Kapitalismus funktioniert solange wir funktionieren! Vorabend-Demonstration in Dachau zum 1. Mai 2016

Streiken / Besetzen / Kollektivieren

Die libertären Gruppen in der Region München und die Basisgewerkschaft FAU München rufen zum diesjährigen 1. Mai zu einer Vorabend-Demonstration in Dachau auf

 

30.04.2016

19:00 Uhr

Bahnhof Dachau

 

Lohnarbeit bedeutet den Zwang, jeden Tag morgens aufstehen und am Ende des Monats dennoch jeden Cent umdrehen zu müssen. Sie bedeutet Leistungsdruck und Unterordnung. Lohnarbeit ist auch immer öfter eine prekäre Beschäftigung. Sie zwingt uns zu Lohndumping und oft in Leiharbeitsverhältnisse. Mittlerweile müssen fast alle Lohnarbeitenden auch mit der Unsicherheit leben, ob ihre Arbeitsverträge verlängert werden. Obwohl in einer Wohlstandsgesellschaft lebend, müssen sich viele einen Zweitjob suchen, um irgendwie über die Runden zu kommen. In der Arbeit werden die Lohnabhängigen auseinanderdividiert, beispielsweise nach Lohngruppen, nach Qualifikation oder durch Auslagerung in Untergesellschaften. Genauso werden „Deutsche“ und „Nicht-Deutsche“ gegeneinander ausgespielt. Die Lohnarbeit nimmt einen Großteil des Lebens der Menschen ein, das heißt sie stiehlt ihnen kostbare Lebenszeit.
Gleichzeitig bedeutet Lohnarbeit, dass ein Großteil des Lohns für hohe Mieten draufgeht.  

Arbeit in einer kapitalistisch organisierten Wirtschaft bedeutet immer, dass wir täglich mehr arbeiten müssen, als für unsere Lebenshaltung nötig wäre. Diese Mehrarbeit erzeugt den so genannten Mehrwert, den die Bosse und die Unternehmen einstreichen, um im Überfluss leben zu können und andererseits, um die Gewinne zu reinvestieren oder damit zu spekulieren. Lohnarbeit wird zu Kapital. Die ArbeiterInnen sind somit Kapital, sogenanntes variables Kapital. Für das Funktionieren des Kapitalismus sind auch Maschinen als fixes Kapital notwendig. Aber die Lohnabhängigen sind es, die die Maschinen bedienen. Ohne sie kann nicht produziert, aber auch kein Mehrwert erzeugt werden. In dieser Wirtschaftsweise sind die Menschen nach Klassen getrennt. Die einen verfügen nur über ihre Hände zur Arbeit, die anderen besitzen die Produktionsmittel und verfügen so über die Kommandogewalt der Arbeit.

 

Der Kapitalismus setzt die Klassengesellschaft voraus, die Klassengesellschaft den Kapitalismus

 

Dabei ist die Klasse der Lohnabhängigen vielschichtig, ihre Zusammensetzung
ändert sich fortwährend, da auch die Lohnarbeit sich ständig verändert. Einige dieser Änderungen treibt das Kapital voran, da es die Güter immer produktiver herstellen will. Andererseits muss es auch auf die Kämpfe der ArbeiterInnen reagieren. Und deren Widerständigkeit findet täglich statt. Unter der Oberfläche und abseits von Tarifritualen mit ihren Trillerpfeifen und Verhandlungen hinter verschlossenen Türen. Angefangen vom individuellen Überziehen einer Pause über regelmäßiges Krankfeiern bis hin zu kollektiven Verweigerungsformen.
Die sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaften des DGB garantieren das Fortbestehen der kapitalistischen Verhältnisse, was sie genau so auch ausdrücklich selbst benennen. Ihre Kooperation und Einbindung soll eine autonome Klassenbewegung außerhalb dieser eingefahrenen Tarifbahnen verhindern. Sollte sich auf Betriebsebene einmal ein selbständiger Kampf entwickeln, sind die DGB-Gewerkschaften (sowie die gesetzlichen Betriebsräte) stets als erste zur Stelle, um diesen zu bremsen und zu vereinnahmen, damit er wieder in “geordneten” Bahnen läuft. Bei dem Versuch, die Verhältnisse wirklich umzuwerfen wird den LohnarbeiterInnen niemand helfen. Sie müssen dies schon selbst bewerkstelligen.

