Legida protestiert gegen Leipzigs Polizei – Bombendrohung auf dem Wagnerplatz

Erstveröffentlicht: 
22.04.2016

In der Leipziger Innenstadt herrschte am Donnerstagabend erneut Ausnahmezustand. Legida zog zur Polizeidirektion und legte dort einen symbolischen Kot-Haufen ab. Zuvor musste der Richard-Wagner-Platz wegen einer Bombendrohung geräumt werden.

 

Leipzig. Kleiner Aufmarsch, jede Menge Verkehrsbehinderungen: Wegen der Demonstration von etwa 100 Anhängern des islam- und fremdenfeindlichen Bündnisses Legida vom Richard-Wagner- zum Wilhelm-Leuschner-Platz ist es am Donnerstagabend im Bereich des westlichen Promenadenrings zu chaotischen Verkehrsverhältnissen gekommen. Wer beispielsweise vom Lindenauer Markt ins Zentrum-Süd wollte, war eine Dreiviertelstunde unterwegs. Den Aufmarsch der Rechtspopulisten quittierten knapp 400 Gegendemonstranten aus den Reihen des Aktionsnetzwerkes „Leipzig nimmt Platz“ mit lautstarkem Protest.

 

Um 18.30 Uhr hatte die Polizei den Richard-Wagner-Platz wegen einer Bombendrohung geräumt, die kurz zuvor über Twitter eingegangen war und sich später als Irreführung erwies. Ein Sprengstoffsuchhund habe nichts gefunden, sagte Polizeisprecher Andreas Loepki am Abend gegenüber LVZ.de. Die Polizei ermittelt nun wegen der Androhung von Straftaten. Auch Twitter soll in die Identfizierung des Users einbezogen werden. "Wir werden eine entsprechende Anfrage stellen", kündigte Loepki an. Gegen 21.30 Uhr wurde der Platz wieder freigegeben, die Posts waren da längst gelöscht.

 

Elf Strafanzeigen - erneut rechter "Kühnen-Gruß" bei Legida


Die Polizei nahm am Abend insgesamt elf Strafanzeigen auf, darunter fünf wegen Widerstands gegen Polizeibeamte, zwei wegen Körperverletzung sowie je eine wegen Beleidigung, Verstoßes gegen das Vermummungsverbot auf Seiten von „NoLegida“ sowie wegen Zeigen des verfassungsfeindlichen Kühnen-Grußes bei Legida.

 

Makabrer Höhepunkt des Legida-Aufzuges: An der Polizeidirektion in der Dimitroffstraße legten die Demonstranten einen symbolischen Kot-Haufen vor der Eingangstür ab. Man wolle – Zitat – den „braunen Mist nicht annehmen“ und bringe ihn zurück, „wo er herkommt“. In dem Haufen steckte eine SED-Fahne – offenbar eine Anspielung auf die Zeit, als Leipziger Polizeichefs Bernd Merbitz noch bei der DDR-Kriminalpolizei tätig war. Die Demonstranten skandieren „Stasi raus, Stasi raus!“.

 

OVG genehmigte Legida-Aktion an Polizeidirektion


Die Polizei konnte darüber nicht lachen. "Es verstößt gegen jeglichen Anstand, vor einer Polizeibehörde einen - wenn auch symbolisch gemeinten - Scheißehaufen abzuladen", kommentierte Sprecher Loepki. Er nannte die Aktion "unsäglich" und den Grund der Demo-Anmeldung "dreist".

 

Anlass für den „Abendspaziergang“ der Rechtspopulisten war eine inzwischen korrigierte Fehlinformation der Polizei. Die Beamten hatten nach den auf dem Westring vereinigten Legida- und Thügida-Demonstrationen am 4. April auf LVZ-Nachfrage erklärt, neben einem "Kühnen-Gruß" und einem T-Shirt mit einer Moschee-Bombardierung habe es unter den Teilnehmern auch ein "Auschwitz"-T-Shirt und eine Hakenkreuz-Armbinde gegeben. Später korrigierten die Beamten, dass der Mann keine Armbinde, sondern eine Armkette mit Hakenkreuz-Anhänger getragen habe und dass er bei Thügida festgenommen wurde.

