Die Bundesanwaltschaft und das Bundesinnenministerium sind gegen eine der größten Neonazi-Plattformen Deutschlands vorgegangen. In diesem Zusammenhang gab es auch eine Polizeiaktion in Sonneberg.
Erfurt - Es ist ein Schlag gegen rechtsextreme Hetze im Netz: Die
Bundesanwaltschaft hat Razzien in mehreren Bundesländern angeordnet, um
dem Verdacht nachzugehen, die Betreiber der Neonazi-Plattform
„Altermedia“ hätten eine kriminelle Vereinigung gebildet. Ausgeführt
wurden die Razzien nach Angaben der Strafverfolgungsbehörde bereits am
Mittwoch von Polizisten des Bundeskriminalamtes. Dabei seien auch eine
47-Jährige sowie ein 27-Jähriger festgenommen worden, die die
Rädelsführer der Vereinigung gewesen sein sollen. Parallel zu den
Razzien verbot das Bundesinnenministerium „Altermedia“. Dort werde zu
Straftaten aufgerufen und der Nationalsozialismus werde dort
gerechtfertigt, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Das sei
mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar.
„Altermedia“ war über mehr als zehn Jahre hinweg eine der zentralen
Plattformen der rechtsextremen Szene in Deutschland. Zuletzt hatte das
Portal allerdings an Relevanz verloren, weil auch mehr und mehr Neonazis
begonnen haben, soziale Netzwerke wie Facebook zu nutzen.
Nach Angaben des Internetportals „Blick nach Rechts“ stammt der
27-Jährige aus St. Georgen im Schwarzwald, die 47-Jährige aus Bielefeld.
Die Macher des Portals gelten als Experten für die rechte Szene in
Deutschland und beobachten sie seit Langem.
Eine der Razzien im Zusammenhang mit den „Altermedia“-Ermittlungen der
Bundesanwaltschaft fand darüber hinaus nach Informationen unserer
Zeitung in Haselbach, einem Ortsteil der Stadt Sonneberg, statt. Dort
wurde eine Immobilie durchsucht, die einer Frau gehört, die auch
Mitglied der Thüringer NPD ist. Gegen sieben Uhr morgens seien dort
mehrere Polizeifahrzeuge mit Bonner Nummernschild vorgefahren, sagten
Augenzeugen unserer Zeitung. In der Region Bonn hat das
Bundeskriminalamt einen seiner Dienstsitze. Anschließend seien
Polizisten in das Haus der Frau gegangen und hätten sich dort bis zum
Mittag aufgehalten, sagten die Augenzeugen. Ob bei dem Einsatz
Gegenstände beschlagnahmt worden sind, ist unklar. Die Frau selbst sei
nicht verhaftet worden, hieß es. Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft
wollte mit Rücksicht auf das laufende Verfahren keine weiteren Details
zu den Ermittlungen oder den Ergebnissen der Razzien nennen.
Die Frau aus Haselbach war auch in der Region schon seit Längerem wegen
ihrer Vernetzung innerhalb der rechten Szene aufgefallen. Ihr Haus soll
sie immer wieder für Veranstaltungen von Rechtsextremen zur Verfügung
gestellt haben. Interessantes Detail in diesem Zusammenhang: Während der
Polizei-Aktion soll nach Augenzeugenberichten der Thüringer
„Gebietsleiter“ der Holocaust-Leugner-Organisation „Europäische Aktion“
zum Haus der Frau gekommen sein. Auch er wohnt inzwischen in der Region.
Nach Angaben der Linke-Landtagsabgeordneten Katharina König soll die
Frau zudem auch in einem anderen, seit 2012 verbotenen
Neonazi-Onlineforum aktiv gewesen sein.
Wie auch die Grünen-Landtagsabgeordnete Madeleine Henfling warnte König
davor, sich von dem Schlag gegen „Altermedia“ allzu große Erfolge im
Kampf gegen rechte Hetze im Internet zu versprechen. „Die
Ersatzstrukturen sind längst in unterschiedlichsten Formen etabliert“,
sagte König.