Bundeswehr bekommt Kampfdrohnen

Bundeswehr bekommt Kampfdrohnen

Für den Übergang wird ein Modell aus Israel geleast, bis in zehn Jahren sollen europäische Rüstungskonzerne eine wettbewerbsfähige „Euro-Drohne“ entwickeln
Die Bundeswehr hat sich nunmehr auf einen Typ einer zukünftigen Kampfdrohne festgelegt. Geplant ist, „drei bis fünf“ der von Israel Aerospace Industries gebauten „Heron“ in ihrer neuesten Baureihe „TP“ zu beschaffen. Hauptauftragnehmer für ein Leasingverfahren ist der Airbus-Konzern, der mit dem israelischen Hersteller eine Kooperation zur Vermarktung in Europa einging.

Es handelt sich bei der Auswahlentscheidung zunächst um eine sogenannte Überbrückungslösung von zehn Jahren. Bis 2025 plant die Bundesregierung die Entwicklung einer „europäischen Lösung“ für bewaffnungsfähige Drohnen. Nach mehreren Anläufen haben sich die Regierungen Deutschlands, Frankreichs und Italiens auf eine Vorstudie für eine solche Drohne mit großer Reichweite geeinigt. Der Auftrag für dieses „multilaterale Drohnenprojekt“ ging an die Rüstungsunternehmen Airbus, Dassault Aviation und Alenia Aermacchi. Mittlerweile trat auch Spanien dem Projekt bei.


Airbus erhielt den Zuschlag für die Übergangslösung, da der Konzern sich auch eine Beteiligung an der „europäischen Lösung“ sichern konnte. Das Verteidigungsministerium sieht darin den Aufbau eines „realen industriellen Know-hows bei europäischen Unternehmen“. Ähnlich hatte bereits der Wehrbeauftragte des Bundestages argumentiert: Die Wahl der von Airbus vermarkteten „Heron TP“ wirke sich günstig auf die „europäische Drohne“ aus. Perspektivisch will die Bundeswehr ab 2025 bei den europäischen Konzernen 16 bewaffnungsfähige Drohnen bestellen.

Neuer Einsatz in Mali

Für die jetzige Übergangslösung hatte die Bundeswehr drei „Lösungskonzepte“ erstellt und bewertet. „Lösungskonzept 1“ sei laut dem Verteidigungsministerium das Vorgängermodell „Heron 1“ gewesen, „Lösungskonzept 2“ das weltweit im Einsatz befindliche US-amerikanische System „Predator B“. Die Bundeswehr hatte der „Predator B“ Schwierigkeiten bei der Zulassung für den deutschen Luftraum attestiert. Bemängelt werden die strikten Regelungen der US-Regierung zur Herausgabe wesentlicher Dokumente, die für Zulassungsverfahren der „Predator B“ gebraucht würden. Die israelische Regierung sei hierzu freigiebiger. Seit 2011 reisten die zuständigen Abteilungen der Bundeswehr mehrmals zur „Besprechung zur Zulassbarkeit“ nach Israel. An einer „firmeninternen“ Prüfung war auch der Rüstungskonzern Airbus beteiligt.

Drei unbewaffnete Drohnen des Typs „Heron 1“ werden schon jetzt von der Bundeswehr in Afghanistan eingesetzt. Die neuen „Heron TP“ wären erst in zwei Jahren verfügbar, womöglich werden die alten Leasingverträge für die „Heron 1“ deshalb zunächst verlängert. Zeitgleich mit der Auswahlentscheidung kündigte die Verteidigungsministerin Pläne für einen unbewaffneten Drohneneinsatz in Mali an. Bereits im Herbst dieses Jahres könnten „Heron 1“ im malischen Luftraum fliegen, Verhandlungen dazu seien bereits im Gange.

Fraglich ist, wo die neuen Drohnen stationiert würden. Eigentlich gehören sie zum Taktischen Luftwaffengeschwader 51 im schleswig-holsteinischen Jagel, ein dortiger Militärflugplatz wurde bereits entsprechend umgerüstet. Weil die Drohnen in Deutschland aber nur mit einer Sondergenehmigung fliegen dürfen, wäre eine Stationierung vorübergehend auch in Israel denkbar. Von dort könnten sie in die entsprechenden Einsatzgebiete verlegt werden, auch Trainings wären dort möglich.

Die Auswahlentscheidung für die Übergangslösung ist an weitere Auflagen zur Zulassung und Waffenintegration geknüpft. Obwohl die Bundeswehr die neueste Version der „Heron TP“ beschaffen will, ist das System nicht ausgereift. Kürzlich wurde bekannt, dass der britische Geheimdienst den Datenlink der israelischen Drohnen abgehört hat und sogar Videos mitschnitt. Das deutsche Verteidigungsministerium will deshalb die Kommunikationsanlage der „Heron TP“ sowie die Verschlüsselungsverfahren nachverhandeln.

Bomben und Raketen heißen „Luft-Boden-Effektoren“

In Gesprächen mit Rüstungskonzernen steht nun die konkrete Bewaffnung auf der Agenda, bis Juni sollen erste Details feststehen. Laut dem Verteidigungsministerium würden die Drohnen mit „angetriebenen und nicht angetriebenen Luft-Boden-Effektoren“ ausgerüstet. Es handelt sich dabei um Lenkbomben oder Raketen, die sich ihr Ziel per GPS-Koordinaten suchen. Auch Zielbeleuchtungsgeräte könnten montiert werden. Gemeint sind Systeme, mit denen Ziele per Laser markiert werden um sie dann mit anderen Flugzeugen oder Drohnen zu bombardieren.

Vor der Beschaffung von Kampfdrohnen hatte die Bundesregierung eine „gesellschaftliche Debatte“ versprochen. Im Koalitionsvertrag von SPD und CDU hieß es 2013, die Bundesregierung wolle alle mit Kampfdrohnen im Zusammenhang stehenden völker- und verfassungsrechtlichen, sicherheitspolitischen und ethischen Fragen „sorgfältig prüfen“. Die Prüfung wurde jedoch auf eine mehrstündige Anhörung im Bundestag und anschließende Plenardebatte eingedampft, deren Ergebnis selbst vom Bundestag als „weiterhin umstritten“ zusammengefasst wurde.

Aus ak - analyse & kritik  Nr. 614, März 2016, verfasst für www.cilip.de.