Tillich will Rechtsextremismus in Sachsen mit "starkem Staat" begegnen

Erstveröffentlicht: 
23.02.2016

Stanislaw Tillich (CDU) will auf die erneut rechtsextremen Übergriffe in Sachsen mit einem "starken Staat" reagieren. Das sagte der Ministerpräsident am Dienstagnachmittag auf einer Pressekonferenz in Dresden. Zuvor hatte er in TV-Interviews aber auch mehr gesellschaftliches Engagement gefordert.

 

Leipzig. Fünf Tage nach den weltweit beachteten ausländerfeindlichen Protesten im sächsischen Clausnitz und dem folgenden Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Bautzen hat Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) am Dienstag Stellung zur Lage im Bundesland bezogen. „Alle Demokraten müssen jetzt zusammenstehen, den verbrecherischen Umtrieben in Sachsen – aber nicht nur in Sachsen – entgegenstehen“, sagte der Unionspolitiker auf einer Pressekonferenz in Dresden. Tillich forderte verstärktes gesellschaftliches Engagement, setzt bei der Bekämpfung der rechten Umtriebe aber vor allem auf einen „starken Staat“.

 

Der Ministerpräsident kündigte an, die Maßnahmen zur inneren Sicherheit im Freistaat forcieren zu wollen. Unter anderem sollen die Einsatz- und Fahndungsgruppe gegen Rechtsextremismus aufgestockt, aber auch verstärkt gegen Hetze in sozialen Netzwerken vorgegangenen werden. Die Zahl der Polizeianwärter will Tillich von 400 auf 500 erhöhen. Auch die Justiz werde personell so ausgestattet, dass es zügig zu Verurteilungen kommen könne. „Ich werde es nicht zulassen, dass dieser Freistaat Sachsen durch einige wenige Personen, die sich außerhalb unserer Rechtsordnung stellen, in Misskredit gebracht wird“, so der Unionspolitiker.

 

Bereits am Montagabend war ein sichtlich ratloser und unsicherer sächsischer Ministerpräsident in mehreren TV-Nachrichtenformaten als Interviewpartner zu Gast und reagierte dort auf vehemente Vorwürfe, sein Bundesland habe ein großes Problem mit Rechtsextremismus. „Wir haben bei uns rechtsextremistische Gruppen, die mit ihrem Handeln Menschen in ihrem Leben gefährden. Das ist nicht tolerierbar“, erklärte Tillich beispielsweise in der ZDF-Nachrichtensendung „heute Journal“. Um dieses Problem zu lösen, helfe nur eine sachliche Debatte, die Gewalt ausschließe und in der Mehrheiten letztlich zu akzeptieren seien.

 

Tillich vergleicht aktuelle Situation in Sachsen mit "Stuttgart 21"


Tillich sieht dabei offenbar auch Parallelen zur Diskussion einstmals um das Großbauprojekt „Stuttgart 21“. Auch dort sei es erst unsachlich zugegangen, bis ein Moderator eingeschaltet wurde, so der Ministerpräsident im Fernsehinterview. Auf die Nachfrage von ZDF-Moderator Klaus Kleber, wer denn im Freistaat in der Mehrheit sei, sagte der CDU-Politikers: „Ein Großteil der Menschen in Sachsen steht zur humanistischen Verpflichtung und zum Grundgesetz.“

 

Tillich betonte auch hier, dass Sachsen den Rechtsextremismus nicht exklusiv habe, sondern dass es anderenorts ähnliche Probleme gebe. Die Landesregierung gehe aber bereits seit Jahren mit einer Polizei-Sondereinheit und dem Operativem Abwehrzentrum (OAZ) gegen diese Personengruppen vor. „140 Polizisten stehen den Rechtsextremen hier permanent auf den Füßen“, so Tillich.

 

Zusätzlich sei jedoach auch noch mehr zivilgesellschaftliches Engagement gefragt: „Wir haben eine große Veranstaltung [in Dresden, Anmerkung der Redaktion] organisiert, damit die bürgerliche Gesellschaft das auch aufnimmt. In Leipzig, Chemnitz und in anderen Städten funktioniert das schon gut, in Dresden leider noch nicht“, so Tillich. Auf die Nachfrage von ZDF-Moderator Klaus Kleber, warum der Ministerpräsident am Montagabend nicht bei den Gegendemonstrationen zum erneuten Pegida-Aufmarsch dabei sei, antwortete Tillich mit Verweis auf mehrere Fernsehinterviews am Abend: „Da musste ich am Ende des Tages Prioritäten setzen“.

 

Ähnlich, wie im ZDF-Nachrichtenformat, äußerte sich der sächsische Ministerpräsident auch bei anderen TV-Sendern. Die Demokratie müsse von der gesamten Gesellschaft verteidigt werden. „Nicht allein die Polizei oder die Politik kann das bewältigen“, sagte Tillich auch in den ARD-„Tagesthemen“. Es brauche mehr Zivilcourage, um rechtsradikales Gedankengut einzudämmen. Tillich räumte auch hier ein, dass es in Sachsen ein grundsätzliches Problem mit Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit gebe, dass aber auch viele Demokratieprojekte zur Stärkung der bürgerlichen Gesellschaft gestartet wurden. „Aber wir müssen feststellen, dass alle diese Maßnahmen nicht gereicht haben. Das ist die bittere Wahrheit“, so der sächsische Ministerpräsident im RTL-„Nachtjournal. (mit dpa)