Leipzig. Eine Mehrheit der Deutschen folgt dem Credo der Kanzlerin in der Flüchtlingskrise: „Wir schaffen das!“. Die meisten binden diese Zuversicht allerdings an die Voraussetzung, dass der Zustrom in irgendeiner Form geregelt wird – durch eine Verteilung der Flüchtenden in Europa oder durch Obergrenzen. Als Handlungsmaxime pur wird der Satz, mit dem Angela Merkel (CDU) seit Ende August immer wieder Mut machen will, bundesweit nur von jedem Vierten akzeptiert. Im Osten, wo Skepsis und Ressentiments größer sind als im Westen, stimmt nur jeder Fünfte dem Slogan „Wir schaffen das“ völlig uneingeschränkt zu.
Ein knappes Drittel vertritt die Gegenposition und sagt: „Wir schaffen das nicht, die Aufgabe überfordert uns.“
Die größte Gruppe aber sind jene, die der Ansicht sind, es ist zu schaffen, doch nur unter bestimmten Bedingungen. Der kleinere Teil davon hält Obergrenzen für Flüchtlinge für geboten, darunter 13 Prozent im Westen und 22 Prozent im Osten. Mit 37 Prozent sehen bundesweit die meisten eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge in Europa als notwendig an. „Hier wird es entscheidend sein, ob eine Entlastung aus dieser Richtung kommt. Ist dies nicht der Fall, könnte in dieser Gruppe die Zuversicht schwinden“, erklärt Andreas Czaplicki, Leiter des Leipziger Uniqma-Institutes. Es hat die Studie im Auftrag der Leipziger Volkszeitung erstellt und befragte dafür vom11. bis 16. Dezember 2015 bundesweit 1007 repräsentativ ausgewählte Männer und Frauen ab 18 Jahren.
Bündelt man alle drei „Wir schaffen das“-Antworten der Umfrage, wird deutlich, dass eine große Mehrheit der Deutschen grundsätzlich bereit ist, Flüchtlinge aufzunehmen und zu integrieren. Diese Bereitschaft ist ein Vertrauensvorschuss für Angela Merkel, der die Befragten am ehesten die Lösung der Flüchtlingskrise zutrauen. Mit großem Abstand folgt dann auf Platz zwei CSU-Chef Horst Seehofer. Unter denen, die bedingungslos Flüchtlinge willkommen heißen, sind mehr Frauen als Männer sowie mehr Angestellte als Arbeiter und Rentner. Mehr als jeder dritte Arbeiter und zwei Drittel der Arbeitslosen fühlen sich dagegen überfordert durch die vielen Schutzsuchenden. Dahinter steckt offenbar die Sorge, bei den sozialen Verteilungskämpfen zu kurz zu kommen.
Für große Spannungen sorgt die Flüchtlingskrise auch innerhalb der EU, da Länder wie Polen, Ungarn und die Slowakei kaum bereit sind, Menschen aufzunehmen. So schließt ein großer Teil der Deutschen nicht mehr aus, dass die EU daran zerbricht. Ältere sehen dieses Szenario eher heraufziehen als Jüngere. „Während man in der Griechenlandkrise über den Grexit diskutierte und ihn dann nicht mehr als Gefahr für den Bestand der EU bewertete, hat das Flüchtlingsthema für viele genau diese Sprengkraft“, sagt dazu Institutschef Czaplicki.