In den vergangenen Tage wurden in Öhringen mehrere Tausend Infoflyer verteilt, um die Bevölkerung auf die rassistischen Inhalte, der in Öhringen jeden Samstag stattfindenden Kundgebungen und Aufmärsche der Gruppe "Hohenlohe wacht auf", aufmerksam zu machen.
Wir rufen dazu auf sich den wöchentlich stattfindenden Protesten gegen die rassistischen Kundgebungen anzuschließen!
Text des Infoflyers:
Liebe Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Öhringen,
seit der ersten Kundgebung in Öhringen am 10. Oktober 2015 beobachten wir die Teilnehmenden bei „Hohenlohe wacht auf“ und die Internetaktivitäten des sog. „Orga-Teams“. Die selbsternannte Bürgerinitiative „Hohenlohe wacht auf“ war und ist in seinen Flugblättern stets darum bemüht, sich von „Rassismus“ und „Faschismus“ zu distanzieren und seine Ablehnung von „radikalen Gruppierungen“ zu betonen. Wirft man einen Blick auf deren beiden Facebook-Seiten namens „Widerstand Baden-Württemberg“ und „Hohenlohe wacht auf“, so stellt man schnell fest, wie die Veranstaltenden ideologisch ticken.
Vor allem im Laufe der ersten Kundgebungen wurden offen neonazistische Beiträge geteilt. Beispielsweise finden sich Interviews des früheren NPD-Bundespräsidentschaftskandidaten Frank Rennicke sowie des NPD-Landtagsabgeordneten aus Mecklenburg-Vorpommern Udo Pastörs und Statements des Neonazi-Rappers „MaKss Damage“ auf der Propaganda-Seite der Veranstaltenden.
Antisemitismus spielt für die Veranstaltenden in Form von Verschwörungstheorien eine wesentliche Rolle. Dabei bedient „Hohenlohe wacht auf“ antisemitische Codes und Stereotype anstatt von einem „die Welt beherrschenden und raffgierigen Weltjudentum“ zu schwadronieren. Zum Beispiel verbreitet sie in zahlreichen geteilten Beiträgen der sog. „BRD-GmbH Pseudostaat-Regierung“ das antisemitische Weltbild, die jüdische Familie „Rothschild“ würde Merkel und Obama als „Marionetten“ benutzen, um heimlich die Welt zu regieren.
Besonders auffällig ist in diesem Zusammenhang die extrem bürgerlich auftretende Sonnhild Sawallisch, die in ihrer Freizeit gerne Offene Briefe an Merkel und Gauck schreibt und darin vom geplanten Völkermord an der deutschen Bevölkerung faselt. Bei der ersten Kundgebung verteilte sie rassistische Flugblätter und sammelte Unterschriften gegen eine weitere Aufnahme von Geflüchteten in Öhringen. In den vergangenen Wochen hielt sie stets die Eröffnungsrede. Ihre politische Überzeugung ist brandgefährlich, denn sie bewirbt auf ihrem weitestgehend öffentlich zugänglichen Facebook-Profil die zutiefst antisemitischen „Protokolle der Weisen von Zion“ sowie mehrfach Beiträge der antisemitischen „Ludendorffer“, die im Landkreis Schwäbisch Hall seit den 1970er Jahren eine Immobilie für regelmäßige Veranstaltungen besitzt. Das ist kein Wunder: Sonnhild Sawallisch ist Mitglied des „Bund für Gotterkenntnis e.V.“ („Ludendorffer“) und eine Tochter von Gudrun Klink aus Ingelfingen, die seit 2010 Bundesvorsitzende der „Ludendorffer“ ist.
