Scharfe Kritik an Hausdurchsuchung bei Journalisten / Computer und Festplatte beschlagnahmt: »Wenn die Frankfurter Polizei nicht weiterkommt, werden Wohnungen von Journalisten durchsucht«
Berlin. Die Polizei geht bei ihren Ermittlungen wegen der Blockupy-Proteste von 2015 nun auch erneut gegen Medienvertreter vor. Nach »nd«-Informationen wurde am Donnerstagmorgen die Wohnung eines Fotojournalisten in Berlin durchsucht. Auch die Wohnung eines zweiten Fotojournalisten stand zunächst im Visier der Ermittler. Da der Betroffene aber offenbar unbekannt verzogen ist, fand diese Durchsuchung nicht statt, wie die Staatsanwaltschaft auf »nd«-Anfrage mitteilte.
Gegen 6 Uhr Morgens hätten mehrere LKA-Beamte »wild an meiner Tür geklingelt und gehämmert«, sagte der Fotojournalist PM Cheung, einer der beiden Betroffenen, gegenüber »nd«. Kurz darauf durchsuchten je zwei Beamte des LKA Berlin und des LKA Frankfurt a.M. die Wohnung und nahmen einen Computer und eine Festplatte mit. Offenbar versuchten die Beamten Cheung zum herausgeben des Passworts zu »überreden«, in dem sie ihm drohten, dass es mindestens sechs bis zwölf Monate dauern könnte, ehe er seine Sachen wiedersehe. »Weil die Techniker sehr beschäftigt sind«, soll einer der Beamten gesagt haben. Der Fotograf arbeitet für verschiedene Berliner Zeitungen.
Bei dem zweiten Betroffenen handelt es sich um den ebenfalls als Fotojournalist arbeitenden Willi Effenberger, der sich derzeit nicht in Deutschland aufhält. In einer dem »nd« vorliegenden Erklärung bestätigte er, dass LKA-Beamte ehemalige Anschriften Effenbergers aufsuchten und Personalien der dort angetroffenen Personen aufgenommen hätten.
Die Frankfurter Staatsanwaltschaft bestätigte auf »nd«-Anfrage die Wohnungsdurchsuchungen. Bei den Betroffenen handele es sich aber um unschuldige Personen, betonte Pressesprecherin Nadja Niesen. Das LKA ermittle wegen versuchten Totschlags am Rande der Blockupy-Proteste gegen die Eröffnung der Europäischen Zentralbank im vergangenen Jahr. Die Polizei wolle daher Bild- und Tonmaterial der beiden Fotojournalisten, die das Geschehen am 18. März dokumentierten, auswerten. »Wir rechnen die beiden Personen als Sympathisanten dieser Szene zu«, begründete Niesen die unsanfte Weck-Aktion. Aus diesem Grund habe man von einer Anfrage auf freiwillige Herausgabe des Beweismaterials abgesehen und sei gleich zur Hausdurchsuchung übergegangen. Laut der Pressesprecherin sei bei der Durchsuchung Cheungs lediglich ein Mobiltelefon sichergestellt worden. Mehr Angaben konnte sie zu der Arbeit des LKA nicht machen.
2013 war PM Cheung schon einmal ins Visier der Behörden geraten. Damals Durchsuchten 12 Beamte des LKA seine Wohnung und beschlagnahmten Fotomaterial von einer Antikapitalismus-Demonstration im März 2012 in der Bankenmetropole. Cheung hatte die polizeilichen Maßnahmen »aufs Schärfste« kritisiert. Offenbar seien bei der neuerlichen Hausdurchsuchung zum Teil die gleichen Beamte, wie vor drei Jahren im Einsatz gewesen, so Cheung.
»Die Staatsanwaltschaft Frankfurt schert es offenbar einen Scheißdreck, ob man Journalist ist«, so Cheung gegenüber »nd«. Auch die damalige Hausdurchsuchung stelle »nicht nur einen schweren Verstoß gegen meine Grundrechte dar, sondern ist auch eine massive Verletzung der Pressefreiheit. Denn wir Fotojournalisten stellen weder den verlängerten Arm der Polizeibehörden dar, noch sind wir deren Selbstbedienungsladen, wenn es um Beweismittel geht«.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt a. M. geriet 2013 massiv in die Kritik, weil sie damals offenbar bewusst hauptberufliche Fotojournalisten durchsuchte, wie sich nachträglich herausstellte. Die Staatsanwaltschaft hatte dies anfänglich bestritten.
Auch seitens des Blockupy-Bündnis gab es scharfe Kritik an den Hausdurchsuchungen: »Es scheint als lerne die Frankfurter Polizei nichts dazu. Es ist ein schlechter Witz, dass erneut Wohnungen von Journalisten auf der Grundlage von offensichtlich konstruierten Anschuldigungen durchsucht werden«, kommentiert Bündnissprecherin Hannah Eberle. Das Vorgehen von Staatsanwaltschaft und Polizei zeige die Geringschätzung demokratischer Grundrechte dieser Behörden. »Wir werden diese Kriminalisierung nicht hinnehmen und antworten darauf mit den Ankündigungen zu unseren nächsten Aktionen«, so Eberle. nd