Propaganda mit Unwahrheiten

Erstveröffentlicht: 
09.03.2016

Die AfD-Landtagskandidaten der Region Heilbronn betreiben Wahlkampf fast ausschließlich mit der Flüchtlingsfrage. Das zeigt ein Blick auf die Facebook-Seiten der Bewerber. Der Ton ist rau, politische Gegner werden zum Beispiel als „linke Bakterien“ bezeichnet.

 

Dr. Rainer Podeswa tritt für die AfD in Heilbronn an. Der Kreisrat Thomas Palka kandidiert im Wahlkreis Eppingen, Carola Wolle in Neckarsulm. Alle drei Bewerber setzen stark auf die Flüchtlingskarte. Meist geht es darum, dass zu viele Migranten ins Land kommen und nur die AfD in der Lage ist, das Problem zu lösen. Palka schreibt mit Blick auf Angela Merkel: "Von sowas werden wir regiert! WEG! Einfach nur weg damit!" Politische Gegner bezeichnet er als "linke Bakterien".

 

Ängste


Immer wieder verknüpfen die Kandidaten Flüchtlinge mit steigender Kriminalität. Ängste werden grafisch befördert, wenn scherenschnittartig eine Frau von einer Gruppe Männer bedroht wird. Rainer Podeswa berichtet von einem Kirchenbrand in Garbsen und erweckt den Anschein, als sei dies aktuell geschehen. Dasselbe Thema hatte die Facebook-Seite des AfD-Kreisverbands bis Ende vergangener Woche dargestellt.

In einem Post vom 26. Februar 2016 war zu lesen, dass der Brand "in der Nacht zum Dienstag" ausgebrochen sei und die Helfer von ausländischen Jugendlichen verhöhnt und provoziert worden seien. Bei etwas genauerem Hinschauen zeigt sich allerdings, dass die Kirche bereits im Sommer 2013 gebrannt hat. Ein Fehler? Bewusste Manipulation? Fest steht, dass die beiden Facebook-Seiten zu unterschiedlichen, eineinhalb Jahre alten Quellen verlinkten.

 

Stichwort Quellen. Aufschlussreich ist, welche Links die Kandidaten teilen. Thomas Palka zum Beispiel verweist auf eine Seite, die unter anderem für das Ansehen der rechtsradikalen NPD kämpft. So sei das Oktoberfestattentat 1980 vom Bundesnachrichtendienst verübt worden, um die Tat der rechten Szene anlasten und die NPD stoppen zu können. Von den NSU-Terroristen Uwe Bönhardt und Uwe Mundlos ist als "ermordete Beschuldigte" die Rede. Die von ihnen verübten Morde seien "psycho-terroristisch der NPD angelastet" worden. Auch hier wird suggeriert, dass die wirklichen Täter in staatlichem Auftrag (Verfassungsschutz) gehandelt haben.

Anderes Beispiel: Carola Wolle verlinkt auf Beiträge von Compact. Ein laut "Süddeutscher Zeitung" "rechtspopulistisches Magazin mit Hang zu Verschwörungstheorien". Die "Neue Zürcher Zeitung" verortet Compact in der "neo-rechten Bewegung". Die Kandidaten pflegen in verschiedenen Beiträgen die Rolle ihrer Partei als Opfer von "Altparteien", Staat und Medien.

 

Ton


Insgesamt herrscht auf den Seiten ein rüder Ton. Rainer Podeswa spricht von Flüchtlingen als "Analphabeten aus Steinzeitkulturen". Der Drogenfund beim Grünen-Politiker Volker Beck animiert Palka zu dieser Aussage: "Und diese Leute regieren uns, echt Grüne, entweder drogensüchtig, schwul, lesbisch, Kommunisten oder beschränkt. Die kümmern sich um Familienpolitik. Es wird Zeit, dass solche Leute wegkommen."

 

Auch das Stilmittel der Übertreibung beherrschen die AfD-Leute. Carola Wolle behauptet, dass in Nürnberg eine "Migranten-Rotte" zum Jahreswechsel mehrmals versucht habe, die Lorenzkirche als Symbol des Christentums niederzubrennen. Im Beisein der Polizei habe der militante Mob immer wieder "We will burn Germany!" gerufen. Tatsächlich haben einem Augenzeugen zufolge arabischstämmige Männer Silvesterraketen auf die Kirche geschossen. Ernst genug, aber vermutlich kein mehrmaliger Versuch, eine Kirche niederzubrennen. "We will burn Germany!" ist laut des Augenzeugen, den Nordbayern.de zitiert, wirklich gerufen worden. Aber von einem Mann. Nicht von einem "militanten Mob".