Umfrage: Fremdenfeindliche Krawalle schaden Sachsens Ansehen massiv

Erstveröffentlicht: 
24.09.2015

Über 70 Prozent der Deutschen sehen negative Auswirkungen auf das Image des Freistaates

 

Von Anita Kecke


Leipzig. Pöbelnde Rechtspopulisten, Steine werfende Krawallmacher vor Flüchtlingsunterkünften in Sachsen. Heidenau, Freital, Meißen, Dresden und Bischofswerda. Die Liste der sächsischen Städte, von denen Bilder gewaltsamer Übergriffe in die Welt gingen, ist immer länger geworden. Das blieb nicht ohne Folgen für das Image des Freistaates. Bundesweit ist für mehr als drei Viertel der Deutschen klar, dass diese ausländerfeindlichen Proteste dem Ansehen Sachsens geschadet haben. Auch eine große Mehrheit der Befragten im Freistaat selbst sieht einen herben Imageverlust für das weiß-grüne Bundesland. Das ergab eine gemeinsame Umfrage der drei großen sächsischen Tageszeitungen Leipziger Volkszeitung, Freie Presse und Sächsische Zeitung. Im Auftrag der drei Zeitungshäuser befragte das Leipziger Institut Uniqma für diese Studie Mitte September bundesweit 1351 repräsentativ ausgewählte Er- wachsene, darunter 514 aus Sachsen.


Besonders ausländerfeindlich


Ein Ergebnis der Studie ist auch, dass jeder fünfte Befragte in Sachsen der Meinung ist, dass durch die Proteste gegen Flüchtlinge keinerlei Imageschaden entstanden sei. Bundesweit sehen das nur 14 Prozent so. Etwa jeder zehnte Befragte antwortete mit "weiß nicht".


Es fällt auf, dass unter den 20 Prozent der Sachsen, die keine Rufschädigung sehen, die Altersgruppe der 50- bis 64-Jährigen und Befragte mit geringem Bildungsabschluss überproportional vertreten sind. So finden 36 Prozent der weniger Qualifizierten, dass der Ruf Sachsens durch die Krawalle nicht gelitten hat. Von den Befragten mit einem Stu- dienabschluss sagen das nur 14 Prozent. Dafür äußern sich über 80 Prozent der Studierten besorgt über den Ansehensverlust. Von denen mit geringerem Schulabschluss sehen zwar weniger eine Rufschädigung, aber mit 54 Prozent verbindet auch in dieser Gruppe die Mehrheit mit den Übergriffen eine fatale Wirkung auf das Renommee.


Für den Chef des Uniqma-Institutes, Dr. Andreas Czaplicki, ist das Meinungsbild eindeutig, da bundesweit drei Viertel der Überzeugung sind, dass die gewalttätigen Aktionen dem Ansehen des Freistaates geschadet haben und die Sachsen das ähnlich kritisch sehen. Allerdings gibt er zu bedenken: "Derzeit ist noch völlig offen, ob das Ansehen Sachsens nachhaltig geschädigt wurde, oder ob wir nur von einer kurzzeitigen Eintrübung in der öffentlichen Meinung sprechen, die sich rasch wieder normalisiert. Die Erfahrung lehrt jedoch: Irgendetwas bleibt fast immer hängen." Diese Befürchtung erhält auch Nahrung dadurch, dass die Sachsen von sich selbst ein anderes, ein viel positiveres, Bild haben als das übrige Deutschland.


Sachsen halten sich für tolerant


So gehen bei der Antwort auf die Frage, ob in Sachsen die Ausländerfeindlichkeit stärker ausgeprägt ist als in anderen Bundesländern die Meinungen weit auseinander. In Sachsen selbst sehen das nur 29 Prozent so. Deutschlandweit (ohne die Sachsen) ist jedoch eine Mehrheit von 54 Prozent der Überzeugung, dass im Freistaat die Fremdenfeindlichkeit vorherrschender ist als im übrigen Bundesgebiet. In den alten Bundesländern sagen dies 57 Prozent, in den anderen neuen Ländern (außer Sachsen) 31 Prozent. Außerdem halten sich die Sachsen selbst für viel weltoffener, toleranter und gastfreundlicher, als sie deutschlandweit gesehen werden.


Tatsache ist aber auch, dass die Menschen im Freistaat mehrheitlich Flüchtlinge willkommen heißen. Allerdings liegt der Anteil derer, die eine Aufnahme von Asylbewerbern befürworten, in Sachsen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 78 Prozent.