Mit einer neuen, lange erwarteten staatlichen Spähsoftware wollen Ermittler bald Verbrecher jagen. Laut einem Zeitungsbericht ist sie aber untauglich - und scheitert an einfachen Dingen.
Früher war der Bundestrojaner umstritten, weil er zu viel konnte. Jetzt steht eine neue Version der staatlichen Spähsoftware in der Kritik, weil sie zu wenig kann: So ungefähr kann man das Elend mit der Software zusammenfassen, die sich Ermittler seit Jahren herbeisehnen und die Datenschützer und Bürgerrechtler konsequent ablehnen.
Die gerade erst freigegebene Software hat offenbar so große Defizite, dass man sich nur schwer vorstellen kann, wie Ermittler damit arbeiten sollen, berichtet die "Welt am Sonntag". Internettelefonie lässt sich demnach nur abhören, wenn die Zielpersonen das Programm Skype verwenden. Außerdem müssen sie einen PC mit Windows-Betriebssystem nutzen. Apples Mac OS X oder Linux würden nicht unterstützt.
Konversationen in beliebten Chat-Programmen wie WhatsApp, Viber, Telegram oder Threema könnten nicht abgehört werden. Gespräche per mobilem Gerät, also Smartphones und Tablets, sind ohnehin auch nicht abhörbar, schreibt die "Welt am Sonntag". Damit ergeben sich beträchtliche blinde Flecken beim Einsatz der Software.
"Egal ob Dschihadisten oder Rechtsextremisten. Sie alle kommunizieren über WhatsApp oder andere Instant-Messenger. Skype abzuhören bringt bei diesen Leuten nicht viel", zitiert die Zeitung einen LKA-Beamten.
Mit der Bundestrojaner getauften Software können Behörden in die Computer von Verdächtigen eindringen und ihre Kommunikation abfangen, noch bevor sie - eventuell verschlüsselt - verschickt wird.
Rechtlich problematisch
Erst vor kurzem gab das Innenministerium die neue Version der Software frei. Sie ist vom Bundeskriminalamt entwickelt worden und soll zur sogenannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) eingesetzt werden. Dabei wird auf den Zielcomputer - wie auch bei anderen Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung - die Überwachungssoftware, der Trojaner, heimlich aufgespielt. Die Quellen-TKÜ unterscheidet sich aber von anderen Überwachungsmaßnahmen in der Art der Daten, die erhoben werden dürfen.
Der Bundestrojaner soll nur Kommunikationsvorgänge überwachen, er darf nicht alle Computeraktivitäten der Zielperson erfassen können. Der neue Bundestrojaner soll so gebaut sein, dass genau das sichergestellt ist. Denn eine erste Version genügte den Standards nicht. Sie konnte viel tiefer in die Privatsphäre der Verdächtigen eindringen, als das eigentlich erlaubt gewesen wäre.
Die Ermittler konnten E-Mails abfangen oder den Bildschirminhalt des Zielrechners kopieren. Mit der Spähsoftware wären sie theoretisch sogar in der Lage gewesen, fingierte Beweise auf einen Rechner zu schmuggeln. Der Einsatz war damit verfassungswidrig.
Nach der Ankündigung des Innenministeriums schien es, als hätten die Ermittler nach jahrelangem Hin und Her und einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nun doch das Werkzeug, das sie sich seit langem wünschen. Das ist aber offenbar nicht der Fall.
gru