 

Streiken

Durch Streik wird der Akkumulationsprozess unterbrochen, wird aufgezeigt, dass es die LohnarbeiterInnen sind, die die Wirtschaft am Laufen halten und auch den Mehrwert produzieren. In Streiks handeln Lohnabhängige aus Solidarität und üben kollektive Macht aus. Nichts fürchten die Bosse, die Unternehmen, also das Kapital mehr. Wenn StellvertreterInnen aus dem Gewerkschaftsapparat oder die Betriebsräte die Kontrolle über autonom organisierte Betriebskämpfe verlieren, wird je nach Ausmaß durchaus die Machtfrage gestellt. Je besser sich die Beschäftigten organisieren, je mehr Erfahrung sie sammeln, desto größere Ausmaße können Aktivitäten annehmen. Der Erfolg – soviel ist klar – wird nicht vom Himmel fallen. Es wird nötig sein, sich beispielsweise in Betriebsgruppen, Streikkomitees, überbetrieblichen Basisgewerkschaften oder sozialen Stadtteilgruppen zu organisieren. Jede selbstorganisierte und erfolgversprechende Form sollte genutzt werden. Angefangen bei informellen Vernetzungen, sowie alltäglich praktizierter Solidarität untereinander.

 

Besetzen

Die Lohnabhängigen sollen die Güter nicht nur produzieren, sondern mit ihrem Lohn gleich wieder kaufen und konsumieren. Ihnen wird gerade soviel Lohn zugestanden, dass sie sich irgendwie reproduzieren können (Wiederherstellung der Arbeitkraft, Wohnen, Nachwuchs, etc.). Lohnerhöhungen werden durch Inflation, Steuern und Preiserhöhungen im Zaum gehalten. Steigende Kosten, beispielsweise im öffentlichen Nahverkehr oder durch Mieterhöhungen, werden zu oft unbeantwortet gelassen oder als individuelle Probleme wahrgenommen. Dauert es z.B. in Dachau, der Stadt mit den bundesweit neuerdings fünft teuersten Mieten, ewig eine Wohnung zu finden, die dann immer noch viel zu teuer ist, werden gleichzeitig reihenweise luxuriöse Eigentumswohnungen gebaut. Auch dies ist konkreter Ausdruck einer ausgewachsenen Klassengesellschaft.
Gegen diese Verhältnisse müssen selbstorganisierte Freiräume, kulturelle und soziale Zentren erkämpft werden. Ob Wohnraum, soziale Zentren, Betriebe oder Schulen. Es geht überall um die Rückeroberung des öffentlichen Raums. Was die Menschen brauchen müssen sie sich nehmen. Dabei gilt es den Gegenstrategien der Mächtigen und Besitzenden nicht auf den Leim zu gehen. Spaltungen, Aufhetzung und das Finden von Sündenböcken dient nur der Aufrechterhaltung der momentanen unsozialen und ungleichen Verhältnisse. Deswegen müssen sämtliche Formen von Nationalismus, Rassismus und Sexismus auf allen Ebenen entschieden zurückgewiesen und konsequent bekämpft werden. Der populistischen Ausländerfeindlichkeit von Pegida und AfD oder den organisierten Pogromen der Nazis muss genauso wie dem institutionalisierten Rassismus des Staates mit allen Mitteln entgegen getreten werden. Inhaltlich mit Argumenten wie der Benennung der sozialen Ungleichheit, aber auch aktiv auf der Straße. Gegen die zunehmende Gewalt gegenüber Geflüchteten und ZuwandererInnen – etwa durch rassistische Brandanschläge – reichen Betroffenheitsbekundungen schon lange nicht mehr aus. Alle selbstorganisierten Initiativen der hierher geflüchteten Menschen müssen bekannt gemacht und unterstützt werden. Dazu zählen u.a. Hungerstreiks, Blockaden oder von Flüchtlingen besetzte Gebäude.

 

Kollektivieren

Soziale Ungleichheit und politische Unterdrückung können nur überwunden werden, wenn die kapitalistisch-bürgerliche Gesellschaft umgewälzt und eine egalitäre Weltgemeinschaft errungen worden ist. In dieser befreiten Gesellschaft kann es nur noch kollektives, d.h. Gemeineigentum geben. Die Güterproduktion wird sich nicht mehr am Profit oder dem maßlosen Konsum, sondern am Bedarf der Gemeinschaft orientieren und somit alle überflüssigen Arbeiten obsolet werden lassen. Für alle Menschen wird es den gleichen Zugang zu den gesellschaftlichen Ressourcen geben, d. h. für alle den gleichberechtigten Zugriff auf Güter, Wohnraum, Bildung, Gesundheit, Freizeit und kulturelle Aktivitäten. Von selbst werden die Herrschenden nicht von ihren Privilegien lassen, auch nicht durch gutes Zureden!
Deswegen gilt für die Ausgebeuteten, Unterdrückten, Entwürdigten und Alleingelassenen die Devise: In die Offensive!

 

Kapitalismus funktioniert solange wir funktionieren!