Skandal bei Versteigerung - „KZ“ im Rittergut Sahlis: Gläubiger will Käufer-Absichten prüfen lassen

Erstveröffentlicht: 
21.01.2016

Die Ankündigung der Höchstbietenden für das Rittergut Sahlis, auf dem Gelände ein „Konzentrationslager“ errichten zu wollen, haben ein Nachspiel. Der Gläubiger der versteigerten Immobilie will nun erst die tatsächlichen Absichten prüfen lassen, ehe es zum Zuschlag kommt.

 

Leipzig.  Nach skandalösen Äußerungen bei der Versteigerung des Ritterguts Sahlis am Mittwoch in Leipzig sollen die tatsächlichen Absichten des neuen Besitzers erst geprüft werden, bevor ein endgültiger Zuschlag erfolgt. Das erklärte Peter Hiensch, technischer Direktor beim Abwasserzweckverband Wyhratal (AZV), am Donnerstag gegenüber LVZ.de. Das Unternehmen hatte das bisher von Neonazi Karl-Heinz Hoffmann genutzte Objekt nach dessen horrenden Schulden zur Versteigerung gebracht. Eine Vertreterin des anonymen Höchstbietenden erklärte im Anschluss an die Auktion allerdings, der Käufer plane ein „Konzentrationslager“ auf dem Gelände.

 

Die Empörung über die Äußerungen schwappte am Mittwoch auch bis zum Abwasserzweckverband. Dort sind unter anderem Menschen mit politischer Verantwortung aktiv, so der Technische Direktor: „Als Geschäftsleitung darf ich ja eigentlich nicht auf das Geld verzichten, aber in unserem Verwaltungsrat sitzen eben auch Bürgermeister, Stadträte und andere politische Vertreter. Und die wollen ja schließlich vielleicht auch wiedergewählt werden“, sagte Hiensch. Die am Mittwoch bei der Auktion vereinbarte Aussetzung des Zuschlags bis zum kommenden Mittwoch kommt dabei zupass. In der Zwischenzeit will das Unternehmen aber auch die Bonität des neuen Käufers überprüfen lassen, um eine langfristige Zusammenarbeit sicherstellen zu können.

 

Insgesamt 160.000 Euro hatte die Bevollmächtigte des Käufers, der angeblich aus Hessen kommen soll, am Mittwoch für das Gebäudeensemble geboten und damit auch den letzten von mehreren Mitbietern ausgestochen. Begonnen hatte die Auktion bei einem Euro, der nun zu zahlende Betrag ist laut Prozessbeobachtern eigentlich zu hoch. „Wir wären mit der Summe natürlich zufrieden. Ursprünglich hatte wir auf 120.000 bis 130.000 Euro gehofft“, sagte AZV-Direktor Hiensch. Damit wären die gut 100.000 Euro Schulden des Vorbesitzers und der angefallenen Kosten bis zur Versteigerung in etwa gedeckt gewesen. Trotz des möglichen zusätzlichen Gewinns, hätte sich Hiensch aber einen ganz anderen Käufer gewünscht. „Es wäre gut gewesen, wenn sich der Freistaat hier engagiert hätte. Dann wäre die Versteigerung gar nicht nötig gewesen“, sagte der AZV-Direktor.

 

Das etwa 60.000 Quadratmeter große Gelände gehörte in den vergangenen zehn Jahren dem Neonazi Karl-Heinz Hoffmann, Gründer der inzwischen verbotenen Wehrsportgruppe Hoffmann – einer Art paramilitärischen Einheit von Rechtsextremen. Um das Rittergut finanzieren zu können, hatte Hoffmann unter anderem die „Fiduziarische Kulturstiftung Schloss Sahlis“ gegründet und damit 130.000 Euro Fördergelder von der Landesverwaltung bezogen. In den letzten Jahren häuften sich allerdings die Verbindlichkeiten, der Abwasserzweckverband brachte das Objekt dann zur Zwangsversteigerung.

 

Vorbesitzer Hoffmann soll das Rittergut ursprünglich auch gekauft haben, weil hier zwischenzeitlich Dichter Börries von Münchhausen gelebt hatte. Der Schriftsteller gehörte zu den Lieblingsautoren von Adolf Hitler, war Teil der sogenannten Gottbegnadeten-Liste der Nationalsozialisten und veröffentlichte in den 1930er Jahren mehrere antisemitische Schriften. Darin wetterte er unter anderem auch gegen Zeitgenossen, wie Gottfried Benn, unterstellte ihnen jüdische Abstammung. 1933 hatte Börries von Münchhausen ein „Gelöbnis treuester Gefolgschaft“ für Hitler unterzeichnet. 1945 erhängte sich von Münchhausen.

 

Von Matthias Puppe