 

Über die symbolische Niederlegung der Attrappe am Donnerstagabend hatte es zuvor einen Rechtsstreit gegeben, den Legida für sich entscheiden konnte. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Bautzen kippte einen Beschluss der Leipziger Stadtverwaltung, wonach die Pappmaché-Attrappe nicht vor der Polizeidirektion, sondern nur auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz aufgestellt werden darf. Das Verwaltungsgericht Leipzig hatte dies zuvor mit Blick auf eine Verunglimpfung der Polizei bestätigt, das OVG gab jedoch Legida Recht. Kurz nach 20 Uhr zogen die Islam-Gegner über die S-Bahn-Station Wilhelm-Leuschner-Platz samt Attrappe ab.

 

Die nächste Legida-Demo soll am 2. Mai stattfinden.

 

Der Abend im Liveticker:


 ++ 20.27 Uhr  ++ Die Gegendemonstranten können den Abend als Erfolg verbuchen. Laut Zählungen der Uni-Initiative "Durchgezählt" beteiligten sich maximal 100 bis 120 Teilnehmer an der Legida-Demo, mindestens 370 Menschen stellten sich ihnen entgegen. Die Demos haben sich inzwischen aufgelöst, auch die Polizei packt ihre Sachen. Die Straßensperrungen sind weitestgehend aufgehoben.

 

++ 20.25 Uhr ++ An der Windmühlenstraße wurden insgesamt  fünf Personen von der Polizei einer Identitätsfeststellung unterzogen und fotografiert. Ein Mann soll den Kühnen-Gruß gezeigt haben. Vier weitere Personen, drei Männer und eine Frau, waren in eine Rangelei bei der Gegendemo auf dem Wilhelm-Leuschner-Platzverwickelt. Laut Polizei sollen sich zwei Legida-Teilnehmer unter die Gegendemonstranten gemischt und provoziert haben. Daraufhin kam es zu einer Auseinandersetzung mit den beiden Gegendemonstranten.

 

++ 20.08 Uhr ++ Die Legida-Demo ist beendet. Rechtsanwalt  Arndt Hohnstädter lässt die Attrappe wegräumen . Nach Absingen der Nationalhymne verlassen die Teilnehmer den Platz in Richtung S-Bahn - Station Wilhelm-Leuschner-Platz. Die nächste Legida-Demo soll am 2. Mai stattfinden. Am Rande gab es noch eine Anzeige, vermutlich gegen einen Mann aus dem Legida-Lager. Laut Polizei soll er bei der Hymne den rechtsradikalen "Kühnen-Gruß" gezeigt haben. Die sächsische Polizei war zuletzt sensibilisert worden, den verfassungsfeindlichen Gruß zu verfolgen.

 

++ 19.55 Uhr ++ Vor der Polizeidirektion an der Dimitroffstraße erreicht der Legida-Zug mit rund 100 Teilnehmern sein Ziel. Die Demonstranten bringen die "tierischen Exkremente zurück zum Absender" und legen ihre braune Attrappe vor der Eingangstür ab. Man wolle - Zitat - den "braunen Mist nicht annehmen" und bringe ihn zurück "wo er herkommt". Die SED-Fahne soll offenbar eine Anspielung auf die Vergangenheit des Leipziger Polizeichefs bei der DDR-Volkspolizei sein. Die Demonstranten skandieren "Stasi raus, Stasi raus!"

 

++ 19.45 Uhr ++ Legida erreicht den komplett von Polizisten umstellten Wilhelm-Leuschner-Platz. Auch hier schallt der Demo lautstarker Protest entgegen. Zwei Gegendemonstrantinnen werden abgeführt.

 

++ 19.35 Uhr ++ Auch Polizeipräsident Bernd Merbitz ist vor Ort und macht sich ein Bild von der Lage. Er läuft hinter dem Legida-Zug her, der bis vor die Polizeidirektion führen soll. Am Leuschner-Platz haben die Beamten zwei Wasserwerfer aufgefahren.

