Memmingen: Demonstration für ein aktives Gedenken – gegen Nazis und Rassismus am 23.04.2016

Remembering means fighting

Im April 2016 jährt sich zum 8. Mal der Todestag von Peter Siebert, der in seiner Wohnung in Memmingen von seinem Nachbarn dem Neonazi Alexander B. niedergestochen wurde. Am Samstag den 23. April 2016 wollen wir im Rahmen einer Demonstration in Memmingen (Allgäu) Peter Siebert und allen anderen Opfern, die durch rechte Gewalt sterben mussten, gedenken. Zudem wollen wir mit unserer Demonstration ein klares Zeichen gegen den aktuellen Rechtsruck in Deutschland und ganz Europa setzten. Wir zeigen uns solidarisch mit allen geflüchteten Menschen und möchten gemeinsam und entschlossen für eine bessere Welt fernab von Rassismus, Sexismus und allen Formen von kapitalistischer Ausbeutung kämpfen.

 

Demonstration für ein aktives Gedenken – gegen Nazis und Rassismus am 23.04.2016 in Memmingen

In der Nacht zum 26. April 2008 wird der 40-jährige Peter Siebert von seinem 22-jährigen Nachbarn, dem Neonazi Alexander B. in Memmingen erstochen. Zuvor hatte sich das Opfer (nicht zum ersten Mal) über den lauten Rechtsrock seines Nachbarn beschwert und diesem seine braune Gesinnung vorgeworfen. Im Laufe des Streits verfolgte Alexander B. seinen Nachbarn bis in dessen Wohnung und stach ihn dort mit einem Bajonett nieder.

Im Dezember 2008 wurde der Täter nach nur einem Prozesstag vom Landgericht Memmingen wegen Totschlags (!) zu acht Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Eine rechts motivierte Tat wurde von den Behörden damals nicht in Betracht gezogen. Erst zwei Jahre nach der Verurteilung räumte Manfred Mürbe, Vizepräsident des Landgericht Memmingen, ein, dass ein extrem rechter Hintergrund »wahrscheinlich« sei. Trotzdem taucht der Fall Peter Siebert bis heute nicht in der offiziellen Statistik der Todesopfer rechter Gewalt auf.

Nicht in die offizielle Statistik aufgenommen wurde unter anderem ein weiterer Fall tödlicher neonazistischer Gewalt aus dem Allgäu. Am 17. Juli 2013 wurde in Kaufbeuren der 34-jährige Spätaussiedler Konstantin M. vom wegen neonazistischer Gewalttaten einschlägig vorbestraften Falk H. erschlagen. Vorausgegangen sind der Tat rassistische Pöbeleien. Obgleich all das unbestritten war, wollte der zuständige Richter nur eine »sinnlose Sauferei und Prügelei« sehen.

Genau diese Entpolitisierung und Bagatellisierung ist im Zusammenhang mit rechter Gewalt immer wieder zu beobachten. Sie trägt ihren Teil dazu bei, dass zwischen offiziellen Angaben zu Todesopfern rechter Gewalt (75 seit 1990) und den Statistiken nicht-staatlicher Stellen (184 seit 1990) eine erhebliche Differenz besteht.

Unerträglich ist auch die Zunahme rassistischer »Proteste« von Bürgern, die sich zusammen mit Neonazis gegen Asylsuchende, Muslime und alle Menschen, die sich für einen solidarischen Umgang mit Geflüchteten und hilfebedürftigen einsetzen, formieren. Die rechte Partei AFD beeinflusst deutschlandweit immer mehr den öffentlichen Diskurs und gründet Ortsgruppen  – auch in ländlichen Regionen wie bei uns im Allgäu.

Angeheizt von rechtspopulistischen Medienberichten, sprießen überall sogenannte Bürgerwehren aus dem Boden, die sich anmaßen mit einem Mackerhaften Auftreten „deutsche Frauen“ vor Übergriffen durch „Asylanten“ zu schützen.

Unter dem Label „Stopp“ (Stopp Memmingen usw.) wird Allgäuweit über Facebook die Stimmung gegen Asylsuchende und Ausländer weiter angeheizt. Auch die CSU trägt in klassisch bayrischer Manier mit ihren braunen „Law and Order“ Forderungen, ihren Teil zum aktuellen Rechtsruck bei.

All das spielt natürlich auch der örtlichen Neonazi Szene in die Hände, deren Einstellung und Ansichten mittlerweile schon feste Positionen am rechten Rand der sogenannten bürgerlichen Mitte haben.

Der Großteil der organisierten Memminger Neonazi Szene ist Teil der Kameradschaft Voice of Anger (VoA). Die Gruppierung zählt mit ihren mindestens 80 Kern-Mitgliedern zu den größten aktiven Nazi-Kameradschaften in Bayern und ist bundesweit vernetzt.

Diese Mischung aus organisierten Neonazis, „besorgten Bürgern“ und der konservativen Mitte führen zu einem Klima der Angst und sind der Nährboden für die zahlreichen Angriffe auf Unterkünfte von Asylbewerbern. Als aktuelle regionale Beispiele sind hier der Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim am 06.02.2016 in Kaufbeuren und der versuchte Brandanschlag einen Monat zuvor in Marktoberdorf zu nennen. Allein im Jahr 2015 gab es 528 Übergriffe auf Unterkünfte von Geflüchteten.

Diese Zustände nehmen wir nicht länger hin. Wir wollen mit unserer Demonstration ein deutliches Zeichen gegen rechte Gewalt und Alltagsrassismus setzen. Niemand ist vergessen. Wir kämpfen weiter für eine solidarische und gemeinschaftliche Welt ohne Grenzen, ohne Nationalismus und ohne Faschos!

Wir wollen Alternativen aufzeigen und den Rassismus, so wie die durch ihn immer weiter vorangetriebene soziale Spaltung von der Wurzel an bekämpfen.

Wir wollen ein Bewusstsein schaffen, wonach alle Menschen gleich sind und wir nur gemeinsam - und zwar von unten - diese Welt zum Positiven ändern können.

Wir wollen uns zusammenschließen, organisieren und für die Interessen aller Menschen, ohne Hinblick auf Herkunft, Religion und Nationalität kämpfen!

Lasst uns gemeinsam am 23. April in Memmingen auf die Straße gehen – zum Gedenken an Peter Siebert, Konstantin M. und all die anderen Opfer rechter Gewalt.

Denn Erinnern heißt kämpfen – für eine offene, vielfältige und soziale Gesellschaft jenseits diskriminierender Ausschlüsse und Ausgrenzungen – für ein schönes Leben für alle – überall!

Hoch die internationale Solidarität!

Für die soziale Revolution weltweit!