Sachsen - Lange Zeit war es relativ ruhig um Sachsens Fußball-Hooligans. Bis Montag! Da tauchten mehrere hundert dieser Schläger während einer zeitgleich in der Innenstadt stattfindenden Legida-Demo im Leipziger Szene-Stadtteil Connewitz auf.
Innerhalb von Minuten war ein ganzer Straßenzug verwüstet, mehrere Geschäfte wurden zerstört (MOPO24 berichtete). Die Frage stellt sich: Wie tickt die Szene derzeit und sind es tatsächlich nur Rechtsextremisten, die sich Schlägereien im Fanumfeld liefern? Ein Überblick!
280 Personen - so viele Fußballrowdies rechnet die Polizei sachsenweit der „Kategorie C“ zu. Kategorie C - das sind die Vereinsanhänger, die die Gewalt regelrecht suchen und forcieren.
Dazu kommen nocheinmal 1270 gewaltbereite Anhänger, die Schlägereien vielleicht nicht unbedingt aktiv suchen, einer Prügelei aber auch nicht ausweichen. Sie werden von der Polizei als „Kategorie B“ geführt.
Ein Teil der Szene, etwa ein Fünftel, ist zudem als rechtsextrem bekannt: 19 Prozent der Straftäter im Bereich Sport rechnet das Sächsische Innenministerium derzeit dem rechtsextremen Spektrum zu.
Tendenz steigend! Zum Vergleich: In der Saison 2012/13 waren es „nur“ 13 Prozent.
Dabei bleibt Dresden innerhalb Sachsens die Hauptstadt der Hooligans: Ende 2015 gehörte mit 135 Schlägern der Kategorie C fast die Hälfte aller besonders harten Sachsen-Hools zum Anhang von Dynamo.
500 „Schwarz-Gelbe“ zählt die Polizei darüber hinaus zur Kategorie B. Wegen rechtsextremer Einstellung beobachtet hier der Verfassungsschutz Mitglieder der ehemaligen Gruppierung „Faust des Ostens“ (200 Personen).
Mit großem Abstand folgt als Sorgenkind der Behörden der 1. FC Lokomotive Leipzig: Dessen „Kategorie C“-Fananteil beläuft sich auf 60 Hooligans; bis zu 200 Anhänger gelten als gewaltbereit.
Die Polizei rechnet große Teile der Connewitz-Randalierer vom vergangenen Montag genau dieser Lok-Szene zu. Unterstützt wurden die Hools dabei von befreundeten Schlägern aus Halle (ehemalige „Brigade Halle/Saale“).
Der Gruppe „Scenario Lok“ war sogar der Verfassungsschutz auf der Schliche, bis sich der Trupp 2014 auflöste. Der Konkurrent von Lok Leipzig, der BSG Chemie, hat noch einmal 20 harte Hools und 80 Teilzeit-Schläger.
Massenmäßig kommt an dritter Stelle der traurigen „Hooligan-Hitparade“ der FC Erzgebirge Aue: 180 gewaltbereite und 30 gewaltsuchende Fans sind sich im Erzgebirge nicht zu hart für lila Trikots.
Ebenso viele harte Hools hat auch der Chemnitzer FC, der allerdings „nur“ 80 gewaltbereite Anhänger hat.
Jedoch: In der Szene gelten die Chemnitzer als schlagkräftiger.
Sie verdroschen bei einer ausgemachten Schlägerei zum Beispiel die „Hooligans Elbflorenz“ ordentlich.
Kleinere Hooligan-Szenen gibt es darüber hinaus in Zwickau, Plauen, Bautzen und Auerbach.
Insgesamt ist das Potenzial der Kategorie C recht konstant geblieben, allerdings verschieben sich die Schwerpunkte: Während die Hooligans fast überall weniger werden, hat sich der Hool-Block von Dynamo Dresden seit der Saison 2012/13 nahezu verdoppelt.
So politisch ist die Szene
Dresden: Mitglieder der
inzwischen verbotenen Truppe „Hooligans Elbflorenz“ hatten sich 2008
nach dem EM-Halbfinale gegen die Türkei an Angriffen auf vier Dresdner
Döner-Läden beteiligt. Inzwischen wurde die rechte Gruppierung als
„kriminelle Vereinigung“ entlarvt und aufgelöst. Auch die Gruppierung
„Faust des Ostens“ galt es rechts. Sie gibt es in dieser Form nicht
mehr.
Leipzig: Vor allem rund um den 1. FC Lok
Leipzig tummeln sich rechtsoffene Hooligans. Gruppieren wie „Scenario
Lok“ wurden verboten, nachdem sie offensichtlichst Ordner für
Legida-Demos abstellten. Befreundet sind die Lok-Hools mit
Gleichgesinnten aus Halle. Links orientierte Hooligans findet man
hingegen bei Chemie Leipzig. Rund um die Hauptgruppierung „Diablos“ gibt
es sehr enge Kontakte zur Antifa und zum „Schwarzen Block“. Bei
Chemie-Spielen kommt es immer wieder zu politisch motivierten
Zwischenfällen - von beiden Seiten.
Chemnitz: Die jahrelang bundesweit gefürchtete
Gruppierung „HooNaRa“ (Hooligans-Nationalisten-Rassisten) tritt quasi
nicht mehr in Erscheinung. Die aktive Generation begrenzt sich fast nur
noch auf sogenannte „Wald- und Wiesen-Matches“, taucht mittlerweile kaum
noch politisch motiviert auf. Für größere Duelle mit teilweise
internationalen Gesinnungsgenossen schließen die sächsischen Hooligans
auch mal Kampf-Bündnisse, die im normalen Fußball-Alltag nicht denkbar
wären (z.Bsp. Chemnitz/Dresden bzw. Chemnitz/Aue). Ehemals im Fokus
stehende Gruppierungen wie „New Society“ (sind seit 2006 beim CFC
verboten) sind auch im Umfeld kaum noch zu sehen.
Zwickau:
Während hier die Ultragruppierung „RedKaos“ einen eher
linksorientierten Stil lebt, sind im Nachbarblock die Mitglieder des
„A-Blocks“ zuhause. Der „A-Block“ wurde immer wieder mit rechten Kreisen
in Verbindung gebracht, gilt als „kämpferisch“.
Plauen:
In den Oberliga-Jahren des VFC Plauen tummelten sich oftmals Mitglieder
des „Jungsturms Plauen“ im Stadion. Während sie heute nicht mehr beim
Fußball zu sehen sind, tauchten sie in den letzten Jahren immer wieder
federführend in der nationalen Bewegung „Der dritte Weg“ sowie in der
Plauener Türsteherszene auf.
Daher stammt der Begriff
Das Wort „Hooligan“ war ursprünglich ein irischer Familienname. Warum man ab Beginn des 20. Jahrhunderts besonders rauflustige Burschen als Hooligans bezeichnet, ist nicht sicher überliefert. Im Zusammenhang mit Fußballfans wird der Begriff seit den Siebzigern in England und etwa zehn Jahre später auch in Deutschland benutzt. Seit 1991 steht das Wort sogar im Duden.