Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Drohung gegen Innensenator Henkel

Erstveröffentlicht: 
29.02.2016

"Bei Räumung [...] 1 Millionen Sachschaden und Henkel im Kofferraum!", heißt es auf einer linksextremen Plattform. Der Regierende Bürgermeister verurteilte die verbale Attacke.

 

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen einer Drohung auf einer linksextremistischen Plattform gegen Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU). In einem Aufruf drohen die anonymen Verfasser für den Fall der Räumung autonomer Wohnprojekte in Berlin mit "1 Millionen [sic!] Sachschaden und Henkel im Kofferraum!". "Wir ermitteln wegen des Verdachts auf öffentliche Aufforderungen zu Straftaten", sagte Staatsanwaltschaftssprecher Martin Steltner. Die Formulierung im Aufruf erinnert an die Ermordung des damaligen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer. Der Wirtschaftsfunktionär war 1977 in Nordfrankreich von der RAF getötet und anschließend im Kofferraum eines Audi aufgefunden worden.

 

Henkel selbst nimmt die Drohung gelassen: "So was läuft bei mir ins Leere", sagte er nach der Sitzung des Innenausschusses dem Tagesspiegel. Der Senator kündigte an, auch weiterhin gegen linksextremistische Taten in der Rigaer Straße vorzugehen: "Es wird keine rechtsfreien Räume geben." nach der Sitzung des Innenausschusses. Wie jeder Innensenator wird Henkel ständig von mehreren Personenschützern des Landeskriminalamt begleitet und in einer gepanzerten Limousine gefahren. Am Montag bei der Sitzung des Innenausschusses war nicht zu erkennen, dass diese Bewachung verschärft wurde. Dem Vernehmen nach schätzen die Sicherheitsbehörden die Drohung als nicht konkret ein.


Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) verurteilte „die Verbalattacke auf den Innensenator“. Bedrohungen von Leib und Leben können nie ein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein, sondern sind ein Fall für die Ermittlungsbehörden. Senatsmitglieder sind kein Freiwild“, sagte Müller.

 

Neu ist die Anspielung nicht

Neu ist die Anspielung mit dem Kofferraum nicht, sie traf den früheren Innensenator Ehrhart Körting, ebenso den Polizeireporter des Tagesspiegels und gerade auch den SPD-Abgeordneten Tom Schreiber: Dieser musste bei Twitter lesen: „Ihr findet @TomSchreiberMdA in der Rue Charles Peguy in Mühlhausen.“ Das ist die Straße, in der 1977 Schleyers Leiche gefunden worden war. Schreiber sagte, dass er im Dezember Anzeige bei der Polizei wegen dieses Tweets erstattet habe, ein Ergebnis habe er noch nicht.

 

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft wollte nicht weiter kommentieren, wie ernst die Drohung zu nehmen ist. Auch die Polizei äußerte sich nicht weiter: Über konkrete Gefährdungslagen oder erhöhte Schutzmaßnahmen für den Innensenator gebe man grundsätzlich keine Auskunft, sagte ein Sprecher.

 

Die linke Szene macht Henkel für den umstrittenen Polizeieinsatz in der Rigaer Straße verantwortlich. Als Reaktion darauf hatten Autonome am Gleisdreieckspark in Kreuzberg und um die Neuköllner Weserstraße vor drei Wochen mehrere Autos zerstört.

 

Die linke Szene mobilisiert für den Fall einer Räumung

Aus Angst vor der Räumung des linken Hausprojekts Rigaer 94 haben Aktivisten eine eigene Internetseite („berlinsburning“) geschaltet, auf der zu einer Demo für den Tag der Räumung um 20 Uhr in Kreuzberg mobilisiert wird. Aber Innensenator Henkel dementiert, dass eine Räumung geplant sei: „Kompletter Unsinn“, sagte Henkel dem Tagesspiegel. Da die Häuser nicht besetzt seien, könne auch nichts geräumt werden. Henkel ergänzte, dass er dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg sehr wohl die Bedenken bezüglich des Brandschutzes im Haus Rigaer 94 mitgeteilt habe. So seien bei der Begehung Mitte Januar mehrere nicht genehmigte Mauerdurchbrüche festgestellt worden. Die Begehung des Hauses war am Montag erneut Thema im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Hakan Tas von der Linkspartei nannte dies „eine geplante politische PR-Aktion“. Dem widersprach der Einsatzleiter der Polizei, Michael Krömer: „Mir muss keiner sagen, was ich zu machen habe. Ich habe keinen Anruf vom Innensenator erhalten.“


Polizeipräsident Klaus Kandt verteidigte den Einsatz erneut. Größere Mengen Pflastersteine seien sichergestellt worden, die die Bewohner als Wurfgeschosse gehortet hätten. Kandt betonte, dass es „eine deutliche Steigerung von Angriffen auf Polizisten“ gab. „Das konnten wir nicht länger hinnehmen.“ Die Lage in der Rigaer Straße sei durch die aktuelle Präsenz viel besser geworden.