Bei der Dresdner Pegida und Bachmann ist die Luft raus

Erstveröffentlicht: 
11.07.2016

Immer weniger Teilnehmer, Demonstrationen fallen aus, Bachmann nimmt nicht mehr teil, die ehemals Vertrauten zerfleischen sich im Internet. Bei Pegida ist die Luft raus. Eine Analyse listet die Gründe auf.

 

Dresden. Pegida macht Pause. Am Montag wollen die Islam- und Asylfeinde nicht demonstrieren. Das hat Siegfried Däbritz, rechte Hand von Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann am vergangenen Montag angekündigt. Dazu sinken die Teilnehmerzahlen dramatisch. Vor Wochenfrist verabschiedeten sich zig Demonstranten schon lange vor dem Ende des Aufmarschs auf dem Altmarkt. Bei Pegida ist die Luft raus. Eine Analyse der Dresdner Neuesten Nachrichten.

 

Schrumpfkur: Gemessen an der größten Pegida-Kundgebung im Januar 2015 ist die Organisation auf Zwergengröße geschrumpft. Die Polizei sprach damals von rund 25 000 Demoteilnehmern, am vergangenen Montag waren es nur noch um die 2000. Daran ändern auch die Aufrufe von Lutz Bachmann und Siegfried Däbritz nichts, die regelmäßig dazu auffordern, jeder Demoteilnehmer solle noch einen weiteren Menschen mitbringen.

 

Öffentlicher Streit: Zwei Mal sind bisher wichtige Protagonisten aus der Organisation ausgeschieden. Im Januar 2015 verabschiedeten sich Kathrin Oertel und Rene Jahn, nachdem Bachmann – zunächst zurückgetreten wegen ihm zugeschriebenen ausländerfeindlichen Äußerungen im Internet – wieder in die Organisation zurückkehrte. Vor wenigen Wochen traf es Tatjana Festerling und Edwin Wagenveld alias „Ed, der Holländer“. Sie engagieren sich stark bei „Festung Europa“. Zum offenen Zerwürfnis kam es, als Wagenveld im Internet berichtete, Festerling sei im April von der Pegida-Bühne verwiesen worden.

 

Leere Versprechen: Den vielen Aktionsankündigungen folgten keine Taten. Das beginnt bei der von Tatjana Festerling einst geforderten Unabhängigkeitserklärung Sachsens durch eine Volksabstimmung über den von ihr propagierten Kauf-Boykott bis zu ihrer Niederlage als OB-Kandidatin der Bewegung. Bachmann steuerte zu den leeren Versprechen zwei Mal die Ankündigung bei, eine Partei gründen zu wollen: im September 2015 und im Juni 2016. Es gebe im Juni einen Termin für einen Gründungsparteitag, sagte Bachmann zuletzt. Der Juni ist vorbei, eine Pegida-Partei gibt es noch nicht. Aus Sicht der Pegida-Analyse, die der Politikprofessor Werner Patzelt und Joachim Klose, Landesbeauftragter der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in Sachsen, vorgelegt haben, ist sie auch gar nicht nötig. Denn es gibt schon eine entsprechende Partei, so Patzelt. Pegida sei „unter anderem Namen erfolgreicher denn je“, sagte der Politikprofessor Mitte Juni mit Blick auf die AfD. Auch aus der Abschaffung des Rundfunkbeitrags für Sachsen mittels eines Volksentscheids ist noch nichts geworden.

 

Undurchsichtige Finanzen: Wie viel Geld hat der Pegida-Förderverein und wofür wird es ausgegeben? Laut Tatjana Festerling „viele Spendengelder“, die aber noch nicht einmal der komplette Vorstand des Vereins genau kennt. Sie unterstellt der engen Führungsspitze Mauscheleien. „Geh und kümmer’ dich erst mal um deine Satzung, deinen Kassenprüfer, deine Vereinsbuchhaltung, gib eine Aufstellung über die Spenden-Einnahmen aus den grünen Tonnen ab, bevor du dich hier in deiner üblichen, herablassend-arroganten Weise äußerst“, empört sich die geschasste Pegida-Frontfrau auf ihrer Facebook-Seite in einem Kommentar, der sich an den Pegida-Schatzmeister wendet.

 

Allerdings ist der Verein auch nicht gezwungen, seine Finanzen öffentlich zu machen. Möglich ist außerdem, dass festgelegt ist, wie viel Geld Lutz Bachmann und seinen engsten Vertrauten direkt aus dem Spendenaufkommen überwiesen wird. Welche Summen das sind, ist für die Spende gänzlich unklar. Zusätzlich verdient der Verein unter anderem mit dem Verkauf von T-Shirts.

 

Brauner Mob: Mit einem braun gefärbten Wischmopp hat sich Bachmann lustig gemacht über die Behauptung, bei Pegida laufe der „braune Mob“ mit. Diesen Mopp wollte er für Fotos nutzen, etwa in Zeitungsredaktionen, die dann veröffentlicht werden sollen. Daraus ist ebensowenig etwas geworden wie aus der Ankündigung, mit „Nadelstichen“ gegen die Bilderberg-Konferenz in Dresden zu demonstrieren. Als Lutz Bachmann auf der Pegida-Bühne öffentlich erklärte, es habe keine Sinn, sich mit Pappschildern vor die Absperrung der Bilderberg-Konferenz zu stellen, wie es Festerling und Wagenveld getan haben, griff er direkt seine ehemaligen Mitstreiter an.

 

Fazit: Es hat sich „mehr und mehr ... gezeigt, dass die Organisatoren von Pegida nicht zu jener Statur herangewachsen sind, in der sie den ihnen zugefallenen, ja inzwischen auch gesuchten politischen Rollen gewachsen wären“, schreibt Patzelt im Buch „Pegida – Warnsignale aus Dresden“. Sie begnügen sich mit „mutwilliger Polemik“. Patzelt schlussfolgert: „Weiter so zu verfahren, verrät den guten Glauben und den guten Willen von vielen, die nun schon monatelang zu den Pegida-Demonstrationen in der Hoffnung gehen, sie könnten politisch etwas bewirken...“. Im Klartext heißt das: Pegida überlebt nicht, wenn sich Bachmann und seine Vertrauten nicht ändern. Danach sieht es aber nicht aus.

 

Christoph Springer