Die Stadt Weinheim kündigt einen mit der Partei Alternative für Deutschland (AfD) abgeschlossenen Mietvertrag für das Weinheimer Rolf-Engelbrecht-Haus. Dort wollte die mittlerweile stark in der Kritik stehende Partei am 3. März eine Wahlkampfveranstaltung abhalten, prominent besetzt mit ihrer Bundesvorsitzenden Dr. Frauke Petry.
Die Verwaltung bezieht sich dabei auf einen Beschluss des Gemeinderates Weinheim vom 9. Dezember des vergangenen Jahres, wonach Stadthalle und Rolf-Engelbrecht-Haus für Parteiveranstaltungen nur noch eingeschränkt zur Verfügung stehen. Der AfD-Kreisverband Rhein-Neckar kündigte gestern Abend auf Anfrage mit, gegen die Entscheidung juristisch vorzugehen.
Noch am Nachmittag wandte sich die Partei mit einem offenen Brief an den Gemeinderat und bat um eine „vorurteilsfreie, rationale und faire Bewertung unserer Partei und unseres Kreisverbandes im Besonderen.“ Letzterer war Mieter des Engelbrecht-Hauses, abgeschlossen wurde der Vertrag bereits im vergangenen August. Schon damals sei der Verwaltung bekannt gewesen, dass Dr. Frauke Petry als Rednerin vorgesehen sei.
Doch weder das Datum der Veranstaltung, noch der Name der Gastrednerin wurden von Oberbürgermeister Heiner Bernhard im Vorfeld des Gemeinderatsbeschlusses kommuniziert; erst vor wenigen Tagen bekamen die Stadträte Post mit den entsprechenden Informationen. Warum sich alles verzögerte, kann niemand so recht sagen; unter anderem funktionierte wohl die Kommunikationskette innerhalb des Weinheimer Rathauses nicht.
Die Stadtverwaltung begründet ihr Vorgehen mit der sofortigen Wirksamkeit des Gemeinderatsbeschlusses, der unter dem Eindruck des NPD-Bundesparteitages im vergangenen November gefasst wurde. Damit soll verhindert werden, dass die rechtsextreme Partei im kommenden November ihren mittlerweile vierten Bundesparteitag in Folge im Weinheimer Stadtgebiet abhält. Im Gegensatz zur AfD, die auf einen unterschriebenen Mietvertrag verweisen kann, hat die NPD mögliche Termine bislang nur angefragt.
Laut Gemeinderatsbeschluss müssen Veranstaltungen von Parteien, Wählervereinigungen oder auch -gruppen von deren Gebietsverbänden auf Orts- oder Kreisebene durchgeführt werden und einen konkreten orts- oder kreispolitischen Bezug zur Stadt Weinheim oder den Rhein-Neckar-Kreis haben. Ersteres ist in Sachen AfD der Fall, bei der Veranstaltung selbst handelt es sich aber um einen Beitrag im Landtagswahlkampf. Die Verwaltung folgt damit der Einschätzung von Stadtrat und Anwalt Dr. Michael Lehner, der die Stadt rechtlich vertritt.
Pressesprecherin Claudia Martin vom AfD-Kreisverband Rhein-Neckar stellte gestern in einer ersten Stellungnahme fest, dass man bislang davon ausgegangen sei und auch weiterhin davon ausgehe, dass der Vertrag trotz der zwischenzeitlich durch den Gemeinderat geänderten Nutzungsbedingungen gültig sei. Zumal bis gestern, Stand früher Abend, keinerlei gegenteilige Mitteilung der Stadt Weinheim vorgelegen habe. Sollte die Stadt den Vertrag nun einseitig kündigen, „können dafür nur politische Gründe ausschlaggebend sein. Sollte sich dies bewahrheiten, so verurteilen wir dieses zutiefst undemokratische Vorgehen, gegen das wir selbstverständlich Rechtsmittel einlegen werden.
Die Stadtverwaltung bewertete gestern die Lage neu, nachdem in den vergangenen Tagen verschiedene AfD-Politiker mit ihren Gedanken zu einem möglichen Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge an der deutschen Grenze für Entsetzen sorgten. Außerdem kam es am vergangenen Wochenende bei einer Veranstaltung mit der AfD-Bundesvorsitzenden in Mannheim zu Gegenprotesten, verbunden mit Rangeleien und Tumulten. Dies will man in Weinheim verhindern: Zu präsent sind noch die Bilder vom NPD-Parteitag, bei dem sich am frühen Morgen des ersten Tages gewaltbereite Autonome und Sondereinsatzkräfte der Polizei in der Nordstadt regelrechte Straßenkämpfe lieferten.