 

++ 19.33 Uhr ++ Rund um den Ring staut sich der Verkehr , berichten unsere Reporter. Autofahrer sollten erheblich mehr Zeit einplanen oder die Innenstadt weiträumig umfahren.

 

++ 19.31 Uhr ++ Hunderte Gegendemonstranten protestieren lautstark vor dem Mendelssohnportal der Thomaskirche gegen den vorbeiziehenden Legida-Aufmarsch.

 

++ 19.20 Uhr ++ Der Legida-Marsch startet.

 

++ 19.18 Uhr ++ Zum Equipment bei Legida gehört heute auch eine braune Attrappe mit aufgesteckter SED-Fahne, welche die Rechtspopulisten vor die Leipziger Polizeidirektion tragen wollen.

 

++ 19.08 Uhr ++ Bei Legida werden die Auflagen verlesen. Die Teilnehmer, darunter auch Alexander Kurth (Die Rechte) und Rechtsanwalt Arndt Hohnstädter, haben sich auf dem Goerdelerring versammelt. Der Richard-Wagner-Platz ist menschenleer. Die Höfe am Brühl wurden auf der Westseite abgeschlossen.

 

++ 19.00 Uhr ++ Neue Details zur Bombendrohung: Nach Informationen von LVZ.de wurde sie auf einem Twitter-Account gepostet. "Um 18.45 Uhr vor der Silberbüchse bumm...wenn nicht Leute weggehen, dann viele tot werden", schrieb dort um 18.28 Uhr ein User, der sich selbst als "Kämpfer gegen Rechts- und Linksextremisten sowie gegen kriminelle Organisation und Familienclans" bezeichnet. In einem anderen Posting wenige Minuten zuvor warnte er vor einer Bombe, die in einem Brunnen versteckt sein soll. Inzwischen sind die Einträge gelöscht.

 

++ 18.52 Uhr ++ Am Richard-Wagner-Platz gibt es wegen der Bombendrohung kein Durchkommen mehr. Polizisten haben den Platz mit Flatterband abgesperrt. Die Kundegbung von NoLegida löst sich auf, rund 100 Teilnehmer bleiben aber vor Ort.

 

++ 18.47 Uhr ++ Der Platz ist geräumt. Die Polizei will eine Sicherheitsfrist vergehen lassen und dann mit einem Hund nach der möglichen Bombe suchen. Die Teilnehmer der Gegendemo ziehen sich zurück. Aus dem Lautsprecherwagen werden sie aufgefordert, zur Kundgebung an der Thomaskirche oder zum Leuschner-Platz zu gehen.

 

++ 18.35 Uhr ++ Der Richard-Wagner-Platz wird wegen einer Bombendrohung geräumt, teilt die Polizei soeben mit. Die rund 70 Legida-Demonstranten und 200 Teilnehmer von NoLegida müssen den Platz verlassen. Die Gegendemo muss bis zum Brühl zurückweichen. Legida will bis 19 Uhr auf dem Ring warten, bevor es mit dem Aufzug losgeht.

 

++ 18.18 Uhr ++ Die westliche Innenstadt ist bereits komplett dicht - und das obwohl bei Legida auf dem Richard-Wagner-Platz noch gähnende Leere herrscht. Auch am Querbahnsteig des Hauptbahnhof, wo sich sonst die Legida-Teilnehmer treffen, wurden bislang keine Demonstranten gesichtet.

 

++ 18.10 Uhr ++ Am "Refugees-Welcome-Platz" vor der Blechbüchse startet die erste Gegenkundgebung von Leipzig nimmt Platz mit Musik. Rund 200 Teilnehmer haben sich zum Auftakt eingefunden.

 

++ 18.05 Uhr ++ Am Ring herrscht fast Totenstille. Die Polizei hat am Richard-Wagner-Platz und am Leuschner-Platz die Straße bereits mit einer Fahrzeugkette abgesperrt. An der Thomaskirche werden Personenkontrollen durchgeführt. Ein Protest in Sichtweite ist heute laut unserern Reportern - anders als bei der letzten Demo - nicht möglich.

