"Ich möcht mich auf euch verlassen können - Lärmend mit euch durch die Strassen rennen*" - Eine Jugend in Frankreich

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Voller Selbstbewusstsein wird dieser Tage in Paris "die Jugend" dazu aufgerufen, sich am kommmenden Samstag die Spitze der zentralen Demonstration in Paris zu nehmen. Nach den massiven Angriffen der Bullen auf die Schüler*innendemo am Donnerstag werde man sich sowohl offensiv gegen den fundamentalen Angriff, den die geplanten Änderungen der Arbeitsgesetze bedeuten, als auch gegen die Repression der Bullen zur Wehr setzen, heisst es im Aufruf des Mouvement Inter Luttes Indépendant (MILI). Die Leute von MILI hatten schon bei den vergangenen Protesttagen ihre Hand mit im Spiel und die Schüler*innendemos vom Platz der Nation aus mitorganisiert, insofern darf dieser Aufruf als relevant gelten und beschäftigt auch schon die Funktionäre der CGT.

 

Doch die unruhige Jugend mag nicht auf den kommenden Samstag warten. Der Donnerstagmorgen fing schon in Montpellier prächtig an, als mehrere hundert Schüler*innen nicht nur "ihre" Schule mit Mülltonnen und anderem Zeug blockierten, sondern auch gleich noch die an der Schule vorbeiführende Strasse komplett mit einer ziemlich stabilen Barrikade dicht machten. Video


Dem wollten die Pariser Schüler*innen nicht nachstehen und so kam es im Laufe des Morgens und Vormittages am Donnerstag auch an mehreren Pariser Oberstufen zu Strassenblockaden, in Brand gesetzten Mülltonnen und Zusammenstössen mit den Bullen. Die Vorfälle ereigneten sich alle im westlich von Paris liegenden Département Hauts-de-Seine und damit dürfte die Bewegung endgültig die Vorstädte erreicht haben. In Clichy setzten die Bullen Tränengas gegen die Schüler ein, Autos gingen in Flammen auf. Zusammenstösse werden am Donnerstag auch aus Courbevoie, Colombes und  Gennevilliers gemeldet. Die Bullen haben bei den Aktionen vor den Schulen im Département Hauts-de-Seine nach eigenen Angaben 20 Menschen festgenommen.

 

Auch in Lyon gingen gestern die Bullen gegen blockierende Schüler*innen vor. Gegen die Festnahme von 25 ihrer Gefährten richtete sich dann heute eine Spontandemo von 200,300 Schüler*innen. Die Bullen waren gestern mit Gewalt gegen die Schüler*innen vorgegangen, weil ein paar Eier(!) geflogen waren. Die heutige Demo wurden dann sogar mit Tränengasgeschossen attackiert, es gab erneut mehrere Festnahmen.


In Montpellier breitet sich unterdessen die Revolte aus. https://twitter.com/voussaveztout/status/718372034745626624 ">Schüler*innen mehrere Schulen zogen heute durch die Strassen, schoben Mülltonnen auf die Fahrbahnen und zündeten diese an. Ein grosses Bullenaufgebot wurde zusammen gezogen um die Schüler*innen zu zerstreuen. Auch die Oberschule Clémenceau, von der gestern die Initiative ausging, wurde heute wieder blockiert

 

Und auch in den Pariser Vororten gingen die Aktionen heute weiter. In Courbevoie und Colombes, sowie in Aulnay-sous-Bois  wurden die Bullen vor Schulen angegriffen, Autos und Mülltonnen angezündet. In Tremblay-en France setzten die Bullen dann Tränengas gegen die Schüler ein, die Hindernisse auf die Strassen verbracht und angezündet hatten. Allein heute wurden bei den Konflikten in den Pariser Vororten 76 Menschen festgenommen. Die Berichterstattung in den französischen Medien über die Konflikte in den Vororten fällt ziemlich dürftig aus, während die Platzbesetzung von Nuit Debout auf dem Platz der Republik, die teilweise von Intellektuellen geprägt ist, mit zahlosen Berichten und Reportagen bedacht wird.

 

Dort haben mittlerweile auch einige der sans papier, die von den Bullen vor einigen Tagen zum wiederholten Male von ihrem Lager am Bahnhof Stalingrad vertrieben worden waren, Zuflucht gefunden. Es entwickeln sich gerade interessante Debatten auf dem Platz und für die eine oder andere Spontandemo ist dann auch noch Zeit.  

