NPD-Kreisvorsitzender wegen Volksverhetzung zu Geldstrafe verurteilt

Erstveröffentlicht: 
22.03.2016

Weinheimer Amtsgericht verurteilt zwei Rechtsextreme wegen Volksverhetzung zu Geldstrafen - Moslems würden in einem veröffentlichten Text "auf eine ziemlich niederträchtige Weise verunglimpft"

 

Von Stephanie Kuntermann

Weinheim. Empfangen wurde man am Eingang des Amtsgerichts von fünf Wachleuten: Taschenkontrolle. "Eine Vorsichtsmaßnahme", so Oberstaatsanwalt Andreas Grossmann, doch das Interesse an der Verhandlung war gering: Nur ein paar Besucher saßen im Zuschauerraum, als Richterin Marianne Micha die Strafsache gegen Jan J. und Alexander N. aufrief.

Die Anklage lautete auf Volksverhetzung, im Mittelpunkt stand ein Beitrag mit dem Titel "Mannheim goes Isis", der Ende November 2014 auf die NPD-Homepage gestellt worden war. Dass er den Beitrag dort platziert hatte, gab J. freimütig zu, wie er auch einräumte, dass der Text "polemisch und niveaulos" gewesen sei. Er habe jedoch als NPD-Kreisvorsitzender dafür sorgen wollen, dass sich die Ortsvereine auf der Seite so darstellten, wie sie das wollten. Der Artikel stamme aus dem Mannheimer Ortsverein, erklärte J., blieb aber die Antwort auf die Frage schuldig, wer denn nun der Autor gewesen sei. Moslems würden in diesem Text "auf eine ziemlich niederträchtige Weise verunglimpft", und J. habe das billigend in Kauf genommen, fasste Oberstaatsanwalt Grossmann seine Vorwürfe zusammen.

Nicht die gesamte Glaubensgemeinschaft, sondern nur fanatische Kämpfer des "Islamischen Staats" seien beleidigt worden, stieg N. in eine inhaltliche Diskussion ein. Doch das Gericht hielt ihm "Wortklauberei" vor und forderte dazu auf, die beleidigenden Formulierungen im Kontext zu lesen. Hatte N. zuvor behauptet, erst durch den Strafbefehl von den Vorwürfen erfahren zu haben, so erbrachte die Vernehmung eines Staatsschutz-Beamten einen anderen Sachverhalt: Schon im vergangenen März wurde der 41-Jährige als redaktionell Verantwortlicher von der Polizei befragt. Seither und bis zum gestrigen Tag, hob Micha hervor, habe man den Beitrag auf der Homepage lesen können, N. habe in seiner Garantenstellung die Entfernung des Texts unterlassen.

Gegenstand der Verhandlung war auch eine Äußerung von J. auf seiner Facebook-Seite, mit der Roma und Sinti beleidigt worden sein sollen. Angesichts von 515 "Freunden" im sozialen Netzwerk ließ es das Gericht dahingestellt, ob J.s Äußerungen vor diesen Freunden bereits als "öffentlich" einzustufen seien. "Wir haben ja gesehen, dass Kommentare geteilt und auf diese Weise öffentlich wurden", bemerkte Micha und verlas eine lange Liste ausländerfeindlicher Kommentare, die sich an den des Angeklagten anschlossen. Von Töten war da die Rede - und bei J. auch davon, dass sich das Überfahren erst ab einer Anzahl von fünf Personen lohne.

Interessant, aber im Grunde traurig waren J.s Angaben zu seiner Person: 26 Jahre alt, erlernte er nach einem guten Hauptschulabschluss niemals einen Beruf und schlug sich mit Gelegenheitsarbeiten durch. Unterstützt von Mutter und Großmutter, nannte er ein monatliches Taschengeld von 100 Euro sein einziges Einkommen. Umso kontinuierlicher sein politisches Engagement, über das er sprach: Seit 2006 bewege er sich in der rechten Szene, 2007 sei er NPD-Mitglied geworden, später im Kreisvorstand aktiv und Bundestagskandidat. Sein Amt als Kreisvorsitzender habe er jetzt niedergelegt, sagte J. schließlich: "Wegen des schlechten Abschneidens bei der Landtagswahl."

Am Ende standen empfindliche Geldstrafen für die beiden Angeklagten: für Verlagskaufmann N. 4800 Euro, für J. insgesamt 1950 Euro. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.