Messerattacke auf Linkenpolitiker in Wismar

Erstveröffentlicht: 
06.01.2016

Linkspartei: Offenbar Rechtsradikale stechen dutzendfach auf Schweriner Politiker ein / Opfer glücklicherweise nicht lebensgefährlich verletzt / LINKE: Rassistische Initativen schüren Hass-Klima

 

Berlin. In Wismar ist ein Messerangriff auf den Linkenpolitiker Julian K. verübt worden. Wie es in einer Mitteilung der Partei heißt, schlugen am Montagabend drei Täter das Kreisvorstandsmitglied der Schweriner Linken »nieder und stachen, nach Aussage der behandelnden Ärzte, mit einem Messer etwa 17 mal auf ihr Opfer ein«. Der Mann sei dabei als »schwule Kommunistensau« beschimpft worden. Bei der Linkspartei in Schwerin hieß es, der Angriff sei bereits vorgestern erfolgt. Bis jetzt gibt es zum Tatgeschehen selbst nur die Darstellung des Opfers. Politiker der Partei, darunter Fraktionschef Dietmar Bartsch, verurteilten die Tat auf das Schärfste und erklärten, die Linke werde »in ihrem Kampf gegen rechtsextremes Gedankengut nicht nachlassen«.

 

Eine Polizeisprecherin bestätigte gegenüber den »nd«, dass die Attacke angezeigt wurde. Bis zum Morgen hätte es aber keinen persönlichen Kontakt mit K. gegeben. Die Sprecherin erklärte, dass die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern »mit Hochdruck« ermitteln würde. Neben der Kriminalpolizei in Schwerin und Rostock sei auch der Staatsschutz Ansprechpartner. Problematisch für die Polizei sei aber, dass Anzeige erst am Dienstag online erstattet wurde, was die Sprecherin als »unüblich« bezeichnete. Dies würde die Suche nach Tätern und Zeugen sowie die Ermittlungen erschweren. Dass die Anzeige möglicherweise frühere eingegangen sein könnte, schloss die Sprecherin aus, da die Internetwache analog zum telefonischen Notruf 24 Stunden besetzt und der Anzeigeneingang permanent kontrolliert werde. Der Fall habe eine »hohe Priorität.« Bis zum Mittwochnachmittag hatte die Polizei K. nicht erreicht, sie ruft aber Zeugen auf, die am Montag gegen 17 Uhr am Wismarer Bahnhof etwas beobachtet haben, sich bei der Polizei zu melden.

 

Julian K. schrieb auf auf seiner Facebook-Seite: »Wie es aussieht habe ich noch einmal Glück gehabt es wurden keine Sehnen oder ähnliches verletzt. Es blieb bei Fleischwunden und leichten Prellungen.« Auch der Schweriner LINKE-Kreisvorsitzende Peter Brill sagte gegenüber »nd«, dass es Julian K. soweit gut gehe – die Stiche gingen vor allem in den Brust- und Armbereich, mit dem K. die Attacke abwehrte. Bei so einer Attacke mit 17 Stichen »wird der Tod billigend in Kauf genommen«, so Brill. In Wismar gibt es nach seiner Aussage eine starke rechtsextreme Szene.

 

Renner: Angriff steht in einer Reihe – Rassitische Initativen schüren Hass-Klima

 

Auch Martina Renner, LINKE-Mitglied im Innenausschuss sowie Sprecherin für antifaschistische Politik der Bundestagsfraktion, verweist auf die Tatsache, dass die Messerattacke in einer Reihe mit anderen Angriffen dieser Art in Wismarstehe. »In der Nacht auf den ersten November letzten Jahres griffen vermummte Neonazis zwei junge Männer aus Syrien vor Ihrer Unterkunft mit Baseballschlägern an, wenige Wochen zuvor zogen einige hundert RassistInnen durch Wismar und bedrohten Linke und JournalistInnen. Nach dem Aufmarsch griffen Teilnehmer zwei Flüchtlinge an«, schreibt Renner auf ihrer Website. Rassistische Initiativen wie »Wismar wehrt sich« würden ein solches Klima schüren, au den Facebook-Seiten solcher Gruppen würden sich die Anhänger gegenseitig aufpeitschen.

 

Phillip Bock, Sprecher für Antifaschismus im Landesvorstand der LINKE im Nordosten, sieht in der Tat eine »völlig neue Dimension« der neonazistischen Gewalt. »Es ist schockierend, dass mittlerweile von neonazistischer Seite nicht einmal mehr Mord als Methode ausgeschlossen wird, um die eigenen Gegner mundtot zu machen.«

 

Das Opfer des offenbar rechtsradikalen Mordanschlags, der auch Sprecher der sozialistischen Jugend solid ist, sagte nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus, »wir dürfen auf solche Attacken nicht mit Radikalisierung antworten. Unsere Antwort auf Hass muss Liebe, auf Dummheit Vernunft und auf Gewalt Solidarität sein. Somit ist Hass hier fehl am Platz. Lasst uns dieses Ereignis zum Anlass nehmen, solchen Ideologien durch mehr Menschlichkeit vorzubeugen. Nach meiner hoffentlich baldigen Gesundung werde ich dabei verstärkt mitwirken.«

 

Bartsch und Brill sagten, »gegenüber rechtsradikalem Gedankengut und Gewalt darf es in unserer Gesellschaft keine Toleranz geben. Jedem muss klar sein, wer der NPD oder anderen rechtsextremen Parteien auf Demonstrationen hinterher läuft, begünstigt als geistiger Brandstifter solche verabscheuungswürdigen Gewalttaten.« Auch die Mitglieder der Linksfraktion in Mecklenburg-Vorpommern verurteilten den Angriff: »Unsere Solidarität und Genesungswünsche gelten Julian. Wir teilen seine Auffassung, dass auf Hass Liebe, auf Dummheit Vernunft und auf Gewalt Solidarität unsere Antworten sein müssen. Wir werden rechtsextremistischer Gewalt nicht weichen!«, erklärte der Fraktionsvorsitzende Helmut Holter am Rande der Winterklausur der Linksfraktion. Auch die Parteivorsitzende Katja Kipping zeigte sich schockiert von dem Angriff.