. Bereits in den vergangenen Jahren wurde in Form von Kundgebungen, einer Bürobesetzung und Glasbruch gegen die Geschäftsbeziehungen mit Wiesenhof protestiert. Für mehrere Stunden konnte der Ablauf des Büros mit Parolen, Redebeiträgen, Sirenen, Airhorns und Trillerpfeifen gestört werden.
Am späten Nachmittag kam es zu einer weiteren Kundgebung vor der Schlachtfabrik in Holte.

 

Am Dienstagmorgen um 6.00 Uhr wollten wir die Schlachtfabrik in Holte zum ersten mal komplett blockieren. Nach dem frühen Aufstehen, schnellem zapatistischen Kaffee und einer letzten kurzen Besprechung ging es los. Wir teilten uns in drei Aktionsgruppen auf, die sich jeweils aus drei verschiedenen Richtungen auf die Schlachtfabrik zubewegten. Durch Sitzblockaden und das Erklettern von LKWs konnte das Schlachthaus für mehrere Stunden komplett blockiert werden. Die lokale Polizei war offensichtlich nicht auf die Aktion vorbereitet und musste mehr als zwei Stunden auf Unterstützung der Bereitschaftspolizei aus Hannover warten, um mit der Räumung der ersten Sitzblockade zu beginnen. Nach 6 Stunden im Regen verließen die Aktivist*innen die Dächer der LKWs und wurden mit fast allen anderen Aktivist*innen zur „Identitätsfeststellung“ auf die Polizeiwache nach Nienburg gebracht. Nachdem die Polizist*innen feststellten, dass keine der Aktivist*innen Aussagen zu den Vorwürfen der „Nötigung“ oder „Verstoßes gegen die Straßenverkehrsordnung“ tätigen wollte, versuchten sie sie abzufotografieren und ließen sie gehen.

 

„Diese Schlachtfabrik steht stellvertretend für ein System der kapitalistischen Wirtschaftsweise, in der sowohl Menschen als auch Tiere ausgebeutet werden. Diese Zustände gilt es zu bekämpfen.“ schilderte Selina, eine der Aktivist*innen, ihre Motivation zur Teilnahme an der Aktion.

 

Gegen Nachmittag des nächsten Tages machte sich erneut eine Gruppe von Aktvist*innen auf den Weg zur Schlachtfabrik nach Holte. Diesmal mit Fahrrädern. Auf der Hauptzufahrtsstraße wurde aus der Fahrradtour eine Blockade. Die Aktivist*innen stiegen von ihren Fahrrädern und versperrten einem LKW mit ihren Körpern und Fahrrädern den Weg. Der LKW fuhr rückwärts die Straße zurück. Die Aktivist*innen vermuteten, dass der LKW nun eine andere Straße zur Fabrik nutzen wird. Sie stiegen wieder auf ihre Räder und fuhren zu der Straße, wo sie in wenigen Minuten den LKW erwarteten. Der ließ nicht lange auf sich warten, der Fahrer sah die Aktivist*innen, die ihm schon wieder den Weg versperrten, blieb stehen und fuhr nach einem kurzen Gespräch mit einem Polizisten und einem Vertreter von Wiesenhof wieder zurück. Auf der anderen Straße wurde in der Zwischenzeit ein neuer LKW gesichtet – also wieder auf die Fahrräder und hin. Der LKW blieb stehen. Die Aktivist*innen freuten sich und erblickten auf dem einen der beiden anderen Zufahrtswege wieder einen anderen LKW. Die Gruppe teilte sich, so dass beide Straßen blockiert werden konnten. Nach 1 ½ Stunden traf die Bereitschaftspolizei aus Hannover ein. Von der einen Gruppe wurden die Personalien aufgenommen, während die andere unkontrolliert verschwinden konnte.

 

Mit einer lautstarken Kundgebung vor den Toren Wiesenhofs konnte der aktionistische Teil des Aktionscamps am Donnerstag abgeschlossen werden. Mit Redebeiträgen wurden die Profiteure des Unternehmens noch einmal daran erinnert, wie einfach es ist, sich ihren Betrieb in den Weg zu stellen und das sie jederzeit mit weiteren Aktionen rechnen müssen.

Am Abend wurden die vergangenen Tage mit Lagerfeuer und gutem Essen ausgewertet.

Dank an alle die da waren, insbesondere auch an alle die bei Reproduktionsarbeiten geholfen haben, an die Awarenessgruppe und die Küche! Ohne euch wäre dieses Camp nicht möglich gewesen.

 

Ausbeutung Beenden!

Bis jede Schlachtfabrik still steht!

 

Mehr Infos unter:

kampagne-gegen-tierfabriken.info