Residenzpflicht in Mitteldeutschland - Drei Länder, zwei Konzepte, ein Streitfall

Erstveröffentlicht: 
27.05.2016

Beim Integrationsgesetz hat sich das Bundeskabinett auf einen neuen, aber umstrittenen Gesetzesvorschlag geeinigt. Ein besonderer Knackpunkt dabei: Die Wohnsitzzuweisung oder auch Residenzpflicht. Die Länder sollen zwei Möglichkeiten bekommen: Entweder bestimmen sie Regionen, in denen sich die Flüchtlinge nicht niederlassen dürfen - oder genau andersherum: Sie benennen Regionen, in denen die Flüchtlinge leben müssen. In Mitteldeutschland sind die Umsetzungspläne durchaus unterschiedlich.

von Christopher Gaube

 

Raus aus den provisorischen Flüchtlingsunterkünften und hinein in eine eigene Wohnung - tausende Flüchtlinge sollen so auch in Mitteldeutschland ihre neue Heimat finden. Doch wo genau eigentlich? Mit dem geplanten Integrationsgesetz der Bundesregierung sollen die Länder künftig selbst Regionen festlegen können, wo Flüchtlinge wohnen dürfen oder eben nicht - bindend für bis zu drei Jahre. 

 

Thüringen: Maximale Freiheit


Kritiker bemängelten, dass die Menschen damit zu stark eingeschränkt würden. Der Thüringer Migrationsminister Dieter Lauinger will dagegen halten: "Ich persönlich plädiere für so wenige Einschränkungen wie möglich. Es gibt ja auch die Möglichkeit, dass Länder sagen: Es gibt eine Wohnsitzzuweisung für Thüringen, aber in keinem Ort ist eine so angespannte Situation, dass wir das näher konkretisieren müssen." 

 

Sachsen: Volle Städte, leeres Land

 

Bei den Nachbarn in Sachsen ist dagegen gerade in Städten wie Leipzig oder Dresden bezahlbarer Wohnraum knapp. Hier tausende Flüchtlinge unterzubringen, dürfte schwierig werden. Vor diesem Hintergrund verweist Sachsens Innenminister Ulbig gegenüber MDR AKTUELL auf den hohen Leerstand im ländlichen Raum. Zur möglichen Wohnsitzzuweisung sagt er: "Die Länder sollen ermächtigt werden, Wohnsitze unter der Maßgabe zuzuweisen, dass Wohnungen und Arbeitsmöglichkeiten vorhanden sind. Wie das konkret ausgestaltet wird, müssen wir uns noch anschauen. Aber ich gehe davon aus, dass wir in der Lage sind, mit einer solchen Regelung klarzukommen." 

 

Sachsen-Anhalt: Regierung uneins


Wie eine solche Regelung in Sachsen-Anhalt aussehen könnte, ist derzeit noch unklar. Ganz so einfach dürfte es jedenfalls nicht werden: Während CDU und SPD eine Wohnsitzzuweisung begrüßen, stellt sich der dritte Koalitionspartner dagegen, wie die Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann bestätigt: "Es gibt Grundrechte und alle Menschen, die bei uns leben - ungeachtet der Herkunft, des Status und anderer Merkmale - haben die gleichen Grundrechte. Die Freiheit der Wahl des Wohnortes ist zentral."

 

Für die Integrationsbeauftragte in Sachsen-Anhalt, Susi Möbbeck von der SPD, zählen dagegen andere Argumente - wenngleich die Wohnsitzzuweisung nicht die Optimallösung sei: "Wir haben in den letzten Monaten erlebt, dass der permanente Wechsel von Wohnorten dazu führt, dass sich die Integrationsbedingungen verschlechtern. Am Ende haben wir nichts dadurch gewonnen, dass sich Menschen zwar frei bewegen können, aber die Integrationsangebote nicht zustande kommen." Genauso sieht das auch der sachsen-anhaltische Innenminister Stahlknecht von der CDU. Zu MDR AKTUELL sagte er, dass es sich für ihn nicht um eine politische Grundsatzfrage handle. Deshalb wolle man mit den Grünen noch einmal sachlich verhandeln.