Polizei verteidigt Vorgehen gegen radikale AfD-Gegner

Erstveröffentlicht: 
02.05.2016

Nach den Ausschreitungen rund um den AfD-Parteitag in der Landesmesse hat die Polizei Vorwürfe zurückgewiesen, bei den knapp 600 Festnahmen unangemessen gegen Demonstranten vorgegangen zu sein. Die Protestierer seien versorgt worden.

 

Nach den Ausschreitungen rund um den AfD-Parteitag in der Landesmesse hat die Polizei Vorwürfe zurückgewiesen, bei den knapp 600 Festnahmen unangemessen gegen Demonstranten vorgegangen zu sein. So war unter anderem von der Gewerkschaft Verdi kritisiert worden, dass einzelne Personen bis zu elf Stunden lang festgehalten worden seien und ­gesundheitliche Probleme davongetragen hätten. Antifaschistische Organisationen sprachen von einer „katastrophalen Versorgungslage ohne Trinken und ohne ärztliche Behandlung“.

 

Polizei: keine Kreislaufzusammenbrüche wegen Maßnahmen

 

Nach Angaben des Roten Kreuzes und der Malteser vom Montag hat es insgesamt 30 Behandlungen gegeben, zehn Betroffene seien zur weiteren Untersuchung ins Krankenhaus gebracht worden. „Mit 100 Einsatzkräften und sechs Notärzten waren wir sehr gut aufgestellt“, sagt Rotkreuzsprecher Udo Bangerter. Die sogenannten Demosanitäter Süd-West, die aufseiten der Protestierer im Einsatz waren, sprachen von 61 versorgten Patienten und einer „uns nicht bekannten Dunkelziffer“.

 

Das Polizeipräsidium Reutlingen, verantwortlich für den Einsatz der 1700 Beamten im Umfeld von Messe und Flughafen, erklärte am Montag, dass es keine Kreislaufzusammenbrüche wegen der polizeilichen Maßnahmen gegeben habe. „Da war nichts dabei, das auf Wassermangel oder fehlendes Essen zurückzuführen gewesen wäre“, so Polizeisprecher Sven Heinz. Selbst der eingekesselte Block von gewalttätigen Linksautonomen auf der Flughafenstraße sei während der Dauer der polizeilichen Maßnahmen mit mobilen ­Toiletten versorgt gewesen.

 

Hälfte der Personen hatten keine Ausweispapiere

 

Dass es in der Gefangenensammelstelle in der Halle 9 nichts zu essen oder zu trinken gegeben habe, sei „eine unsinnige Behauptung“, sagt Heinz. „Die in Gewahrsam genommenen Personen erhielten Lunchpakete und Getränke, praktisch die gleiche Verpflegung wie die Einsatzkräfte.“ Vereinzelte gesundheitliche Probleme, so der Polizeisprecher, seien auf Vorerkrankungen wie Diabetes zurückzuführen gewesen. Auch hätten einzelne Frauen Kreislaufprobleme gehabt. Die Logistikabteilung der Polizei habe sogar „massenhaft Damenhygieneartikel beschafft“.

 

Grund für die oft stundenlange Wartezeiten der festgesetzten Beschuldigten sei der Aufwand für ein „beweissicheres Verfahren“ der Anzeigenaufnahme gewesen, erklärt der Sprecher: Personalien registrieren, den Vorwurf ermitteln, beteiligte Polizisten als Zeugen befragen, Fotos abgleichen. „Die Hälfte der Personen hatte zudem keine Ausweispapiere dabei“, sagt Heinz. „Um einen Vermummten zu identifizieren, kommt es manchmal auf einen roten oder silbernen Reißverschluss an.“ Bei einer Menge von mehreren Hundert Personen bedeute dies einen hohen zeitlichen Aufwand. Das Gros der Beschuldigten sei 16 bis 22 Jahre alt gewesen. Dabei habe es sich auch um „Eventdemonstranten“ aus dem ganzen Bundesgebiet gehandelt. „Einige“, so Heinz, „saßen am nächsten Tag in Schwerin in Gewahrsam.“

 

Die Organisatoren des Protests sehen dies anders

 

Die Organisatoren des Protests, das Bündnis „Gemeinsam widersetzen“, hat eine andere Sicht auf die Dinge: „Wir waren sehr zufrieden, dass wir so erfolgreich mobilisieren konnten. 1500 kamen zur Messe, 4000 in die Stadt“, sagt Christian Schmeiser, Sprecher des Bündnisses. Als Provokation bezeichnet es der Juso-Mann etwa, dass die Polizei Parteitagsteilnehmer durch das Kundgebungsgelände auf dem Fernbusterminal zur Halle durchschleuste.

 

Auch die Fotografen der „Beobachter-News“, einer Internetseite, die Demos und Polizeieinsätze dokumentiert, wehren sich gegen Vorwürfe. Ein Kollege sei festgenommen worden, weil man ihn für einen der Teilnehmer an der Autobahnblockade hielt. Seine Mitarbeiter hätten die Anweisung, sich aus dem Geschehen rauszuhalten, sagt Alfred Denzinger, der die „Beobachter-News“ verantwortet. Die Vorwürfe seien „völliger Blödsinn“.

 

Neben dem Demogeschehen an der Messe und in der Innenstadt gab es weitere kleinere Vorfälle: So seien auf zwei Häuser von Studentenverbindungen Farbbeutel geworfen worden, „mutmaßlich von Tätern aus dem linken Spektrum“, so die Polizei Außerdem verständigte der AfD-Stadtrat Lothar Maier die Polizei, weil in der Straße, in der er wohnt, Anhänger des linken Spektrums Flugblätter mit seiner Adresse verteilten und mit Transparent und Rauchbomben demonstrierten. Ein Streifenwagen sei hingefahren, habe aber niemanden mehr angetroffen, meldet die Polizei.