 

Morgen wird es also wieder voll werden auf den Strassen Frankreichs. Das es auch krachen wird, ist auch so sicher wie das Amen in der Kirche. Das Vorgehen der Bullen in den letzten Tagen dürfte dazu beitragen, dass es sogar noch mehr krachen wird. Angeblich gibt es sogar an höchster politischer Stelle Unzufriedenheit über das bisherige Agieren der Sicherheitskräfte. So oder so. Morgen wird es den Bullen in Paris schwer fallen, den "antagonistischen Block" so auseinander zu nehmen, wie am vergangenen Dienstag. Schon beim letzten gemeinsamen Aktionstag von "Jugend" und Gewerkschaften am 31. März war es ein bunter Haufen, der sich an der Demonstrationsspitze der zentralen Demo immer wieder Auseinandersetzungen mit den Bullen lieferte, denen angesichts der mehreren zehntausend Teilnehmer*innen die Hände gebunden waren und die sich deshalb darauf beschränkten mussten, von ihren repressiven Möglichkeiten nur begrenzt Gebrauch zu machen. ( Was aber reichlich Trännengas nicht ausschloss). Und so werden wir, mit Glück und Verstand, morgen vielleicht eine Ausweitung sowohl der sozialen als auch der militanten Praxen erleben. Und mit noch mehr Glück und Verstand entwickelt sich die soziale Konfliktualität dann in einer Art und Weise, das sie der Kontrolle der üblichen Verdächtigen entgleitet.

 

P.S. Planungen:

Bei dem landesweiten Koordinierungstreffeen der Student*innen, das am vergangenen Wochenende in Rennes stattgefunden hat, wurden auch weitere Aktionstage beschlossen.    
So wird es am 12., 14. und 20. April weitere Protesttage geben. Die gemeinsame Kordination von CGT, FO, FSU, Solidaires, UNEF, UNL und  FIDL mobilisiert aber erst für Ende April, nämlich zum 28. April erst wieder zu einem weiteren landesweiten Protesttag.  

 

P.P.S. Nachträge und Verweise:
Ein aktueller Bericht von Bernard Schmid auf labournet aus Paris mit einer diesmal überraschend wohlwollenden Würdigung der "autonomen Tendenz": http://www.labournet.de/internationales/frankreich/politik-frankreich/po...

 

Videos von heute aus Montpellier:
https://vimeo.com/162059254
https://www.youtube.com/watch?v=mqpv47pVmb8

 

Nachschlag zum letzten Aktionstag- Langes Video von street politics über den langen 5. April in Paris: https://www.youtube.com/watch?v=bNIYGU9Ltrc&feature=youtu.be

 

Vorschlag aus Berlin für eine Nuit Debout am Samstag auf dem Mariannenplatz (leider facebook) : https://www.facebook.com/Nuit-Debout-Berlin-269408443394322/?fref=ts

*: https://www.youtube.com/watch?v=QGPKc-AZUdU

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...für deine ausführlichen und gut vorstellbaren Artikel....Man bekommt Lust den Frühling dort zu verbringen.Aufbruch der Jugend...

Nuit Debout - Berlin
09.04.2016 Mariannenplatz 19:00

facebook.com/events/1693720804230401/

 

Kommt alle!

 

Vernetzen, Informieren, Ordanisieren, Praxis!

Bitte sag mir einen Grund, warum du einen antistaatlichen Protest durch die Repressionsbehörde Facebook bewirbst. Sag mir auch, warum du nicht merkst, dass diese Facebook-Mobilisierungen in den letzten Jahren zu keinem einzigen relevanten Ereignis geführt haben. Weisst du nicht, dass Menschen, die es Ernst meinen, nicht auf Facebook-Events reagieren?

Schöne Bilder wie die Schüler in Paris den Schweinen der Bulleneinheiten entschlossenen Widerstand leisten Solidarität mit den kämpfenden Genossen in Frankreich, gegen das Kapital überall! Warum gibt es keinen Aufruf für Hamburg? Laßt uns den Schweinen zeigen was wir von diesem Scheiss-Kapitalismus halten!

 

Gegen Staat und Kapital, überall! Auf die Strasse, auch in Hamburg!