Bürgerrechtler fordert: "Hört auf, bevor es Tote gibt"

Erstveröffentlicht: 
24.01.2016

Leipzig - Straßenschlachten, Brandanschläge, Überfälle - Leipzig ist in den letzten Wochen zum Schauplatz ausufernder politischer Gewalt geworden.

 

Vier namhafte Bürgerrechtler - allesamt Bundesverdienstkreuzträger - wollen die Spirale der Gewalt stoppen.

In einem dramatischen Aufruf an die Stadtgesellschaft fordern sie: Hört endlich auf mit dem Wahnsinn, bevor es Tote gibt!

Die politischen Ränder sind entfesselt: Nach dem Angriff rechter Chaoten auf den alternativen Stadtteil Connewitz am 11. Januar drohen Linksautonome im Netz bereits mit Vergeltungsschlägen.

 

„Die Spirale der Gewalt hat nicht mehr hinnehmbare Dimensionen erreicht“, sagt Tobias Hollitzer (49), der als Mitbegründer des Leipziger Bürgerkomitees 1989 einer der Protagonisten der friedlichen Revolution war und heute die Stasi-Gedenkstätte „Runde Ecke“ leitet.


Gemeinsam mit dem früheren Chef des Zeitgeschichtlichen Forums, Professor Rainer Eckert (66), Uwe Schwabe (53) vom Archiv Bürgerbewegung e.V. und dem ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Gunter Weißgerber (60) hat Hollitzer einen Appell an die Stadtgesellschaft und ihre Parteien verfasst.

Die vier DDR-Bürgerrechtler fordern darin nicht nur zum Ende des extremistischen Straßenterrors auf, sondern auch eine deutliche Distanzierung der Stadtgesellschaft von jedweder politischen Gewalt.

Eine Ursache der Eskalation sehen die vier in den „Parallelgesellschaften“, die in Leipzig jahrelang von der Politik geduldet wurden. Gemeint ist damit sowohl die linksautonome Szene als auch die um den Fußball etablierte rechte Hooligan-Szene.

 

„Gewalt sowie extremistische und demokratiefeindliche Positionen sind ohne Wenn und Aber zu verurteilen, egal wie sie politisch begründet werden“, heißt es im Appell. Und Hollitzer ergänzt: „Wer in einem bunten Leipzig leben will, muss ein rotes genauso ablehnen wie ein braunes!“

Von der Stadtpolitik erwarten die Bundesverdienstkreuzträger eine deutlichere Distanzierung von demokratiefeindlichen Positionen aller Seiten.

 

Strukturen, Initiativen und Einzelpersonen, die politische Gewalt unterstützten oder die Institutionen des demokratischen Rechtsstaats ablehnten, dürften nicht mehr mit öffentlichen Geldern gefördert werden, heißt es im Aufruf.