Das Amtsgericht Dresden hat drei Männer zu Bewährungsstrafen verurteilt, die Teilnehmer einer Pro-Asyl-Veranstaltung in Freital verfolgt, bedroht und einen von ihnen verletzt hatten. Brisant: Einer der Angeklagten ist mutmaßlicher Rädelsführer der laut Bundesanwaltschaft rechtsterroristischen Bürgerwehr "Gruppe Freital". Die jetzt verhandelte Tat war allerdings nicht Bestandteil dieser Ermittlungen.
Das Amtsgericht Dresden hat drei Männer wegen einer Attacke auf Asylunterstützer zu Haftstrafen zwischen zehn und 14 Monaten verurteilt. Es sprach die Beschuldigten wegen gefährlicher Körperverletzung bzw. Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung sowie wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, Nötigung und Sachbeschädigung schuldig. Alle Strafen wurden auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt.
Erst verfolgt, dann zugeschlagen
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die 19, 27 und 46 Jahre alten 
Angeklagten fünf Teilnehmer einer Solidaritätskundgebung vor einer 
Asylbewerberunterkunft in Freital angegriffen hatten. Die Männer 
verfolgten in der Nacht zum 24. Juni 2015 mit zwei Autos das Fahrzeug, 
in dem die späteren Opfer saßen, um ihnen eine körperliche "Abreibung" 
zu verpassen. Bei der Verfolgungsjagd in Richtung Dresden ließen alle 
Beteiligten sämtliche Geschwindigkeitsbeschränkungen, Ampelsignale, 
Vorfahrtsregeln und den Gegenverkehr außer Acht. 
Schluss war 
erst an einer Tankstelle, an der die Asylbefürworter anhielten. Dort 
wurden sie von ihren Verfolgern eingekeilt. Der jüngste Angeklagte 
schlug mit einem Baseballschläger auf die Scheiben des Transporters ein.
 Eine Scheibe barst, die herumfliegenden Glassplitter verletzten einen 
der Insassen an beiden Händen. 
Angeklagte zwischen reuig, abwiegelnd und wortkarg
Die Beschuldigten äußerten sich zum Teil selbst, zum Teil über ihre 
Anwälte. Dabei räumten sie die Vorwürfe der Anklage ein. So erklärte der
 Anwalt des 19-Jährigen, sein Mandant habe aus eigenem Antrieb mit dem 
Baseballschläger zugeschlagen. Die Tat sei jedoch nicht geplant gewesen,
 vielmehr sei der junge Mann durch die rasante Verfolgungsjagd emotional
 aufgewühlt gewesen. Der 19-Jährige ergriff im Prozess persönlich das 
Wort, um bei den Opfern um Entschuldigung zu bitten. Er erhielt zehn 
Monate Haft auf Bewährung. Weil er zum Tatzeitpunkt noch 18 Jahre alt 
war, wurde der Fall vor dem Jugendschöffengericht verhandelt. 
Bei
 der Aussage des 46 Jahre alten Angeklagten war Prozessbeobachtern 
zufolge wenig von Reue zu spüren. Stattdessen habe er versucht, den 
Vorfall und seine Rolle zu verharmlosen. Zudem widersprachen seine 
Aussagen teilweise denen seiner Freundin im Polizeiverhör. Die Frau 
hatte mit im Auto gesessen. Zur Motivation erklärte der Mann, er habe an
 diesem Tag generell Hass auf die Pro-Asyl-Aktion verspürt. Das 
Amtsgericht verhängte gegen ihn die höchste der drei Strafen: 14 Monate 
Gefängnis, ausgesetzt zur Bewährung.
Der dritte Angeklagte 
schwieg während der Verhandlung. Sein Anwalt räumte den Vorwurf der 
Beihilfe zur Körperverletzung gegen den 27-Jährigen als zutreffend ein. 
Sein Mandant bedauere, dass es so weit gekommen sei. Zugleich 
bezeichnete der Jurist das Verfahren als überzogen und verglich es mit 
einem Schauprozess. Keine Äußerung gab es zu dem während der 
Ermittlungen erhobenen Vorwurf, dass der 27-Jährige die jetzt 
verhandelte Tat angeregt und koordiniert haben soll. Seine Strafe 
beträgt ein Jahr Haft - ebenfalls auf Bewährung.
Der Vorsitzende 
Richter äußerte vor allem gegenüber den Handlungen der beiden älteren 
Angeklagten sein Unverständnis: "Dass Menschen, die mitten im Leben 
stehen, solche Taten begehen, ist eine neue Dimension." 
Prozess-Neustart wegen langer Unterbrechung
Der Prozess sollte ursprünglich am 27. Januar beginnen, war an diesem Tag aber nach dem Aufruf unterbrochen worden. Grund: Die Vertreterin eines Nebenklägers forderte, den Vorsitzenden Richter wegen möglicher Befangenheit auszuwechseln. Dieser hatte versehentlich den Prozesskostenhilfeantrag mit allen möglichen persönlichen Daten des Nebenklägers an die Verteidiger der Angeklagten schicken lassen. Das Gesuch wurde zwar als unbegründet zurückgewiesen, aber dann platzte auch der angesetzte Fortsetzungstermin wegen Terminproblemen bei den Verfahrensbeteiligten. Weil der Prozess deswegen mehr als vier Wochen ausgesetzt war, erfolgte nun der Neustart.
Verbindungen zur Freitaler Bürgerwehr?
Der im Prozess verurteilte 27-Jährige sitzt seit dem 5. November 
vergangenen Jahres in Untersuchungshaft. Grund sind damals von der 
Generalstaatsanwaltschaft Dresden gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Demnach 
soll er an Sprengstoffanschlägen auf ein alternatives Wohnprojekt in 
Dresden Mitte Oktober 2015 sowie zwei Wochen später auf ein bewohntes 
Asylbewerberheim in Freital beteiligt gewesen sein. Inzwischen ist die 
Liste der Vorwürfe gegen den Mann weiter gewachsen. Die 
Bundesanwaltschaft hält ihn für einen Anführer der ihrer Ermittlungen 
zufolge rechtsterroristischen Bürgerwehr "Gruppe Freital". Sie wirft dem
 27-Jährigen und weiteren verhafteten Mitgliedern mindestens drei 
Anschläge vor. In weiteren Fällen wird noch ermittelt, ob sie der Gruppe
 zuzurechnen sind. 
Der jetzt am Amtsgericht Dresden verhandelte 
Übergriff gehört nach bisherigen Erkenntnissen nicht dazu, weshalb das 
Verfahren unabhängig von den Terror-Ermittlungen der Bundesanwaltschaft 
erfolgte.
