Am 13.01.2016 verschickten wir einen Brief an die Betreiber*Innen der Duisburger Gaststätte "Zum Wicküler", die seit Monaten einer der Haupttreffpunkte von Neonazis und rechten Hooligans vor Pegidademonstrationen war und immer stärker von Rechten frequentiert wurde. Per Einschreiben wurde dieser Brief laut DHL-Sendungsverfolgung dem Empfänger übergeben.
In diesem Schreiben informierten wir die Betreiber*Innen über die ohnehin unübersehbaren Umstände in ihrem Lokal und stellten ihnen drei Forderungen mit einer Frist von zwei Wochen, auf diese zu reagieren. Wie zu erwarten, liegt trotz des Verstreichens der gestellten Frist, bis zum 26.01., keine Stellungnahme seitens des "Wickülers" vor. Zwar kam es dort in diesen zwei Wochen zu keinem erneuten Treffen von Neonazis/HoGeSa, was unser Hauptanliegen erfüllt, jedoch wollen wir trotzdem hiermit einen Schritt in die Öffentlichkeit gehen. Wir sehen daher zuerst von einer weiteren Intervention ab und betonen erneut, dass wir weitere Schritte gehen werden, wenn wir beobachten, dass die Kneipe erneut von Neonazis und Rassist*Innen genutzt wird.
Zur Dokumentation, hier der Brief in voller Länge:
Offener Brief von Duisburger Antifaschist*innen an die Gaststätte Heinrichs “Zum Wicküler” Königstraße 78, 47051 Duisburg, Nordrhein-Westfalen:
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Heinrich van Kempen,
mit Entsetzen beobachten wir nun seit ungefähr einem Jahr wie in Ihrer Gaststätte bekannte Neonazis, rechte Hooligans und andere Rassist*innen verkehren und Ihre Räumlichkeiten mehr oder weniger regelmäßig als Treffpunkt nutzen. Aus diesem Grund wenden wir uns mit diesem Schreiben an Sie, um Ihnen die Gelegenheit zu geben sich zu den Umständen zu positionieren.
Diesem Schreiben ist am Ende ein Foto beigefügt, welches eines der ersten Gruppentreffen von Neonazis aus dem Spektrum der sog. “HoGeSa”(“Hooligans gegen Salafisten”) im Januar 2015 in Ihrer Lokalität dokumentiert. Bei diesem Treffen anwesend; über ein Dutzend organisierte Neonazis und Rassist*innen aus Nordrhein-Westfalen. Darunter die Duisburger ProNRW-Funktionärin Agnes Globisch und ProNRW-Aktivist Christopher Hastermann, Faschisten des “Nationalen Widerstands” (NWDU) wie Sascha Johnson, Detlev Michalek und andere rechte Schläger wie etwa Dominik Perret. Spätestens seit diesem Treffen ist das “Wicküler” immer wieder Anlaufpunkt und Kneipentreff für Nazihooligans und rechte Fußballfans aus dem Fanmilieu des MSV und darüber hinaus. Im Umfeld der Gaststätte häufen sich rechte Propagandaaufkleber und es kommt mehrfach zu Pöbeleien und Bedrohungsszenarien durch die alkoholisierten Neonazis.
Mit Beginn der rassistischen Aufmärsche von PegidaNRW wird das “Wicküler” zusätzlich an vielen Montagen vor dem rechten Aufmarsch zum Treffpunkt für die Szene. Mit teilweise bis zu 60~70 einschlägig erkennbaren Personen sammeln sich die Neonazis der “HoGeSa” in und vor dem “Wicküler”, bringen sich mit Alkohol in Stimmung, singen, grölen und gehen dann geschlossen oder sogar mit Bannern und Fahnen als Demonstrationszug, unter rassistischem und nationalistischem Parolengebrüll zur Pegidakundgebung am Hauptbahnhof.
Dabei kommt es immer wieder zu Bedrohungen, Beleidigungen und immer häufiger auch zu körperlichen Übergriffen. Zuletzt am Montag den 11. Januar 2016, als sich erneut ein stark alkoholisierter Mob von etwa 40-50 rechten Hooligans im Vorfeld der Pegidademonstration am “Wicküler” sammelt und aus der Kneipe heraus Menschen angreift. Schlimmeres konnte durch das massive Polizeiaufgebot verhindert werden.
Diese Szenarien sind erschreckend und skandalös, daher fordern wir Sie hiermit ganz klar auf:
– Distanzieren Sie sich umgehend von rechten Umtrieben in Ihrem Lokal und unterbinden
Sie nachhaltig zukünftige Treffen von Neonazis!
– Beziehen Sie klar Stellung gegen Rassismus, Nationalismus und rechte Gewalt!
– Machen Sie von Ihrem Hausrecht Gebrauch, erteilen Sie Hausverbote an die rechten Hetzer*innen und verweigern Sie ihnen die Bedienung! Wenn nötig mit Hilfe der Polizei.
Wenn Sie auf diese Forderungen nicht reagieren sollten oder diesen Brief ignorieren, müssen wir Ihr Nichthandeln ebenso als Statement werten und sehen uns gezwungen mit dem Anliegen an eine breitere Öffentlichkeit zu treten. Das bedeutet konkret, dass wir die Gaststätte “Zum Wicküler” als Nazitreff öffentlich machen werden, Presseöffentlichkeit nutzen, die Zivilgesellschaft informieren, an Ihre Zulieferer, Nachbar*innen und Gäste appellieren und eine antifaschistische Kampagne gegen Ihre Gaststätte initiieren. Eine Kampagne mit dem klaren Ziel, Nazitreffpunkte und Nazirückzugsorte in Duisburg zu verhindern. Sie gelten dann als Kompliz*innen der Neonazis. Denn so lange Sie nicht reagieren ist es nicht auszuschließen, dass Sie mit Rassist*innen sympathisieren oder selbst zum extrem rechten Lager gehören.
Da wir keinen virtuellen Kontakt zu Ihnen ausfindig machen und herstellen konnten, erfolgt dieses Anschreiben auf dem Postweg. Wir bitten Sie die Rückantwort mit Ihrer Stellungnahme per E-Mail an folgende Adresse zu senden: wickuelernazifrei@yahoo.de
Wenn am Dienstag den 26. Januar 2016 noch keine Stellungnahme vorliegt und es im Rahmen der Pegidademonstrationen am 18.Januar und darüber hinaus erneut zu Ansammlungen von Neonazis an Ihrer Gaststätte kommt, sehen wir uns gezwungen entsprechende Schritte zu gehen.