Das anfängliche Verbot von „Hohenlohe wacht auf“, auf der Kundgebung Flyer von politischen Gruppierungen zu verteilen, ist reine Fassade. Ziel ist es offensichtlich, die Unabhängigkeit von Parteien zu demonstrieren. Aber es ist mehrfach beobachtet worden, dass rechte Parteien wie NPD und AfD sowie rechte Initiativen Werbematerial verteilen. Zuletzt wurde offen dazu aufgerufen, die Aktion „Ein Prozent“ von Götz Kubitschek, neu-rechter Autor des Internet-Blogs „Sezession“, und Jürgen Elsässer, Herausgeber des verschwörungstheoretischen Magazins „Compact“, zu unterstützen. Dazu wurde vorne im Zelt Infomaterial ausgelegt.
Die NPD spielt bei den Öhringer Kundgebungen eine bedeutende Rolle, darüber berichteten die Stuttgarter Nachrichten bereits Mitte Oktober: „Mal ist es der NPD-Landtagskandidat Frank Emting aus Eppingen, der in schwarzer Lederjacke in der Menge posiert. Dann der stellvertretende NPD-Landesvorsitzende Matthias Brodbeck aus Heilbronn, der die Parteijugend mitbringt. Feixend stehen kurz geschorene Männer aus dem Umfeld der Jungen Nationaldemokraten neben ihm. Die betätigen sich auch als Kundgebungs-Ordner.“ (11. November 2015) Neben Brodbeck sind regelmäßig mehrere Neonazis aus dem Main-Tauber-Kreis unter den Teilnehmenden, die größtenteils bei den „Jungen Nationaldemokraten Heilbronn-Hohenlohe“ organisiert sind. Die Stuttgarter Nachrichten berichteten diesbezüglich von einem Neonazi, der am 07. November einen Pullover mit der schwarz-weiß-roten Aufschrift „Kameradschaft Main-Tauber“ trug.
Das zwischenzeitliche Verbot der Kundgebungen durch die Stadt Öhringen offenbarte die personelle Nähe des sog. „Orga-Teams“ zur NPD. Denn „Hohenlohe wacht auf“ engagierte in kürzester Zeit den rechten Szene-Anwalt Andreas Wölfel, der in der Rechtsanwaltskanzlei von Steffen Hammer tätig ist. Während Wölfel selbst bereits für die NPD kandidierte, ist Hammer neben seiner beruflichen Tätigkeit als Anwalt auch Sänger der Neonazi-Band „Noie Werte“ aus Stuttgart, die den Soundtrack für das Bekennervideo des terroristischen „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) lieferte.
Wir sind überzeugt: Schweigen ist keine Alternative! Am 07. August 2015 legten zwei 16-Jährige in Neuenstein und Künzelsau drei Brände, wobei in eines der betroffenen Häuser nach Renovierungsarbeiten mehrere Geflüchtete einziehen sollten. In der Nacht des 15. August beschmierten Unbekannte die Öhringer Moschee mit den Worten „Scheiß Islamisten sollen verrecken!“. In derselben Nacht wurde ein Toilettenhäuschen auf einem Parkplatz in der Nähe der Moschee mit derselben Parole besprüht. Am 31. Oktober und am 07. November 2015 sprühten Unbekannte in Neuenstein und Kesselbach mit roter Farbe Hakenkreuze auf Verkehrszeichen. Die genannten Vorfälle der vergangenen Monate geben einen kleinen Einblick in die rassistisch motivierten Straftaten im Hohenlohekreis. Die Menschen, die sich am wöchentlichen Protest der sog. Bürgerinitiative „Hohenlohe wacht auf“ beteiligen, sind die geistigen Brandstifterinnen und Brandstifter solcher Straftaten. Sie erzeugen ein rassistisches Klima, das Angriffe befeuert. Es liegt an uns, der Zivilgesellschaft, die rassistischen Proteste zu stoppen, denn sie sind eine akute Gefahr für Geflüchtete in Öhringen!
Kein Platz für Rassismus in Öhringen!
Wir rufen sie dazu auf, sich den Protesten gegen „Hohenlohe wacht auf“ anzuschließen!
Mit antifaschistischen Grüßen,
Ihr Rechercheteam Hohenlohe