Ausbau von Unterkünften geht weiter

Erstveröffentlicht: 
09.01.2016
Stadt konnte 2015 ihre Verpflichtungen erfüllen / Anders als in Erstaufnahmeeinrichtungen gibt es aber kaum freien Betten
VON MATHIAS ORBECK

 

Zum Jahreswechsel lebten exakt 5376 Menschen in Leipzig, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. „Ich bin froh, dass es gelungen ist, die Geflüchteten anständig unterzubringen“, sagt Leipzigs Sozialbürgermeister Thomas Fabian (SPD). Allerdings hat die Stadt dabei durchaus ein wenig Glück gehabt. Aus den Erstaufnahme-Einrichtungen des Freistaates, in denen die Flüchtlinge zunächst registriert werden und ihren Asylantrag stellen müssen, sind ihr weniger Menschen zur Unterbringung zugewiesen worden als zunächst angekündigt. „Deshalb sind wir nicht in eine so große Not geraten“, erläutert Martina Kador-Probst, die Leiterin des kommunalen Sozialamtes.

 

So wurden kurz vor Weihnachten Leichtbautraglufthallen am Deutschen Platz regelrecht aus dem Boden gestampft. In der kleinen Zeltstadt wohnen bis zu 400 Menschen. Damit konnte die Stadt ihre Verpflichtungen für 2015 erfüllen. „Heizung, Zusammenleben, Personal – das alles funktioniert wie in anderen Einrichtungen auch.“ Klar sei aber, dass dies nur eine Übergangslösung sein könne.

 

Während in den Erstaufnahmehäusern des Freistaates aufgrund des nachlassenden Flüchtlingsstromes Betten frei sind (die LVZ berichtete), trifft dies auf jene der Stadt nicht zu. Die sind in der Regel zu 99 Prozent belegt. Bleibt eine Liege frei, hat das damit zu tun, dass Einzelpersonen nicht bei einer Familie einquartiert werden.

 

Gibt es nun eine Entspannung? „Wir sind nicht sicher, wie sich alles entwickelt. Deshalb bereiten wir bereits zwei Notvarianten für Ende Januar/Februar vor, darunter in einem ehemaligen Baumarkt“, so die Sozialamtsleiterin. Die Verwaltung geht erst einmal davon aus, dass der Zustrom in diesem Jahr anhält. Bis 2017 sollen daher noch einmal 4789 Plätze zusätzlich entstehen. Darunter auch eine weitere Zeltstadt auf dem Areal Theklaer Straße/Zschopauer Straße. Fabian: „Wir sind dabei, dauerhafte Unterkünfte vorzubereiten. So laufen in diesem Jahr beispielsweise die Planungen für die Häuser auf dem Stadtwerke-Gelände in der Arno-Nitzsche-Straße.“ Weitere Projekte sind unter anderem ein Interim in den ehemaligen Schulhäusern Hainbuchenstraße 13 (174 Plätze) sowie Karl-Heine-Straße 22 b (200 Plätze), Betten im ehemaligen Gästehaus Weißdornstraße 102 (207 Plätze), im Wohnhaus Bernhardstraße 21 (60) sowie im Verwaltungsgebäude Friesenstraße 8 (210). Bis zum 15. April muss im Übrigen das frühere Interpelz-Hochhaus am Brühl geräumt sein. „Wir gehen davon aus, dass bis dahin neue Standorte wie das ehemalige Altenpflegeheim Waldstraße und das Containerdorf An den Tierkliniken fertig sind“, so Kador-Probst. Bislang habe die Unterbringung funktioniert. „Auch dank der Freien Träger, die bei der Betreuung eine Superarbeit machen.“ Derzeit erbringen rund zehn Träger – darunter das Deutsche Rote Kreuz, der Flüchtlingsrat Leipzig, Johanniter und Caritas sowie der Verein Pandechaion – Leistungen für Flüchtlinge, die in Gemeinschaftsunterkünften sowie dezentral leben. In größeren Häusern betreut ein Sozialarbeiter50 Asylbewerber, in kleineren 40. Etwa36 Prozent aller Menschen wohnen in einer eigenen Wohnung außerhalb einer Gemeinschaftsunterkunft.

 

Exakt 410 unbegleitete minderjährige Asylsuchende (Stand 31. Dezember 2015) werden durch das Jugendamt und Freie Träger betreut. „Die Situation hat sich ein wenig eingespielt“, sagt Amtsleiter Nicolas Tsapos. Seit 1. November 2015 gilt mit dem Königsteiner Schlüssel ein Verteilungsverfahren. Demnach werde sich die Leipziger Zielgröße auf 400 bis 450 unbegleitete Minderjährige einspielen. Für sie werden gemeinsam mit Freien Trägern weitere Unterkünfte gebaut, Pflegefamilien oder geeignete Personen zur Betreuung gesucht. Das können auch Menschen sein, die ihnen auf der Flucht begegnet sind.


 

Erneut fremdenfeindliche Graffiti

VON MPU

Leipzig. Unbekannte haben in der Nacht zum Freitag zwei rechtsradikale Graffiti im Umfeld der Ernst-Grube-Halle hinterlassen. In den Schriftzügen, die an Gebäuden des Sportcampus an der Jahnallee unweit des Eingangs zur Flüchtlingserstaufnahmestelle gesprüht wurden, heißt es unter anderen: „Fuck Refugees – Verbrennt Sie!!!“

 

„Wir haben die Schmierereien sofort zur Anzeige gebracht und entfernen lassen“, sagte gestern Jana Klein, Sprecherin der Landesdirektion. Nach Angaben der Polizei hat die Kripo inzwischen die Ermittlungen aufgenommen. Ein Aufstocken des Sicherheitspersonals in der Grube-Halle sei indes nicht geplant, so Klein. „Aufgrund der Einschätzung der Polizei, die keine zusätzliche Bestreifung durchführen wird, bleibt es auch bei uns bei den vorhandenen Sicherheitskräften.“ Die Kollegen seien ohnehin angehalten, das Umfeld der Einrichtung im Auge zu behalten.

 

Erst kürzlich hatten Unbekannte mit einem Graffito auch Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) bedroht, schmierten einen Galgen auf Baucontainer vor der Asylunterkunft am Brühl und schrieben „OB Jung wir kriegen dich“. Wenige Tage später waren an der Baustelle zur Erstaufnahme in der Braunstraße rechtsradikale Symbole und der Satz „Refugees not welcome“ zu lesen.

 

In der Grube-Halle sind seit Spätsommer 2015 hunderte Flüchtlinge untergebracht. Aktuell ist noch gut ein Viertel der insgesamt 420 Betten belegt. mpu