Hunderte Menschen protestieren in Dresden für ein uneingeschränktes Bleiberecht

Bleiberecht überall!

An einem Stadtteilspaziergang von der Äußeren Neustadt bis ins angrenzende Hechtviertel beteiligten sich am Donnerstagabend mehr als 400 Menschen. Der Anlass für den Protest sind die vom Bundestag in der vergangenen Woche mit den Stimmen von CDU und SPD beschlossene Einstufung von Marokko, Algerien und Tunesien als „sichere Herkunftsstaaten“. Die endgültige Abstimmung erfolgt im Juni im Bundesrat, wo CDU und SPD auf die Stimmen der Grünen angewiesen sind. Allein in diesem Jahr ist die Zahl der Abschiebungen in Sachsen deutlich angestiegen. Unter den Ende März 6.754 „vollziehbar ausreisepflichtigen“ Asylsuchenden kommen 954 Personen aus den nordafrikanischen Maghreb-Staaten.

 

Bereits im Vorfeld hatte das Internationalistische Zentrum (IZ) in seinem Aufruf auf die prekäre Lage in den Maghreb-Staaten aufmerksam gemacht und angesichts der Belege dafür, dass viele der Menschen nach der Ankunft in ihren „sicheren Herkunftsländern“ für mindestens sechs Monate inhaftiert werden, ein Ende von Diskriminierung und Abschiebung gefordert: „In allen diesen Staaten wurden auch dieses Jahr Journalist*Innen, politische Dissident*Innen und Angehörige von Minderheiten verfolgt, gefoltert und ohne Gerichtsprozess inhaftiert.“ Dennoch wird Menschen, „die Belege über ihre Verfolgung, Verhaftung und Folter vorweisen können, […] in Deutschland das Asyl verweigert – oft wurden ihre Unterlagen noch nicht einmal angesehen.“

Auf Transparenten und in Redebeiträgen forderten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Bleiberecht und Bewegungsfreiheit für alle Menschen. Zugleich wurde die Bevölkerung mit Flugblättern über den Anlass des Spaziergangs informiert. Es wird befürchtet, dass in den kommenden Wochen und Monaten die Zahl der Abschiebungen weiter ansteigen werden. Von den neuen Regelungen wären etliche der Bewohnerinnen und Bewohner in der Fritz-Reuter-Straße 21 betroffen. Wafha Muslim ibn Aqil, die Pressesprecherin des Stadtteilspaziergangs erklärte: „Vor dem Hintergrund anhaltender Verfolgung und Folter in all diesen Staaten bedeutet die Entscheidung des Bundestages erneut die praktische Abschaffung des Rechtes auf Asyl für Menschen aus diesen Staaten. Nach dem Abschiebe-Abkommen mit der Türkei ist dies ein weiterer Schritt der EU zur vollständigen Abschottung. Die Flucht vor Verfolgung, Armut und Folter wird damit quasi unmöglich gemacht.“

 

Neben der derzeitigen Situation in Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze, thematisierten die Rednerinnen und Redner auch die rassistischen Zustände in Dresden. Sie betonten, dass es auch in einem Stadtteil wie der Äußeren Neustadt in jüngster Zeit wieder vermehrt zu Übergriffen oder rassistischen Kontrollen in Bars und Clubs kommt und forderten die Menschen dazu auf, sich dem entgegenzustellen. Zum Abschluss zog Muslim ibn Aqil ein positives Fazit: „Die Veranstaltung hat gezeigt, dass die unmenschliche Abschottungspolitik, die von Deutschland und der EU weiter angetrieben wird, nicht ohne Proteste abläuft. Viele Menschen im Stadtteil zeigten sich solidarisch und machten deutlich, dass Geflüchtete und Nachbar*innen jeglichen Abschiebungen aus ihrem Viertel entgegentreten.“ Der Abend endete schließlich vor der Unterkunft in der Fritz-Reuter-Straße bei Musik, gemeinsamen Essen und Kennenlernen.

 

Fotos der Demonstration: Alle Bleiben! 19.5.

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