Leipzig. Der Grünen-Politiker Jürgen Kasek hat erste Konsequenzen aus den Morddrohungen und wüsten Beschimpfungen der vergangenen Tage gezogen, die ihn massiv auch über die sozialen Netzwerke erreichten. Sein bisheriger Facebook-Account ist nur noch für Freunde zugänglich. Als Politiker legte er eine zweite, öffentliche Seite an, die von ihm und weiteren Personen moderiert wird. „Beleidigungen werden künftig sofort gelöscht.“
Nach der jüngsten Anzeige gegen Pegida-Chef Lutz Bachmann wegen Volksverhetzung erreichte ihn vor allem via Facebook eine Flut an Hass-Nachrichten sowie Drohungen gegen Leib und Leben. Die Verrohung im Ton habe seit einem Jahr zugenommen. „Das Ausmaß, das ich nach dieser Anzeige erlebt habe, ist noch größer geworden. Und die Aufforderungen zur Gewalt werden immer expliziter“, begründet Kasek den Schritt.
Hasskommentare und rüde Beleidigungen würden häufig sogar unter dem Klarnamen der Nutzer gepostet. Noch in dieser Woche will der Anwalt Anzeige gegen verschiedene Absender erstatten. Die Drohungen gehen mittlerweile auch an Familie und Freunden nicht spurlos vorüber. Mit einem Sicherheitsberater werde er außerdem über weitere Maßnahmen zum Schutz nachdenken, „und wie man mit derlei Situationen am besten umgeht“. Sein Engagement gegen Rechts werde er dennoch nicht aufgeben.
Am Montag hatte die Hass-Welle einen neuen Höhepunkt erreicht. Via Twitter ging an Kasek und die Linken-Politikerin Juliane Nagel adressiert die Nachricht: „Schlaft ihr heute zu Hause? Jeder bekommt das, was er verdient #le1011 #dieRechte.“ Als Absender firmierte die „BI Gohlis sagt Nein“. Der Twitter-Account existiere nicht mehr, die Nachricht sei aber gesichert, so Kasek.
Die SPD-Stadträtin und Landesvorsitzende der sächsischen Jusos, Katharine Schenk, hat ähnliche Erfahrungen gemacht: Wegen zahlreicher Beschimpfungen, Unterstellungen und Beleidigungen löschte sie jetzt ihre Handynummer auf ihrer Internet-Seite. „Ich hatte die Nummer im Impressum angegeben, um besser für interessierte Bürger erreichbar zu sein“, berichtet sie. „Außerdem bin ich sehr für Transparenz. Aber die Pöbeleien auf der Mailbox waren mir dann doch zu viel. Ich will auch nicht ständig Sinnlos-Diskussionen über persönliche Dinge führen, die mir vorgeworfen werden und die nichts mit der Realität zu tun haben.“ Auch in der Post, die sie über die Stadtratsfraktion erreiche, finde sie ab und an persönliche Beleidigungen. „Manche Briefeschreiber investieren dafür sehr viel Zeit“, sagt Schenk. lyn/A.T.
CDU: „Schlag unter die Gürtellinie“
Mit Empörung hat die Leipziger CDU auf einen Tweet des Grünen-Kreisverbandes zu den rechtsradikalen Ausschreitungen in Connewitz reagiert. „Dieser Schlag unter die politische Gürtellinie ist respektlos und unanständig gegenüber einer demokratischen Partei“, erklärte Parteisprecher und Stadtrat Michael Weickert. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter hatte der Grünen-Verband die Leipziger CDU als „Hofbereiter von Neonazis“, die in Connewitz randaliert haben, bezeichnet.
Weickert sagte, die CDU verurteile die Gewaltausschreitungen in Connewitz, „die diesmal von rechts außen kamen und ein beängstigendes Ausmaß angenommen hatten“. Die Union lasse sich von niemandem in der Stadt in die rechtsextreme Ecke drängen und müsse sich auch nicht belehren lassen. Weickert: „Insbesondere die Grünen sollten vorsichtig sein, ehe sie den moralischen Zeigefinger heben. Sie sollten sich selbst hinterfragen, welche Vereine, Projekte und Institutionen sie in den vergangenen Jahren stark gemacht haben und wie sie mit solchen Äußerungen die Lage weiter eskalieren lassen.“ K. S.