Kulturvertreter warnen vor eskalierender Fremdenfeindlichkeit

Erstveröffentlicht: 
06.10.2015

Pegida wächst, Bürger blockieren geplante Flüchtlingsunterkünfte. Der Kultursenat warnt - und Linke-Politiker fordern von der Regierung mehr Engagement. Und es gibt auch Zeichen der Menschlichkeit.

 

Dresden. Angesichts des wachsenden Zulaufs zu Pegida hat der Sächsische Kultursenat eindringlich vor einer Radikalisierung und Eskalation der Fremdenfeindlichkeit gewarnt. Die Linke forderte zudem von der Regierung, Blockaden von geplanten Unterkünften für Flüchtlinge zu unterbinden. „Es kann und darf nicht sein, dass mit rassistischen Aufmärschen der Bezug von Asylunterkünften be- oder sogar verhindert wird und der Staat untätig zusieht“, sagte die Linke-Politikerin Juliane Nagel.

 

In Heidenau dagegen setzten Stadt und Künstler ein Zeichen für Toleranz. Die Diffamierung und Hetze gegen Menschen, die aus verschiedenen Gründen in Deutschland Hilfe und Schutz suchen, offenbaren sich dem Kultursenat zufolge in bisher unbekanntem Ausmaß. „Sachsen hat ein Problem. Flüchtlinge und Asylbewerber wurden offen attackiert. Ebenso wurden Politiker und Polizisten und Andersdenkende angegriffen“, hieß es in einem Offenen Brief an die Bürger. Im Kultursenat sitzen Kulturschaffende und auch Politiker. Dass auch viele Menschen konkrete Hilfe leisteten, bezeichneten sie als ermutigend.

 

„Wir als Sachsen wollten eine andere Botschaft senden als die der Gewalt“, erklärte auch Unternehmer Jens Jähnig. Er sammelte bei Firmen aus ganz Deutschland Geld für eine Skulptur, die am Montag in Heidenau aufgestellt wurde. Das Wort „Miteinander“ steht nun als riesiges Kunstwerk aus Stahl im Zentrum der sächsischen Stadt.

Die fremdenfeindliche Pegida-Bewegung hatte am Montag in Dresden erneut Tausende Anhänger mobilisiert. Nach einer ersten Auszählung von Studenten der TU Dresden kamen bis zu 9000 Menschen zusammen. Die sächsische AfD stellte am Dienstag klar, dass sie keinen Schulterschluss mit Pegida suche und weiter in eigener Regie gegen die Asylpolitik demonstrieren wolle.

 

Der Publizist Götz Kubitschek, der als Vordenker der Neuen Rechten gilt, hatte auf der Pegida-Versammlung offen zum Rechtsbruch aufgerufen. Er fragte, ob man nicht auch als Bürger Grenzübergänge sperren und geplante Flüchtlingsunterkünfte blockieren solle. Derzeit belagern Bürger tatsächlich ein früheres Ferienlager im Chemnitzer Stadtteil Einsiedel und eine Turnhalle in Dresden-Übigau, um den Einzug von Asylsuchenden zu verhindern.

 

Die Linke im Landtag verlangte von der Regierung, solche Blockaden zu verhindern. Nagel warf Innenminister Markus Ulbig (CDU) vor, dass er den rassistischen Manifestationen nicht die Stirn biete und Grund- und Menschenrechte nicht verteidige. Ulbig wies das zurück: Die Polizei dulde keine Blockaden und werde sie zur Not auch mit Gewalt auflösen. „Bezüglich Belegung und Versorgung von Flüchtlingseinrichtungen in Sachsen hat die Polizei dies auch immer durchgesetzt und wird es weiterhin konsequent tun“, betonte er.

 

Das Kabinett beschloss unterdessen, leerstehende Wohnungen für Asylsuchende mit guter Bleibeperspektive zu nutzen und mehr Lehrer für Deutsch als Zweitsprache (DaZ) auszubilden. Die Zahl der Lehrerstellen, die für den Unterricht von Flüchtlingskindern bereit stehen, wächst von 332 im vorigen Schuljahr auf 632 im laufenden. Zugleich kritisierte die Dresdner CDU, dass im Nebengebäude einer Grundschule in Dresden Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Auch der Landeselternrat steht den Plänen kritisch gegenüber. Nach Angaben der Polizei kam es am Montagabend während einer Infoveranstaltung in der Schule vor dem Gebäude zu Tumulten.