Laut dem sächsischen Verfassungsschutzbericht, der am Dienstag in Dresden vorgestellt wird, ist Leipzig bei linksextremistischer Gewalt inzwischen die Nummer drei in Deutschland. Innenminister Markus Ulbig (CDU) hatte immer wieder kritisiert, dass die Stadt Leipzig zu wenig dagegen tue – jetzt sehe er ein Umdenken, erklärte Ulbig gegenüber LVZ.de.
Dresden. Die Zahl der politisch motivierten Gewalttaten ist im vergangenen Jahr in Sachsen deutlich angestiegen. Zugleich verzeichnen Rechtsextremisten aufgrund der Asylproteste einen Zulauf wie seit vielen Jahren nicht mehr. Das geht aus dem Verfassungsschutzbericht hervor, der am Dienstag in Dresden vorgestellt werden wird und der LVZ in Auszügen bereits vorliegt. Während sich der Rechtsextremismus in Sachsen flächendeckend ausgebreitet hat, ist Leipzig die Hochburg im linksextremistischen Bereich. Fast jede zweite Straftat aus diesem Spektrum sowie etwa zwei Drittel der 292 linken Gewalttaten, die im gesamten Freistaat im Jahr 2015 registriert wurden, sind hier begangen worden.
Laut den Sicherheitsbehörden ist Leipzig inzwischen hinter Berlin und Hamburg die Nummer Drei im Bereich der linken Straftaten. Daneben verzeichnet das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) auch in Dresden eine Ballung im linksautonomen Bereich und hat diese stärker im Visier. „Vor dieser Entwicklung darf man nicht die Augen verschließen. Deshalb müssen wir allen Chaoten, egal ob Rechte oder Linke, klarmachen: Wir nehmen das nicht hin und gehen mit aller Härte dagegen vor“, sagt Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) der Leipziger Volkszeitung, „bei der strafrechtlichen Verfolgung ist es egal, ob die Gewalt von rechts oder links kommt – es gibt für mich keine schlechte und gute Gewalt.“
Zugleich macht Ulbig positive Entwicklungen in Leipzig beim Vorgehen gegen Linksextremisten aus: Er habe das Gefühl, dass in der Stadtverwaltung ein Umdenken eingesetzt habe, so der Innenminister. Und weiter: „Ich stelle auch ein Problembewusstsein fest, das es lange nicht gegeben hat.“ Fehlentscheidungen, die bis in die 1990er-Jahre zurückgingen und „vermeintlich autonome Strukturen begünstigt“ hätten, würden allmählich korrigiert. „In Leipzig ist etwas in Gang gekommen, und das muss kontinuierlich fortgesetzt werden“, stellt Ulbig klar. Dazu gehörten unter anderem städtebauliche Maßnahmen, um ein Abschotten eines Stadtteils wie Connewitz zu beenden und zu verhindern.
Insgesamt haben die politisch motivierten Straftaten im Vergleich zu 2014 sachsenweit um ein Drittel auf 4078 zugenommen, geht aus der Kriminalitätsstatistik hervor. Dabei machen die rechtsextremen Fälle rund zwei Drittel aus. In Leipzig zeigt sich ein entgegengesetztes Bild: 312 (2014: 190) rechtsextremen Straftaten stehen 471 (2014: 238) aus dem linksex-tremen Bereich gegenüber. Dabei haben insbesondere die Fälle im Zusammenhang mit Demonstrationen zugenommen: Im rechten Bereich stieg die Zahl binnen eines Jahres von 6 auf 127, im linken Spektrum von 80 auf 324.
Das wachsende Ausmaß des Rechtsextremismus bestätigt Ulbig im Vorfeld des Verfassungsschutzberichtes. „Nach einem Abflauen ist wieder ein deutlicher Zulauf zu verzeichnen. Die Entwicklung ist umgeschlagen, das Personenpotenzial im rechten Spektrum hat erheblich zugenommen.“ Dabei sei längst nicht allein die NPD das Problem: „Sorge bereiten uns zunehmend die nicht organisierten Rechtsextremisten.“ Im Zusammenhang mit den Asylprotesten würden auch Menschen angezogen, die bislang keine Kontakte zu Neonazis hatten oder durch rechtsextremistische Propaganda aufgefallen sind.
Von Andreas Debski