[B][Chb] Zu Ehren von Otto Grüneberg - Erinnern heißt Kämpfen!

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Als Otto Grüneberg vor 85 Jahren von Faschisten ermordet wurde, stand er kurz vor seinem 23ten Geburtstag und wohnte mit seiner Familie in der Charlottenburger Schlossstraße 22.  Otto Grüneberg war Kommunist und als solcher organisiert in der „Roten Jungfront“ und engagiert in der Häuserschutzstaffel. Letztere diente primär der Verteidigung der schon damals durch Verwertungsinteressen bedrohten Mieter_innen vor Zwangsräumungen und ähnlichen Maßnahmen des Staates. Ab etwa 1930 war die Häuserschutzstaffel jedoch gezwungen, sich vermehrt der Verteidigung des Kiezes gegen Angriffe der Sturmabteilung (SA) zu widmen.

 

Seit Ende der 1920er Jahre versuchten die Nationalsozialisten, den Widerstand linker Viertel durch gezielte Ansiedlung faschistischer Infrastruktur zu brechen. Entsprechend hatte sich im September 1930 auch der Charlottenburger SA-Sturm 33 in einer Gaststätte in der Hebbelstraße niedergelassen. Von hier ausgehend begann er, die in dem als „Roter Kiez“ bekannten Gebiet lebende und organisierte Arbeiterschaft zu terrorisieren. Die Angriffe der Nationalsozialisten führten bald zu ersten Toten: Ende Januar 1931 wurde der Kommunist Max Schirmer vor der SA-Gaststätte mit einem Messer attackiert und dabei so schwer verletzt, dass er dem Angriff wenige Tage später erlag. Grüneberg, welcher unweit der SA-Gaststätte wohnte, sollte  als Zeuge gegen die Mörder von Schirmer aussagen. Dem kamen die Faschisten zuvor. Sie lauerten ihm in der Nacht zum 1. Februar in der Schlossstr./Ecke Hebbelstr. auf und schossen ihn an. Schwer verletzt schleppte er sich in die Gaststätte in seinem Wohnhaus und starb wenig später an den Schussverletzungen.

 

Ein würdiges Gedenken an die ermordeten Antifaschist_innen darf die Augen nicht vor Beweggründen und Zielen dieser Menschen verschließen. Otto Grüneberg war Kommunist. Das heißt er kämpfte nicht nur gegen den erstarkenden Faschismus, sondern er glaubte, dass eine freie, an den Bedürfnissen der Menschen orientierte Gesellschaft möglich sei und war bereit, für diese einzustehen. Als Menschen, die sich in dieser Tradition verorten, gilt es uns die Gemeinsamkeiten beider Kämpfe zu analysieren.

Während im rechten Weltbild Ausgrenzung, Autoritarismus und Nationalismus zu mörderischer Höchstkonjunktur reifen, sind diese Prozesse bereits systemimmanenter Bestandteil unserer jetzigen Gesellschaft. Die Konkurrenz beim Verkauf der eigenen Arbeitskraft mit Mitmenschen als anderen Anbietern dieser Ware mündet im grauenerregend rationalen Interesse an der Abwertung des Nächsten und die wahnhafte Fiktion einer nationalen Interessengemeinschaft treibt Individuen zum mörderischen Götzendienst im Kriegseinsatz. Aktives Gedenken an ermordete Antifaschist_innen erschöpft sich daher nicht im Widerstand gegen eine faschistische Überwindung des Bestehenden, sondern beinhaltet auch immer  das Streben nach einer befreiten Gesellschaft.

Auch aktuell wird diese Untrennbarkeit beider Kämpfe wieder sichtbar: Befeuert durch eine von AfD und CSU massiv vorangetriebene Verschiebung des gesellschaftlichen Diskurses, gelangen immer weitere Teile der BRD-Gesellschaft zu menschenfeindlichen Positionen. Auch die sich selbst als antifaschistisch verortenden Parteien verpassen es nicht nur zu häufig, sich klar für eine solidarische Gesellschaft zu positionieren, sondern beginnen den Hetzern und Terroristen verstärkt nach dem Mund zu reden. Da viele ihren Frieden mit Nation und Kapital gemacht haben, wird brutale Abschottungspolitik und antisolidarische Standortmentalität auch in ihrem Weltbild alternativlos. Die Menschenfeindlichkeit tritt im Mantel des Sachzwanges auf und erntet den Applaus der „Vernünftigen“.

Diese Allianz der Dummen mit den Schlechten  zeigt es also sehr deutlich: Das gute Leben für Alle kann es nur jenseits herrschender Verhältnisse geben. Unser entschiedenes Streiten gegen die aus Rassismus und Nationalismus resultierenden Gesetzesverschärfungen zur Flüchtlingsabwehr, sowie gegen die resultierenden Angriffe auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte steht daher nicht nur für sich selbst. Es ist eingegliedert in ein Streben nach einer besseren, einer befreiten Gesellschaft. Wir fordern auf, diesen Kampf um Freiheit und Solidarität gemeinsam anzugehen.

 

Die Idee, dass sich beim antifaschistischen Widerstand auf staatliche Strukturen verlassen werden könnte, wirkt dabei natürlich wie purer Hohn. Dümmlichen Extremismustheorien folgend, versucht eben dieser Staat Antifaschismus zu kriminalisieren, Aktive zu verfolgen und alternative Infrastruktur zu zerschlagen. Dies, während gleichzeitig eine Welle rechten Terrors durch das Land fegt und Menschen erneut im Namen von „Volk und Vaterland“ ermordet werden.  Ermordet in einem Treiben, dem der Staat oft tatenlos zusieht. Die unausgesprochene Doktrin dahinter ist pervers wie folgerichtig: Lieber ein faschistischer Staat als eine befreite Gesellschaft ohne Staat.

 

Für die befreite Gesellschaft!

Antikommunismus überwinden!



Obige Ausführungen entstand als Flyertext für die diesjährige Gedenkkundgebung an Otto Grüneberg am 07.02.2016 um 11 Uhr vor dem Lokal Kastanie, Schlossstraße 22. Zu dieser rufen jedes Jahr, neben Anderen, auch unsere Freunde von der VVN-BdA auf. Wer also nach der wichtigen Demo am Vortag bereits wieder ausgeruht sein wird (und sich nervlich in der Lage fühlt ggf. die Rede eines SPD-Bürgermeisters zu ertragen) ist eingeladen dort gemeinsam linksradikale Präsenz zu zeigen.