Terror-Verdacht in Freital - Durchsuchungen und Festnahmen bei GSG-9-Einsatz

Erstveröffentlicht: 
19.04.2016

In Freital sind am Dienstagmorgen mehrere Wohnungen und Häuser mutmaßlicher Rechtsterroristen durchsucht worden. Die Bundesanwaltschaft und das Bundeskriminalamt haben bei dem Einsatz fünf Verdächtige, vier Männer und eine Frau im Alter zwischen 18 und 49 Jahren, festgenommen. Sie sollen noch heute am Dresdner Amtsgericht dem Haftrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden.

 

Den Festgenommenen sowie drei weiteren Männern, die sich bereits in Untersuchungshaft befinden, werden mehrere Straftaten vorgeworfen. Es bestehe unter anderem der dringende Verdacht, dass die Beschuldigten im Juli 2015 die rechtsterroristische Vereinigung "Gruppe Freital" gegründet haben. Zwei Mitgliedern wirft die Bundesanwaltschaft Rädelsführerschaft vor. 

 

Pyrotechnik für Sprengstoffanschläge gefunden


An dem Einsatz waren mehr als 200 Beamte des Bundeskriminalamts, der Bundespolizei und der sächsischen Polizei beteiligt. Bei vier der Beschuldigten wurden bei den Durchsuchungen Feuerwerkskörper aus Tschechien gefunden. Damit soll die Gruppe nach Stand der bisherigen Ermittlungen in verschiedenen Konstellationen drei Sprengstoffanschläge verübt haben: zwei Angriffe auf verschiedene Flüchtlingsunterkünfte in Freital in den Nächten vom 19. auf den 20. September und vom 31. Oktober auf den 1. November 2015 sowie in der Nacht auf den 19. Oktober ein Angriff auf ein alternatives Wohnprojekt in Dresden.

Die Liste der nun aufgeführten Vorwürfe gegen die acht Beschuldigten ist lang: Sachbeschädigung, versuchte gefährliche Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung, versuchter Mord, Vorbereitung eines Explosionsverbrechens und Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion. Ob der Gruppe weitere Anschläge zuzurechnen sind, werde noch ermittelt. 

 

Bürgerwehr vermutlich für zahlreiche Angriffe verantwortlich


Die Bundesanwaltschaft hatte vor einer Woche die Ermittlungen wegen Terrorverdachts gegen die Freitaler Bürgerwehr übernommen. Der Gruppe werden neben den Anschlägen auf Asylunterkünfte auch Angriffe auf Flüchtlingsunterstützer, ein Parteibüro sowie ein Sprengstoffanschlag auf das Auto eines Stadtrats vorgeworfen. Die Ermittlungen waren bislang von der Generalstaatsanwaltschaft in Sachsen geführt worden. Sie richteten sich gegen fünf Männer und eine Frau im Alter von 18 bis 40 Jahren. Drei Männer, darunter der mutmaßliche Kopf der Bürgerwehr, sitzen bereits in Untersuchungshaft. 

 

Parallelen zu Fall in Borna?


Zuerst hatte "Spiegel Online" am Morgen über den GSG-9-Einsatz in Freital berichtet. Dem Nachrichten-Magazin liegen nach eigenen Angaben Informationen vor, dass die inzwischen verbotene rechtsextreme Vereinigung "Oldschool Society" für Angriffe auf Asylunterkünfte ähnliche sogenannte "Polen-Böller" nutzen wollte. Die mutmaßliche Terrorgruppe aus Borna bei Leipzig konnte kurz vor dem Anschlag gestoppt werden. Vier ihrer Mitglieder wurden im Januar von der Bundesanwaltschaft wegen Bildung einer rechtsterroristischen Vereinigung angeklagt. 

 

Reaktion aus der Politik


 

Uwe Rumberg, Bürgermeister von Freital

"Wir bewerten die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft natürlich positiv", erklärte der Freitaler Bürgermeister, Uwe Rumberg, MDR SACHSEN nach der Festnahme von fünf Terrorverdächtigen am Dienstagmorgen. Er betonte, dass in seiner Stadt kein Platz für extremistische Straftäter sei. Nun hofft er, dass der Staat sein Gewaltmonopol aktiv in die Hand nimmt.


 

Verena Meiwald, Abgeordnete der Linken im Sächsischen Landtag

Die Linken-Abgeordnete Verene Meiwald zeigte sich erfreut, dass durch die Ermittlungen weitere Tatverdächtige festgenommen werden konnten. Nun hofft sie, dass die Täter zügig verurteilt werden, weil das "eine Botschaft an alle Bürgerwehren im Freistaat Sachsen" wäre, dass man "hier nicht einfach so mit Böllern Angst und Schrecken verbreiten kann".


 

Kerstin Köditz, Sprecherin für antifaschistische Politik der Linken-Fraktion

Die Sprecherin für antifaschistische Politik der Linken-Fraktion, Kerstin Köditz, kritisierte, dass man hier schon hätte einschreiten müssen, bevor es zu Anschlägen kam. Schließlich sei die Radikalisierung der Freitaler Gruppe in sozialen Netzwerken "live" zu verfolgen gewesen. Doch die Entwicklung wurde ihrer Ansicht nach "offenbar völlig unterschätzt" und die Staatsregierung habe die Gefahr durch sogenannte Bürgerwehren noch vor einem Jahr "heruntergespielt". Sie erwarte nun eine vollständige Aufklärung der Strukturen und ein zügiges Gerichtsverfahren.