Protest: Glocken läuten 45 Minuten

Erstveröffentlicht: 
19.11.2015
NPD-Aufmarsch am Dienstagabend in Zwenkau friedlich beendet VON ULRIKE WITT

 

Zwenkau. Drei Demonstrationen und ein Polizeiaufgebot, wie es Zwenkau noch nicht gesehen hat, bestimmten am Dienstagabend die Szenerie rund ums Rathaus. Ausschreitungen gab es nicht. Ab 19.15 Uhr lösten sich die Veranstaltungen vorzeitig friedlich auf.

 

Rund 200 Anhänger der rechtsextremen NPD hatten sich um 18.30 Uhr auf dem Marktplatz versammelt. Angemeldet worden war die Demo beim Landkreis von der Bürgerinitiative „Zwenkau steht auf“. Die Teilnehmer, darunter viele Jüngere, schwenkten Deutschlandfahnen und applaudierten den rechten, gegen die im Gewerbegebiet geplante Flüchtlingsunterkunft gerichteten Parolen des Geithainer NPD-Stadt- und Kreisrates Manuel Tripp. Keine 20 Meter entfernt, nur von der Polizei getrennt, machten sich etwa 35 Linke aus Leipzig lautstark bemerkbar. Übertönt wurden die beiden Demonstrationen nur von den Glocken von St. Laurentius. Aus Protest gegen den rechten Aufmarsch ließ Pfarrerin Barbara Hüneburg über 45 Minuten lang läuten.

 

Begonnen hatte der Abend um 18 Uhr mit einer ökumenischen Friedensandacht in der Laurentiuskirche. Diese war im Rahmen der Friedensdekade ohnehin geplant gewesen, nach dem Aufruf der evangelischen Kirchgemeinde vom Montag aber so gut besucht wie nie zuvor. Über 100 Menschen, auch hier viele junge Zwenkauer, Unterstützer des Aktionsbündnisses „Zwenkau ist bunt“ sowie Bürgermeister Holger Schulz (CDU) und Stadträte, sangen und beteten für ein friedliches Miteinander. Der stellvertretende Bürgermeister Alexander Wagner mahnte: „Der Ton in unserem Land ist rauer geworden, Menschen werden bedroht.“ Er forderte die Zwenkauer auf, sich an der Aktion „Licht an für Menschlichkeit“ der evangelisch-lutherischen Landeskirche zu beteiligen.

 

Vor der Kirche erinnerte Pfarrerin Hüneburg im Anschluss bei ihrer ersten, vom Posaunenchor und brennenden Kerzen begleiteten Demonstration an die Geschichte Zwenkaus, die auch eine Geschichte der Zuwanderung von Menschen aus anderen Ländern und Regionen sei. „Das macht doch gerade unsere Vielfalt und unseren gesellschaftlichen Reichtum aus“, betonte sie.