Bei Verbot will die Partei vor Menschenrechtsgerichtshof ziehen.
Von Dienstag an verhandelt das Bundesverfassungsgericht mindestens drei
Tage lang über das Verbot der rechtsextremistischen NPD. Der Bundesrat
hat das Verbot bereits 2013 beantragt.
Wann kann eine Partei verboten werden?
Das Grundgesetz erlaubt das Verbot von
Parteien, die darauf abzielen, die "freiheitliche demokratische
Grundordnung" zu beeinträchtigen oder zu beseitigen.
Was wirft der Bundesrat der NPD konkret vor?
Die NPD ziele auf Abschaffung der
parlamentarischen Demokratie durch einen ethnisch-reinen "Volksstaat".
Selbst eingebürgerte Deutsche sollen als Ausländer behandelt werden und
Deutschland verlassen. Die NPD sei antisemitisch und mit der NSDAP des
Dritten Reichs wesensverwandt. In Teilen Deutschlands verbreite die NPD
ein Klima der Angst und gefährde dadurch unmittelbar die Demokratie.
Wie verteidigt sich die NPD?
Bisher hat sie sich inhaltlich noch gar nicht
zum Verbotsantrag geäußert. Sie hat nur die Einstellung des Verfahrens
beantragt, weil sie sich nicht unbeobachtet auf den Prozess vorbereiten
könne. Ihr Anwalt Peter Richter hat allerdings für die Verhandlung
nächste Woche einige "Knaller" angekündigt.
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Wie wird die Verhandlung in Karlsruhe ablaufen?
Zunächst geht es vor dem
Bundesverfassungsgericht um mögliche Verfahrenshindernisse, insbesondere
die Beeinflussung und Ausspähung der NPD durch V-Leute des
Verfassungsschutzes. Dann wird diskutiert, welcher Maßstab für ein
Parteiverbot zeitgemäß ist, ob zum Beispiel eine konkrete Gefahr für die
Demokratie erforderlich ist oder ob eine abstrakte Gefahr genügt.
Abschließend wird geprüft, ob die NPD nach diesem Maßstab zu verbieten
ist.
Hat der Staat die V-Leute in der NPD abgeschaltet?
Die Verfassungsschutzämter haben
Anfang 2012 die Zusammenarbeit mit allen Informanten in den
NPD-Vorständen auf Bundes- und Landesebene beendet. Dies waren elf
Personen. V-Leute ohne Führungsfunktion gibt es aber weiterhin. Der
Bundesrat garantiert, dass im Verbotsantrag keine Äußerungen von
NPD-Funktionären zitiert werden, die nach 2003 als V-Leute beim
Verfassungsschutz unter Vertrag standen.
Werden Zeugen über ihre Erfahrungen mit der NPD befragt?
Das ist nicht geplant. Das Bundesverfassungsgericht hat aber neun
Auskunftspersonen geladen, darunter Experten für Rechtsextremismus, aber
auch ehemalige NPD-Vorsitzende wie Holger Apfel, Udo Voigt und Udo
Pastörs. Apfel, der seit seinem Parteiaustritt eine Kneipe auf Mallorca
führt, soll zum Beispiel sein Konzept der "seriösen Radikalität"
erläutern.
Welche Mehrheit ist für ein Verbot erforderlich?
Laut Gesetz müssen mindestens
sechs der acht Richter des Zweiten Senats für ein Parteiverbot stimmen.
Die Amtszeit von Richter Landau endet allerdings schon Ende April.
Sollte er vor der Abstimmung ausscheiden, müssten sechs von dann noch
sieben Richtern zustimmen. Schon zwei Richter könnten dann also ein
Verbot blockieren.
Wird der Verbotsantrag erfolgreich sein?
Im Moment deutet vieles darauf hin. In einem Vorverfahren haben die
Verfassungsrichter den Verbotsantrag bereits eingehend geprüft. Mit der
Ansetzung der mündlichen Verhandlung erklärten die Richter implizit,
dass der Antrag "hinreichend begründet", also auf dem Papier plausibel,
ist. Offensichtlich will das Gericht als Maßstab für ein Verbot keine
konkrete Gefahr für die Demokratie verlangen.
Kann die NPD gegen ein Verbot Rechtsmittel einlegen?
Die NPD kann gegen ein Verbot den Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte (EGMR) in Straßburg anrufen und hat dies auch bereits
angekündigt. Der EGMR hat schon viele Parteiverbote, insbesondere in der
Türkei, beanstandet, weil keine "dringende gesellschaftliche
Notwendigkeit" hierfür bestand. Nur zwei Parteiverbote hatten bisher in
Straßburg Bestand: das Verbot der baskischen Herri Batasuna 2009, die
sich nicht ausreichend von der baskisch-separatistischen
Terrororganisation ETA distanzierte, und das Verbot der türkischen
Refah-Partei 2003, die für Muslime das islamische Rechtssystem einführen
wollte und zeitweise sogar an der Regierung beteiligt war. Der EGMR
berücksichtigt in seiner Rechtsprechung oft die nationale Vergangenheit
der Staaten. Dies könnte dafür sprechen, dass er das Verbot einer
NS-nahen Partei wie der NPD auch ohne das Bestehen einer unmittelbaren
Gefahr für die Demokratie billigen wird.
Was passiert im Verbotsfall mit den Mandaten der NPD?
Die NPD hat bundesweit rund 360
Mandate in Stadt- und Gemeinderäten, sie sitzt mit fünf Abgeordneten im
Landtag von Mecklenburg-Vorpommern und mit einem Abgeordneten im
Europaparlament. Im Bund und in vielen Bundesländern gibt es Gesetze,
wonach die Mandate im Falle eines Parteiverbots automatisch entzogen
werden. In manchen Ländern, wie Baden-Württemberg, fehlt allerdings eine
derartige Vorschrift für die kommunalen Mandate.