Zentrale Flüchtlingsunterkunft in Johanngeorgenstadt bleibt

Erstveröffentlicht: 
23.03.2016

Flüchtlinge werden in Johanngeorgenstadt auch in Zukunft zentral untergebracht. Das hat Landrat Frank Vogel (CDU) auf einer Einwohnerversammlung am Dienstag bekräftigt. Mehr als 100 Bürger hatten sich zu dieser Veranstaltung in die Aula der ehemaligen Pestalozzi-Schule eingefunden, um mit Bürgermeister Holger Hascheck (SPD), Vertretern der Gemeindeverwaltung und Landrat Vogel über die Situation der Unterbringung von Asylbewerbern in der Erzgebirgsgemeinde zu diskutieren. Das Treffen war schon vor Monaten von einer Bürgerinitiative gefordert worden, wegen Terminschwierigkeiten aber erst jetzt möglich.

 

Kritik an Gemeinschaftsunterkunft

 

Den größten Unmut, das zeigte sich gleich zu Beginn der Veranstaltung, hat der Landkreis mit seiner Entscheidung für eine zentrale Unterbringung von Flüchtlingen hervorgerufen. Derzeit werden 55 Asylbewerber in einem ehemaligen Ferienheim am Rande von Johanngeorgenstadt untergebracht. Das Heim hat eine Kapazität von insgesamt 115 Plätzen.

Angebote für eine dezentrale Unterbringung hat es laut Bürgermeister Hascheck genügend gegeben. Allerdings sei der Landkreis nicht auf diese Angebote eingegangen. Das kritisierten auch einige Bürger. "Sie sind einfach über die Belange der Stadt hinweggegangen. Dabei müssten Sie doch als gewählter Vertreter die Interessen der Bürger vertreten", sagte ein aufgebrachter Johanngeorgenstädter in Richtung des Landrates und erntete tosenden Beifall. Vogel erwiderte, dass der Landkreis in der angespannten Situation Ende 2015 schnelle Lösungen für die Unterbringung finden musste. Jede Woche seien hunderte Menschen angekommen. Auf den Einwand, dass kommunale Wohnungen angeboten worden seien, sagte Vogel, dass diese nicht ausgereicht hätten. Außerdem habe die Stadt die Bereitstellung von Wohnungen mit der Zusage des Landkreises verbinden wollen, dass dann keine zentrale Unterkunft eingerichtet würde. "Das konnte und wollte ich nicht zusagen", so Vogel. Die jetzt gefundene Lösung bleibe bestehen. Es würden auch nicht mehr als 115 Menschen in der Gemeinschaftsunterkunft untergebracht. 

 

Bedenken und Beifall


Um Flüchtlinge unterzubringen, würden bewusst Gesetze gebrochen, kritisierte ein weiterer Bürger. Das habe mit Rechtsstaat und Demokratie nichts zu tun. Außerdem hätte der Landkreis die Bürger viel eher informieren müssen. "Es gab gesetzliche Erleichterungen, aber keine Verstöße gegen Gesetze", so Vogel. Im Übrigen verstehe er die Aufregung nicht. Das Erzgebirge habe in seiner Geschichte immer von Zuwanderung profitiert. "Gerade in so einer schwierigen Situation wie jetzt sind wir doch verpflichtet, Menschen in Not zu helfen. Auch wenn das manchem nicht gefällt, dabei bleibe ich", appellierte der Landrat an die Anwesenden und erhielt Beifall.

 

Zitat: “Für mich ist es keine Katastrophe, 3.700 Menschen im Erzgebirge unterzubringen.”
(Landrat Vogel)

 

Dass das ehemalige Ferienheim an der Schwefelwerkstraße überhaupt als Flüchtlingsheim genutzt wird, ist für einige Johanngeorgenstädter ein Skandal. Das Haus erfülle nicht einmal die brandschutz- und bautechnischen Mindeststandards, kritisierte ein Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. Das habe sich bei einer Begehung gezeigt. "Die Kritik, die ich bei diesem Termin angebracht habe, findet sich komischerweise nicht im Protokoll der Begehung."

Dass es unterschiedliche Auffassungen über eine Sache gebe, könne ja sein, erwiderte Referatsleiter Christoph Hermann vom Landratsamt. "Auch wenn Sie Ihre Kritik immer wieder vortragen, wird sie dadurch nicht wahrer. Die Abnahme hat ein Brandschutzingenieur vorgenommen und daran halten wir uns."

Der 16-jährige Mahmud (Name von der Redaktion geändert) aus Syrien bekommt von der Diskussion ein paar Kilometer weiter nichts mit. Er wohnt seit einem halben Jahr mit seinen vier Brüdern in der Gemeinschaftsunterkunft am Rande der Stadt. "Mir gefällt es sehr gut in Johanngeorgenstadt", sagt der Teenager in gebrochenem Deutsch. "Die Leute hier sind ok", sagt er und hält den Daumen nach oben.