Kommt zum Prozess! Dienstag, 3. November 2015, 11.00 Uhr, Landgericht München (Nymphenburger Str. 16, A 229, 2. Stock) Die Welt hat sich seit 1990 gravierend verändert. Spätestens seit der Annexion der DDR hat die Bundesrepublik Deutschland alle moralischen, völkerrechtlichen, diplomatischen und „Systemkonflikt“-bedingten Schranken guten Benehmens fallen gelassen und bekennt sich, wie Helmut Kohl 1991 propagierte, wieder offen zu ihrer Weltmachtrolle.
Deutsche Soldaten sind weltweit im Kampfeinsatz – ob vor der Küste
Israels oder in der von Faschisten regierten Ukraine. Die „soziale
Marktwirtschaft“ à la Hartz und Sozialkahlschlag wird zum
Exportschlager. Deutscher Exportüberschuss und Waffenexporte
verwüsten ganze Kontinente und schaffen die Fluchtursachen, denen
jetzt mit militärischen Mitteln begegnet werden soll. Demokratische
Rechte werden immer weiter beschnitten und im Umbau des
Staatsapparates Anleihen bei Gestapo und Reichssicherheitshauptamt
gemacht. Dieser Kapitalismus schafft es trotz Krieg und Barbarei
nicht mehr, uns „vernünftig“ auszubeuten. Berlin diktiert Europa und
die Großmächte steuern direkt auf den dritten Versuch der
Neuaufteilung von Rohstoffquellen und Absatzmärkten zu...
Was die Herrschenden in dieser Situation am wenigsten brauchen, sind
Menschen, die ihre Schweinereien angreifen und für eine Zukunft
jenseits des kapitalistischen Wahnsinns eintreten. Für die „Ruhe an
der Heimatfront“ sollen die Kritik an den menschenverachtenden
herrschenden Zuständen und Versuche der Jugend, sich für ihre
Interessen und eine bessere Zukunft zu organisieren, unterbunden
werden. Während man sich in CSU, AfD, Pegida und wie sie alle heißen
einig ist, dass die Deutschen wieder Menschen in Lager sperren
müssen, während ein Gemisch aus vulgärem Nationalismus und
rassistischer Hetze der „Willkommenskultur“ ein Ende setzt, sehen
sich die Gegner dieses Treibens einer verschärften Verfolgung
ausgesetzt.
Neben vielen anderen trifft das derzeit in München die Freie
Deutsche Jugend (FDJ). Seit Monaten werden Jugendliche festgenommen
(bereits über 20 Festnahmen), ihre Wohnungen durchsucht, ihre
Computer sowie hunderte Flugblätter und Kundgebungsmittel
beschlagnahmt, weil sie angeblich die „freiheitlich-demokratische
Grundordnung“ gefährden. Vorgeworfen wird ihnen, durch das Zeigen
ihres Organisationsemblems gegen §86a StGB (Verwendung von
Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) zu verstoßen.
Die FDJ wurde ab 1936 von Jugendlichen unterschiedlicher
Weltanschauung, die aufgrund faschistischer Verfolgung emigriert
waren, im Exil gegründet, um im Kampf gegen Faschismus und Krieg die
Spaltung unter der Jugend zu überwinden. Nach der Befreiung 1945
kämpfte sie für die Umsetzung des Potsdamer Abkommens und ein
friedliches, entnazifiziertes und sozialistisches Deutschland. Dafür
wurde sie 1951 von alten Nazis und Feinden der Demokratie in
Westdeutschland verboten und allein zwischen 1950 und 1955 über
1.000 Jahre Gefängnisstrafen gegen junge Kriegsgegner verhängt.
Im Zuge der Annexion der DDR 1989/90 beschloss die Bundesregierung,
dass alle bis dato im Osten legalen Organisationen zukünftig in ganz
Deutschland legal weiter bestehen (was auch für die FDJ zutrifft).
Dieser deutsch-deutsche Einigungsvertrag interessiert die Münchner
Staatsanwaltschaft und politische Polizei jedoch genauso wenig wie
die Grundrechte der Betroffenen auf Vereinigung, Versammlung,
Unverletzlichkeit der Wohnung und freie Meinungsäußerung.
Am 20. Juli wurde ein FDJ-Mitglied im ersten von mehreren Verfahren
vor dem Amtsgericht freigesprochen – die heutige Anwendung des
FDJ-Verbots sei anachronistisch und das Zeigen des Emblems nicht
strafbar, so der Richter. Wie viel das Urteil dem bewaffneten Arm
des Gewaltenapparates wert ist, wurde schnell deutlich: Kaum endete
der Prozess, wurde direkt vor dem Gerichtssaal ein Jugendlicher in
FDJ-Blauhemd mit dem gleichen Tatvorwurf von der politischen Polizei
festgehalten. Sie hätte „Anweisung von oben“, ungeachtet jedes
Gerichtsurteils gegen die FDJ vorzugehen.
Weil die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel gegen den Freispruch
eingelegt hat, wird nun am 3. November vor dem Landgericht München
weiter verhandelt.
Im Vergleich zur Repression gegen die PKK und andere ist die
momentane Verfolgung der FDJ noch moderat. Scheinbar soll in der
„Ordnungszelle Bayern“ ein Exempel an einer nicht besonders starken
Organisation statuiert werden, mit dem die Solidaritätsbereitschaft
und Abwehrfähigkeit der gesamten linken Bewegung getestet wird. Die
FDJ wird verfolgt, weil sie gegen den Kriegskurs dieses neuen
Großdeutschland kämpft, das sich ökonomisch und politisch schon
wieder halb Europa unterworfen hat. Weil sie im Westen wie im Osten
auch für das „andere Deutschland“, für den sicher nicht fehlerfreien
Versuch steht, den Sozialismus aufzubauen, an den heute nicht
erinnert werden darf. Weil sie die sogenannte Wiedervereinigung als
den größten Raub an fremdem Eigentum und aggressivsten Akt des
deutschen Imperialismus seit 1945 bezeichnet und als Ausgangspunkt
für die Kriegspolitik nach außen und den demokratiefeindlichen Umbau
des Staatsapparates seit 1990.
Weil sie sagt: „Lieber sozialistische Experimente, als großdeutsche
Katastrophen!“
Kommt zum Prozess!
Dienstag, 3. November 2015, 11.00 Uhr (bitte Zeit für die
Einlasskontrolle einräumen)
Landgericht München (Nymphenburger Str. 16, A 229, 2. Stock)
Wer ein Blauhemd der internationalen Arbeiterjugendbewegung besitzt
(z.B. SJD – Die Falken, SJÖ, NoarOved) möge es anziehen, alle
anderen blauen Oberteile sind ebenso kleidsam.
Hintergründe & aktuelle Informationen unter www.FDJ.de
Nachfragen, Kontakt und Kritik an Muenchen@FDJ.de