Der Dresdner Politikwissenschaftler Werner Patzelt ist ein gefragter Gesprächspartner in zahlreichen Medien - auch bei MDR AKTUELL. Sein Spezialgebiet: Rechtsextremismus. Seit einiger Zeit beobachtet und analysiert er die Pegida-Bewegung. Seine Wortwahl ist dabei mitunter gewagt und seine Schlussfolgerungen teilen längst nicht alle. Wer ist dieser Mann?
von Jennifer Stange, MDR AKTUELL
Der Aufbau der Demokratie in den neuen Bundesländern sei die wichtigste Aufgabe seiner Zeit gewesen, sagt Werner Patzelt. Deshalb sei der gebürtige Bayer 1991 nach Dresden gekommen. Als Professor hat er die Politikwissenschaft der TU Dresden neu aufgebaut und geformt, nach 25 Jahren ist er so etwas wie ihr Markenzeichen geworden - und das weiß er auch: "Ernst Fränkel, einer der Gründerväter der Politikwissenschaft hat einmal geschrieben, die Politikwissenschaft sei nichts für Duckmäuser und Leisetreter. Beides bin ich nicht. Deshalb glaube ich, dass ich einen brauchbaren Job als Politikwissenschaftler machen kann." Vom Parlamentarismus und politischen Institutionen hat sich sein Forschungsfeld insbesondere in den letzten Jahren auf die Straße verlagert. Zu Pegida lieferte er einer der ersten Analysen. Das brachte ihm Popularität, aber auch Kritik ein.
Als Wissenschaftler umstritten
Armin Pfahl-Traughber, ehemaliger Leiter des Referats Rechtsextremismus beim Verfassungsschutz und Professor an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, hält Patzelts Studien wissenschaftlich nicht für anschlussfähig: "Er spricht von besorgten Gutwilligen, empörten Gutwilligen und xenophoben Patrioten. Das sind alles Kategorien, die nicht trennscharf genug sind, die in der Sozialforschung nicht etabliert und die viel zu diffus sind, um etwas damit anzufangen." Sogenannte Rechtsextreme würden Patzelts wissenschaftlichem Radar entgehen, so der Vorwurf. Patzelt bestreitet das: "Ich rieche Populisten, ich rieche Rechte, ich rieche Rechtsradikale, ich rieche Rechtsextremisten auf das Trefflichste. Ich kann auch fein unterscheiden, wer nur ein Radikaler und wer ein Extremist ist. Ich habe damit nicht im Mindesten ein Problem." Der Professor ist nicht nur Akademiker, sondern auch Virtuose der Metaphern und bildhaften Sprache. Wie ein Arzt, sagt er, suche er sich sein Patienten nicht aus.
Patzelt sucht den Konflikt
Werner Patzelt schreibt Kommentare für die Sächsische Zeitung und für die als Sprachrohr der Neuen Rechten geltenden Jungen Freiheit. Er gibt dem russischen Staatsfernsehen ebenso Interviews wie dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Außerdem betreibt er selbst einen Politikblog. Hier und in den sozialen Netzwerken setzt sich Patzelt bisweilen raubeinig mit seinen Kritikern auseinander. So schreibt er beispielsweise in einem Kommentar auf seinem Blog: "Nun ja, er hat die Pose des „Herr-Lehrer-ich-weiß-was“ anscheinend nötig. [...] Insgesamt erweist sich der selbsternannte Kenner der „Methode Patzelt“ wenn schon nicht als Scharlatan, so doch als Stümper." Gemeint ist Miro Jennerjahn, Politikwissenschaftler und ehemaliger Abgeordneter der Grünen im sächsischen Landtag. Der hatte unter dem Titel "Die Methode Patztelt" eine grundsätzliche Kritik an den Pegida-Studien und Patzelt selbst geäußert.
Kritik juckt ihn nicht
Im Gespräch mit MDR AKTUELL sagt Miro Jennerjahn: "In meinen Augen ist Professor Patzelt in dieser ganzen Diskussion als politischer Akteur aufgetreten und weniger als Wissenschaftler. Aber er nutzt natürlich seinen Professoren-Titel, um seinen Äußerungen eine Seriosität zu verleihen, die bei genauerem hinsehen nicht gegeben ist." Ähnlich hatten sich auch Studierende und Mitarbeiter der TU Dresden geäußert. Patzelt selbst meint zu der Kritik: "Das hat mich nicht wirklich getroffen. Die Rolle des Wissenschaftlers, der einfach beobachtet, wie der Streit läuft und wer da streitet, die kam in ihrer geistigen Landkarte offenkundig nicht vor." Patzelt will das Phänomen Pegida weiter vermessen. Ein Buch ist angekündigt, dass Fans und Kritiker wohl gleichermaßen gespannt erwarten.