„Das grenzt an Verleumdung“ - Oberbürgermeister Uwe Rumberg (CDU) über „Laut gegen Nazis“, Freitals Image und Pläne für eine Bürgerversammlung.

Erstveröffentlicht: 
02.05.2016

Herr Rumberg, erst hatte die Stadt dem Verein „Laut gegen Nazis“ für seine Veranstaltung heute eine Absage erteilt. Jetzt unterstützen Sie die Veranstaltung doch. Wie kam es dazu?

 

Der Konzertort Freital war für die Counter Speech Tour gesetzt. Die Stadt konnte aber anfänglich keinen Platz zur Verfügung stellen, weil auf dem Platz des Friedens eine andere Veranstaltung stattfinden sollte. Allerdings wurde diese abgesagt. Dadurch konnten wir der Counter Speech Tour den Platz des Friedens anbieten. Dazu gab es ein sehr gutes Gespräch mit dem Veranstalter Anfang April. Dort wurde auch noch einmal festgestellt, dass wir einige Kommunikationsprobleme im Vorfeld hatten. Die wurden aber aus der Welt geschafft. Und wir waren uns alle einig, dass wir nach vorn schauen. Wir hoffen und wünschen, dass es ein friedliches Konzert wird. Wir stehen in Freital vor großen Herausforderungen. Das ist mir persönlich und uns allen bewusst. Wir müssen uns über nachhaltige Ansätze Gedanken machen.

 

Was sind nachhaltige Ansätze?


Die Counter Speech Tour ist sicherlich ein Punkt in dem großen Gefüge. Aber nachhaltig bedeutet, die kontinuierliche Arbeit mit Vereinen, mit Institutionen, mit Organisation und Behörden, um die Herausforderungen der Flüchtlingskrise zu meistern. Das ist eine nationale Aufgabe. Und die Stadt Freital ist davon ein Teil.

 

Gehen Sie am Montagabend zu der Veranstaltung?


Wir werden als Verwaltungsspitze natürlich dabei sein.

 

Können Sie die Kritik an der Formulierung, dass es in der Stadt keine nennenswerte Neonaziszene gibt, nachvollziehen? Der Generalbundesanwalt ermittelt gegen die Freitaler Bürgerwehr wegen Terrorverdachts.


Eine Neonaziszene, wie man sie klischeehaft aus dem 1990ern kennt, gibt es aus unserer Sicht nicht. Wir hatten eine Veranstaltung mit dem Staats- und Verfassungsschutz und den Stadträten. Da wurde uns das letztendlich bestätigt. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass es sich um eine kleine Anzahl von Anhängern der neuartigen Szene subkultureller Nazis handelt. Die ist jetzt durch die Generalbundesanwaltschaft ausgehoben worden. Das heißen wir gut. Wir hoffen natürlich, dass damit alle Täter in Haft genommen sind. Und wünschen uns nichts mehr, als dass jetzt Frieden in der Stadt einkehrt.

 

Frieden in der Stadt wäre schön. Erst am Donnerstag wurden wieder die Rathäuser und das Parteibüro der Linken beschmiert.


Ob das in Zusammenhang mit einer rechten Szene steht, ist noch unklar. Es sind keine politischen Symbole gesprüht worden, nur Farbe. Das ist widerlich, weil das auch zum wiederholten Male passiert ist. Das kostet auch ein Haufen Steuergelder, das muss man immer wieder sagen. Aber am Ende ist das Sache der Ermittlungsbehörde. Wir können nur hoffen und wünschen, dass die Täter dingfest gemacht werden.

 

Wie schätzen Sie die Stimmung in der Stadt ein?


Die Stimmung in der Stadt ist überwiegend friedlich. Die Mehrheit der Menschen in Freital sind fleißige, friedliebende Bürger, die hier gern leben, hier gern arbeiten, hier gern wohnen. Es macht uns sehr betroffen, dass eine Minderheit das Ansehen unserer Stadt in so hohem Maße nachhaltig beschädigt hat. Die Diskrepanz zwischen dem, was unsere Stadt tatsächlich ausmacht und dem, was die Medien unserer Stadt sowie der gesamten Bürgerschaft unterstellen, ist sehr gewaltig. Das sind aus meiner Sicht Pauschalurteile, die teilweise an Verleumdung grenzen. Im Moment wird mehr gegeneinander als miteinander gesprochen. Ich wünsche mir nichts mehr, als das wir wieder mehr miteinander sprechen.

 

Empfinden Sie die Berichterstattung als ungerecht?


Na klar.

 

Nach einem Beschluss des Stadtrats sollten Sie bis April eine Bürgerversammlung zum Thema Asyl organisieren. Gibt es dazu Pläne?


Wir müssen und wollen mit den Bürgern ins Gespräch kommen. Dazu wird in absehbarer Zeit, also noch in diesem Jahr, im Stadtkulturhaus eine Bürgerversammlung zum Thema Asyl geben. Wir möchten die Bürger mit ihren Fragen im Vorfeld schon einbeziehen. Das muss allerdings gut vorbereitet werden, deswegen haben wir um einen gewissen Aufschub gebeten. Damit das Ganze so qualitativ durchgeführt wird, dass es dem Image der Stadt dient und nicht schadet.

 

Was sind Ihre Bedenken zu einer Bürgerversammlung?


In der jetzigen Situation hat man natürlich immer die Befürchtung, dass solche Veranstaltungen polarisieren. Und ich sehe meine Aufgabe als Oberbürgermeister dieser Stadt natürlich darin, dass die Stadt wieder zu Rechtsstaatlichkeit, Frieden und Ordnung kommt. Insofern habe ich da meine Bedenken. Aber, wenn wir das ordentlich vorbereiten und kommunizieren, wird die Veranstaltung ein Erfolg.

 

Wie wollen Sie für Frieden in der Stadt sorgen? Haben Sie da Ideen?


Zunächst ist es erst einmal Sache der Ermittlungsbehörde, die Extremstraftäter dingfest zu machen. Ich denke, das ist geschehen. Ansonsten ist Kommunikation wichtig und Zeichen zu setzen. Wir sind jetzt dabei, die Schmierereien zu beseitigen. Wir machen das auch an Flächen, die uns nicht gehören. Das ist unsere Verantwortung, dass die Stadt auch optisch das ausstrahlt, was sie verdient.

 

Wie geht die Stadt vor, um die Schmierereien zu entfernen?


Seit Ende März haben wir den Verein Biotec beauftragt. Derzeit sind acht Personen, die sich in Arbeitsgelegenheiten befinden, ganztägig im Einsatz, um das Stadtbild wieder auf Vordermann zu bringen.

 

Biotec kümmert sich auch um Asylbewerber. Werden sie auch eingesetzt, um asylkritische Graffiti zu entfernen?


Das sind Migranten, keine Asylbewerber. Sie haben einen Aufenthaltsstatus. Der Chef des Vereins und unser Asylkoordinator haben Gespräche geführt. Da kamen eindeutig die Signale, egal, aus welcher Nation wir sind, ob wir Freitaler sind oder Migranten, wir machen mit. Das ist alles auf freiwilliger Basis.

 

Das Gespräch führte Andrea Schawe.