Untersuchung zum "Schwarzen Donnerstag" in Stuttgart: Ausschuss endet im Streit

Erstveröffentlicht: 
20.01.2016

Der Untersuchungsausschuss Schlossgarten II des Landtags hat am Mittwoch mit einem Streit geendet. Die Obleute waren sich uneinig über den politischen Hintergrund des harten Polizeieinsatzes am "Schwarzen Donnerstag".

 

Nach 26 Monaten Ausschussarbeit halten SPD und Grüne es für belegt, dass der damalige CDU-Regierungschef Stefan Mappus Einfluss auf den Einsatz am 30. September 2010 genommen hat. Die Polizei sei förmlich in den Einsatz hineingetrieben worden, sagte Grünen-Obmann Uli Sckerl am Mittwoch in Stuttgart. Dafür habe es klare Indizien und Hinweise gegeben. Grüne und SPD stützen sich bei dieser Einschätzung vor allem auf eine E-Mail der damaligen Umweltministerin Tanja Göner (CDU) an Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU). "Ziel ist, dass bis zu deiner Regierungserklärung alles mit den Bäumen erledigt ist", heißt es darin. Grün-Rot sieht dadurch einen Zusammenhang zwischen der Planung des Polizeieinsatzes und einer Regierungserklärung.

 

Opposition gespalten in der Frage zum politischen Einfluss

Die Oppositionsfraktionen sehen dies anders - sie verweisen darauf, dass alle Zeugen aus den Reihen der Polizei versichert hätten, bei der Einsatzplanung sei es nur nach rein polizeilichen Kriterien zugegangen. Allerdings hat der FDP-Obmann Timm Kern eingeräumt, dass es beim Polizeieinsatz zum Abriss des Nordflügels des Stuttgarter Hauptbahnhofes möglicherweise den Versuch eines Einflusses durch den damaligen Ministerpräsidenten Mappus gegeben haben könnte. Deshalb hätten CDU und FDP auch verschiedene Bewertungen vorgelegt.

 

"Es ist leichter, aus einem Gulasch die Augenfarbe des Ochsens zu erkennen als unter 350 Aktenordnern mit Tausenden von Seiten auf ein Verschulden der Landesregierung zu kommen", sagte CDU-Obmann Reinhard Löffler. Er wirft den grün-roten Regierungsfraktionen vor, den Ausschuss nur dafür genutzt zu haben, die oppositionelle CDU noch einmal vor den Pranger zu stellen. Kern stimmte Löffler zu: Grüne und SPD wollten mit dem Thema - wie schon im Jahr 2011 - Wahlkampf machen. Sie hätten im Ausschuss Anträge der Opposition aus rein politischen Motiven abgelehnt.

 

Sckerl fordert von CDU eine Entschuldigung

Das Verwaltungsgericht Stuttgart stufte im November 2015 den Polizeieinsatz am "Schwarzen Donnerstag" als rechtswidrig ein. Grünen-Obmann Sckerl kritisierte, dass sich die CDU - anders als Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) - nicht bei den Demonstranten für den Einsatz entschuldigt habe.

SPD-Obmann Sascha Binder warf der CDU vor, sich bis heute nicht von ihrem früheren Regierungschef Mappus losgesagt und kein Interesse an einer Aufarbeitung damaliger Vorgänge zu haben. "Es liegt in der DNA der CDU, so zu reagieren, wie sie reagiert hat", so Binder. "Insofern kann man es nicht mehr mit Personen verbinden. Es ist diese CDU im Land, die nicht bereit war, ihre Fehler zuzugeben und ihre Fehler aufzuarbeiten."

Am 18. Februar wird der Landtag das Ergebnis des Untersuchungsausschusses Schlossgarten II debattieren.

 

"Schwarzer Donnerstag": Am 30. September 2010 kam es bei einer Demonstration gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 zu einem massiven Polizeieinsatz. Nach Angaben des Innenministeriums wurden mehr als 160 Menschen, nach Auskunft der S21-Gegner mehr als 400 Menschen durch Wasserwerfer, Pfefferspray und Schlagstöcke verletzt, als sie gegen den umstrittenen Tiefbahnhof auf die Straße gegangen waren. Der Tag ging als "Schwarzer Donnerstag" in die Geschichte des Landes ein.