 

++ 17.55 Uhr ++ Kurze Aufregung in der Kunsthalle G2 am Dittrichring 13: Zeitgleich zur Legida-Demo wird dort von 18 bis 21 Uhr die Ausstellung „Nocturama“ mit Bildern der in Leipzig geborenen Künstlerin Katrin Heichel eröffnet. Zunächst heißt es von der Polizei, die Gäste könnten das Gebäude währenddessen nicht verlassen. Laut der Kuratorin konnte aber kurzfristig eine Lösung gefunden werden. "Der Zugang zur Kunsthalle erfolgt über die Gottschedstraße", so Anka Ziefer gegenüber LVZ.de. Das Verlassen sei jederzeit durch den Hinterhof möglich.

 

++ 17.25 Uhr ++ Die Polizei sperrt erste Straßen ab. Der Peterssteinweg ist ab Ecke Riemannstraße stadteinwärts schon dicht.

 

++ 17.22 Uhr ++ Ein Polizeihubschrauber kreist bereits über der City. Auch ein Räumpanzer ist heute wieder im Einsatz. Auf dem Ring gibt es die ersten Verkehrsbehinderungen.

 

++ 17.18 Uhr ++ „Leipzig nimmt Platz“ will Legida mit drei stationären Kundgebungen gegenübertreten. Diese sind für 18 Uhr auf dem Richard-Wagner-Platz, um 18.30 Uhr am Mendelssohn-Portal der Thomaskirche nahe der Legida-Laufstrecke sowie ebenfalls um 18.30 Uhr auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz angemeldet.

 

++ 17.07 ++ Anlass für die Legida-Demo, die ursprünglich bis zur Polizeidirektion führen sollte, ist eine von der Polizei inzwischen korrigierte Ungenauigkeit nach den Legida- und Thügida-Demos am 4. April. Dabei ging es um einen Teilnehmer, der eine Armkette mit Hakenkreuz trug. Das Motto am Donnerstag lautet: "Adressat verweigert Annahme, 'brauner Mist' Retour zum Absender!" Legida will laut eigener Angaben möglicherweise ein "in Karton nicht sichtbar verpacktes" Hakenkreuz  mit sich tragen , wie es in der Ankündgung bei Facebook heißt.

 

++ 17.00 Uhr ++ Zur Legida-Demo werden heute nach Angaben der Anmelder  50 bis 150 Teilnehmer erwartet. Diese sollen laut Bescheid des Ordnungsamts vom Richard-Wagner-Platz über den Goerdeler- und Dittrichring zum Martin-Luther-Ring laufen, dann weiter über die Harkort- und Dimitroffstraße. Die Veranstaltung ist für die Zeit von 18.30 Uhr bis 22 Uhr angekündigt. 

 

Demo-Anmeldungen für den 21. April


Legida: Nordwestlicher Richard-Wagner-Platz (Sammlung & Auftakt) → Goerdelerring → Dittrichring → Martin-Luther-Ring → Peterssteinweg  → Wilhelm-Leuschner-Platz, Straße vor der Stadtbibliothek (Abschluss & Beendigung), 19 bis 22 Uhr, 50 bis 150 Personen

 

Südöstlicher Richard-Wagner-Platz: Gegendemo von Leipzig nimmt Platz unter dem Motto "LEGIDA widersprechen - Für Demokratie & Pressefreiheit", 18 bis 21 Uhr, ca. 300 Personen

 

Oberer Dittrichring (Höhe Mendelssohnportal der Thomaskirche): Gegendemo von Leipzig nimmt Platz unter dem Motto "LEGIDA widersprechen - Für Demokratie & Pressefreiheit", 18.30 Uhr bis 21 Uhr, ca. 100 Personen

 

Wilhelm-Leuschner-Platz: Gegendemo von Leipzig nimmt Platz unter dem Motto "LEGIDA widersprechen - Für Demokratie & Pressefreiheit", 18.30 Uhr bis 22 Uhr, ca. 300 Personen