Anonyme Polizei in Niedersachsen – Ist die fehlende Kennzeichnung eine Gefahr für den Rechtsstaat?
25.05.2015 | 19:30 | Alte Mensa Wilhelmsplatz Göttingen
Ist die Kennzeichnungspflicht ein notwendiger Grundrechtsschutz für
Demonstrant*innen oder ein Misstrauenvotum gegen Polizist*innen? Das
Thema polarisiert. Gerade das umstrittene Vorgehen der Polizei bei
gesellschaftlichen Großprotesten wie Stuttgart 21 hat für die Themen
Polizeigewalt, Korpsgeist und Anonymität sensibilisiert. 156 Verfahren
gegen Polizist*innen mussten in Stuttgart eingestellt werden, weil die
Beamt*innen nicht identifiziert werden konnten. In Göttingen hat es
ebenfalls immer wieder Anlässe gegeben, bei denen überhartes Agieren der
Polizei beklagt wurde und eine gerichtliche Prüfung der Vorwürfe auf
Grund der Anonymität der Beamt*innen nicht möglich war. Von Seiten der
Polizei – insbesondere der Gewerkschaften – wurde hinter den Vorwürfen
oftmals ein Generalverdacht gegen Polizist*innen vermutet und der
Kennzeichnung eine Absage erteilt.
Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Rheinland-Pfalz und
Schleswig-Holstein haben sich in den letzten Jahren eindeutig
positioniert und eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamt*innen
eingeführt. Auch im niedersächsischen Koalitionsvertrag zwischen SPD und
Grünen ist die Einführung vereinbart:
„Nach dem Vorbild der anderen Bundesländer wird eine individualisierte,
anonymisierte Kennzeichnung der Polizei bei geschlossenen Einsätzen
angestrebt.“
Der Trend scheint eindeutig – doch die Umsetzung in Niedersachsen
stockt. Woran liegt das? Ist die Kennzeichnungspflicht ein notwendiger
Grundrechtsschutz für Demonstrant*innen oder ein Misstrauensvotum gegen
die einzelnen Polizeibeamt*innen? Kann die Kennzeichnung ein Schutz für
Polizeibeamt*innen gegen ungerechtfertigte Vorwürfe und Generalverdacht
sein?
Diese Fragen – und viele weitere – diskutieren Vertreter*innen aus
Zivilgesellschaft, Polizei und Politik:
Hartmut Seltmann, amnesty international, Polizeidirektor a.D., Mitglied
der Länderkommission zur Verhütung von Folter
Dietmar Schilff, Landesvorsitzender Gewerkschaft der Polizei (GdP)
Niedersachsen
Meta Janssen-Kucz, innenpolitische Sprecherin Landtagsfraktion Bündnis
90/Die Grünen Niedersachsen
Ulrich Watermann, innenpolitischer Sprecher Landtagsfraktion SPD
Niedersachsen
Moderation: Friedrich Selter, Superintendent evangelische Kirche
Göttingen