Die EU will Auffanglager in der Türkei finanzieren, um „das Chaos auf den griechischen Inseln und der Balkan Route unter Kontrolle“ gebracht werden (tagesschau.de, 05.10.2015). Zudem soll künftig die Türkei mit der griechischen Grenzpolizei unter der Leitung von Frontex gemeinsam die Ägäis kontrollieren. Aufgegriffene Refugees sollen dann „ersteinmal“ wieder in die Türkei zurückgeschoben werden.
Die Tagesschau schreibt, es gäbe bei der Zusammenarbeit Probleme, da man in diesem Punkt auf Unterstützung der Türkei hofft, andererseits permanent Verstöße gegen die Menschenrechte aus der Türkei gemeldet würden. Letztlich ist das schlagende Argument für Europa diese Investitionen zu tätigen, dies würde „immer noch günstiger sein, als wenn sich diese ganzen Menschen aufmachen nach Europa“ (FDP-Europaabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff, zit nach: http://www.tagesschau.de/ausland/erdogan-fluechtlinge-103.html). Deutlich wird bei diesem Vorhaben, dass es um einen finanziell absehbaren Weg gehen soll, die Grenzsicherung zu gewährleisten und europäische Kontrolle über Einreisen wieder zu erlangen.
Bei diesem Handel will die EU wohl ca. 500.000 weitere Refugees „aufnehmen“, vermutlich einen Großteil der rund 2 Millionen Syrer_innen, die derzeit in Lagern in der Türkei festsitzen. Erdoğans Interesse ist es, von der EU eine Anerkennung seiner geplanten „Pufferzone“ in Syrien zu bekommen. Er hat vor, in Nordsyrien – angrenzend an die Türkei – Containerstädte für rückkehrende Syrer_innen zu bauen, deren Ziel jedoch die Spaltung zweier kurdischer Gebiete ist, um einen kurdischen Staat bzw. kurdische Autonomiegebiete in der dortigen Region zu verhindern. Ein Fazit ist: Niemand solle sich von der Aufnahme, also einer sicheren Einreise für 500.000 Menschen blenden lassen. Wird das berüchtigte türkische Militär noch verstärkt an der europäischen Grenzsicherung beteiligt, bedeutet das neben den angekündigten (illegalen) Push-Backs nichts Gutes für diejenigen, die nicht zu den 500.000 gehören und weiterhin ihren Weg über Griechenland nach Nordeuropa suchen.
Ein weiterer Punkt ist, dass die EU Erdoğan erneut als Verhandlungspartner hofiert, trotz der selbst benannten bekannten Menschenrechtsverletzungen und dem Krieg den er gerade gegen Kurd_innen führt. Erdoğans Weigerungen, den Wahlsieg der HDP anzuerkennen, dem aus den Wahlergebnissen deutlich werdenden Machtverlust Folge zu leisten oder die umstrittene baldige Neuwahl verhindern in dieser Situation nicht, dass die EU Staaten, allen voran Deutschland, die Türkei zu Verbündeten macht. Internationale Solidarität ist gefordert. In den letzten Monaten ist eine Vielzahl kurdischer Genoss_innen angekommen. Mit ihnen gemeinsam wie mit bestehenden kurdischen Strukturen brauchen wir eine starke internationalistische Bewegung – sowohl gegen die Asylrechtsverschärfungen innerhalb der BRD wie auch gegen die mörderischen Bündnisse und Abschottungspolitiken.