Rund 200 Menschen kamen am Freitagabend ins Delitzscher Bürgerhaus, um aus dem Mund von Frauke Petry und Marcus Pretzell mehr über die Politik der Alternative für Deutschland (AfD) zu erfahren. Es war die erste große Veranstaltung der AfD im Landkreis Nordsachsen. Es gab Kritik an die etablierten Parteien und Medien, aber auch offen gebliebene Fragen
Delitzsch. Probleme könnten nur gelöst werden, wenn sie offen und kontrovers diskutiert würden, appellierte Frauke Petry am Freitagabend bei ihrem Auftritt in Delitzsch. „Aber leider haben wir es nach 1989 verlernt, über Probleme offen zu diskutieren“, so die Bundesvorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD). Der Landesvorstand der AfD hatte erstmals in Nordsachsen zu einer Veranstaltung in dieser Größenordnung eingeladen und mit Petry und dem fraktionslosen Europaabgeordneten und AfD-Landesvorsitzenden von Nordrhein-Westfalen Marcus Pretzell zwei starke Zugpferde aufgeboten, die über das Thema „Waffenrecht und Bargeld sind gelebte Freiheit“ referierten und diskutierten. Das Thema sei bewusst gewählt, weil es ein kritisches Thema in der derzeitigen Politik sei, sagte die AfD-Frontfrau. Und wie die Medien, setze ihre Partei Reizthemen, um Gehör zu finden, begründete sie, warum sie oft überziehe. „Unsere Aufgabe ist es, gegen die herrschende Politikverdrossenheit zu kämpfen, die Leute wieder für Politik zu begeistern“, formulierte Pretzell seinen Anspruch.
Neugier auf politische Inhalte
Rund 200 Besucher lockte die Veranstaltung ins Delitzscher Bürgerhaus. Darunter vier AfD-Landtagsabgeordnete aus Sachsen-Anhalt, Mitglieder und Anhänger dieser Partei, Sympathisanten, aber auch Bürger quer durch die Mitte der Gesellschaft. „Es ist wichtig für Deutschland, dass den Parteieneinheitsbrei eine andere Kraft wie die AfD entgegentritt“, sagte ein junger Mann aus Rackwitz, der mit seinem Kumpel, beide Mitte 30, im Saal Platz genommen hatte. Sie wollten hören, welche Politik die AfD vertritt. „Ich bewundere Frau Petry, wie sie die Beschimpfungen aushält. Sie ist tapfer, das schafft nicht jeder“, begründete ein 76-Jähriger aus Radefeld sein kommen. Wie die beiden Rackwitzer Männer wollte auch er seinen Namen nicht nennen. „Die Politik der AfD ist schwer einzuschätzen. Oft spricht diese Partei aber aus, was die breite Masse denkt“, so der Rentner.
Sachliche Atmosphäre
Beschimpfungen und persönlichen Anfeindungen sahen sich Petry und Pretzell in Delitzsch nicht ausgesetzt, die Atmosphäre blieb sachlich und ruhig. Anderes als bei Petrys Auftritt zuvor in Leipzig. „Dort wurde sie massiv angefeindet“, berichtete ein Kollege vom Schweizer Fernsehen, der über die AfD-Politikerin ein Porträt dreht und sie am Wochenende auch in die Schweiz begleitete. „Auch dort ist massiver Widerstand angekündigt, musste eine Veranstaltung, die in Bern geplant war, in einen anderen Ort verlegt werden“, erzählte der Schweitzer.
Auch weitere Medien wie Stern und Spiegel hatten Vertreter nach Delitzsch geschickt. Wie die etablierten Parteien wurden sie zur Zielscheibe der AfD-Politiker. Eine Journalistin vom Spiegel nahmen Petry und Pretzell unter dem Beifall im Saal namentlich aufs Korn.
Weniger souverän reagierte Petry, als sie aus dem Publikum gefragt wurde, was die AfD beispielsweise am Steuersystem vereinfachen wolle. Diesbezüglich musste sie mit Verweis, noch eine junge Partei zu sein, einräumen, noch kein konkretes Konzept vorweisen zu können und wich mit Kritik an den anderen Parteien aus. In Nordsachsen werde die AfD künftig häufiger präsent sein, um den Menschen ihrer Politik zu erläutern, kündigte die Bundesvorsitzende abschließend an.
Von Thomas Steingen