Vorsicht: (geistige)Brandstifter! Der Rassistischen Mobilisierung entgegentreten! Den antifaschistischen Widerstand organisieren! Seit Ende 2015 wird die Region Südniedersachsen von einer Reihe rassistischer Kundgebungen heimgesucht. All sonntäglich kamen zunächst Rassisten, Rechtspopulisten, Neonazis, Hooligans und Rocker in Kleinstädten und ländlichen Ortschaften zusammen, um gegen Geflüchtete zu hetzen. Die PEGIDA-Mischung schwappte im Winter 2015 vom westlichen Thüringen in die Region um Göttingen.
Mit unserer Publikation
bemühen wir uns darum, einen Überblick und eine Bewertung vorzunehmen.
Zu einigen der Hauptakteure stellen wir zusammenfassende
Hintergrundberichte dar.
Vorsicht: (geistige)Brandstifter! Der Rassistischen Mobilisierung entgegentreten! Den antifaschistischen Widerstand organisieren!
Seit
Ende 2015 wird die Region Südniedersachsen von einer Reihe
rassistischer Kundgebungen heimgesucht. All sonntäglich kamen zunächst
Rassisten, Rechtspopulisten, Neonazis, Hooligans und Rocker in
Kleinstädten und ländlichen Ortschaften zusammen, um gegen Geflüchtete
zu hetzen. Die PEGIDA-Mischung schwappte im Winter 2015 vom westlichen
Thüringen in die Region um Göttingen. Ihre anfängliche Camouflage aus
den Beteuerungen Freundeskreis, besorgte BürgerInnen oder das wird
man ja wohl noch sagen dürfen legte die in dieser Zusammensetzung und
Dynamik neuartige Allianz bald ab. Die TeilnehmerInnenzahl stagnierte
schnell bei 60 bis 100 Personen. Diese hielten mit hohem Aufwand die
immer selben Kundgebungen in Northeim, Lindau, Duderstadt und
Heiligenstadt am Laufen. Immer offener traten die üblichen bekannten
Neonazis aus der Region in den Vordergrund, immer fanatischer steigerte
sich die rassistische Hetze. Den offenen Drohungen und Aufrufen zur
Gewalt folgten rechte Angriffe auf Unterkünfte von Geflüchteten,
vermeintliche politische GegnerInnen und offen faschistische
Propaganda-Aktionen. Heute können wir davon ausgehen, dass es sich hier
um eine koordinierte Aktion verschiedener rechter Akteuere handelt. Ihr
Ziel ist es das Auftreten von Neonazis in der Region zu normalisieren,
sich selber als handlungsmächtige Kraft zu erleben und eine Situation
herbeizuführen, die zum offenen Konflikt im Umfeld von
Geflüchteten-Unterkünften und mit den verhassten politischen GegnerInnen
führt.
Nach über 8 Wochen Kundgebungsmarathon ist bei den
rechten SonntagsaktivistenInnen offensichtlich ein wenig die Luft raus.
Einige der exponierteren Hetzer haben empfindlicheKonsequenzen zu
spühren bekommen und zogen sich danach vorerst aus der ersten Reihe
zurück. Für das weitere Jahr 2016 haben die Neonazis monatliche
Aufmärsche in der Region, sowie andauernde dezentrale rassistische
Aktionen angekündigt.
In der politischen Einordnung der
Freundeskreis-Aktivitäten, wie auch bei der Entwicklung einer
antifaschistischen Praxis gegen diese neue rechte Dynamik, bestehen
vielfach Unsicherheiten und daraus resultierende Zurückhaltung. Mit
unserer Publikation bemühen wir uns darum, einen Überblick und eine
Bewertung vorzunehmen. Zu einigen der Hauptakteure stellen wir
zusammenfassende Hintergrundberichte dar.
Die
Phänomene, die sich bereits seit August und verschärft seit Dezember
2015 auftun, sind für die antifaschistische Bewegung in Göttingen und
Südniedersachsen nicht wirklich neu. Neonazis können sich im ländlichen
und kleinstädtischen Umland schon seit langer Zeit relativ bequem
bewegen, lokale Verwaltungen, die Polizei und der Niedersächsische
Verfassungsschutz halten ihnen dabei vielfach den Rücken frei. Sicher
ist, dass die
Rassisten-Rechtspopulisten-Neonazi-Hooligan-Rocker-Koalition zum Angriff
übergehen will. Sowohl in ihren Zielen gegen Geflüchtete und deren
UnterstützerInnen, aber auch räumlich gegen das als rote Hochburg
verhasste Göttingen. Wie weit sie dabei kommen werden, hängt auch von
den Antworten ab, die die antifaschistische und antirassistische
Bewegung in den kommenden Monaten geben wird.
Neu sind die
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, in denen sich die radikale Linke
bewegt: Eine vorübergehende große Bewegungsfreiheit für Geflüchtete, die
gesellschaftliche Polarisierung zwischen einem humanistischen Bürgertum
und einem hasserfüllten, rassistischen und national-chauvinistischen
Block. Im Nachbarland Frankreich erleben wir einen entgrenzten
Rechtsruck bis hin zum dauerhaften Ausnahmezustand. Eine
Standard-Prozedur, innerhalb derer sich viele linke AktivistInnen in den
letzten Jahren eingerichtet hatten, macht heute kaum Sinn. Es liegt an
uns allen eine neue gemeinsame interventionistische Praxis zu
entwickeln. Diese hebt bereits in Ansätzen herkömmliche Grenzen auf:
Zwischen Geflüchteten und ihren UnterstützerInnen. Zwischen den
Teilbereichsbewegungen Antifa, Antira und Feminismus, zwischen
AktivistInnen-Generationen, aber zukünftig notwendiger Weise auch
zwischen Großstadt und ländlichem Raum. Konkret muss es uns darum gehen,
den tausendfachen Einsatz für Geflüchtete und eine gerechte Welt
gesellschaftlich als politische Kraft sichtbar zu machen. Konkret muss
es aber auch darum gehen, den antifaschistischen Selbstschutz vor
Angriffen durch Rassisten und Neonazis zu organisieren.
Antifaschistische Linke International A.L.I. im Februar 2016