Dem Ansturm nachgegeben: Ungarn bringt mit Bussen Tausende Flüchtlinge nach Österreich. Migranten berichten, wie sie auf ihrem Marsch auf der Autobahn beschimpft wurden.
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15:34
Die ungarischen Behörden stellen keine Busse zum Flüchtlingstransport mehr bereit. Polizeichef Karoly Papp bezeichnete am Samstag den zuvor erfolgten Einsatz von Bussen zum Flüchtlingstransport an die österreichische Grenze als «einmalig». «Es werden keine Fahrzeuge mehr zu den auf der Strasse laufenden Flüchtlingen geschickt», sagte er der Nachrichtenagentur MTI, nachdem zuvor weitere rund 500 Menschen zu Fuss den Hauptbahnhof in Budapest in Richtung Österreich verlassen hatten.
14:36
Bundesaussenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sieht in der Vereinbarung zur Weiterreise tausender Flüchtlinge von Ungarn Richtung Deutschland eine Ausnahme. «Die Hilfe in der gestrigen Notlage war verbunden mit der dringenden Mahnung dafür, daraus gerade keine Praxis für die nächsten Tage zu machen», sagte Steinmeier zum Abschluss des Treffens der EU-Aussenminister am Samstag in Luxemburg.
Die Hilfe sei vielmehr «Erinnerung daran, dass die Verpflichtungen auch für Ungarn aus dem Dubliner Abkommen nicht etwa aufgehoben sind.» Das Dubliner Abkommen legt fest, dass Asylanträge grundsätzlich in dem Land gestellt werden müssen, in dem Flüchtlinge zuerst europäischen Boden betreten.
Wie Kollegen aus Österreich und anderen EU-Staaten forderte Steinmeier nun einen baldigen Sondergipfel zur Flüchtlingskrise. Wenn alle Vorarbeiten abgeschlossen seien, könnten die EU-Staaten «bereits Anfang Oktober in der Lage sein, diesen Europäischen Rat durchzuführen», sagte der Minister. Vorausgehen müssten Räte der Innen- und Aussenminister – laut Diplomaten wird auch ein gemeinsames Treffen dieser Ressortminister, ein sogenannter Jumbo-Rat, erwogen.
14:35
Aus Deutschland sind nach einem Bericht des Magazins «Spiegel» in diesem Jahr über 10'000 Menschen abgeschoben worden. Damit seien bereits mehr Ausländer zum Verlassen Deutschlands gezwungen worden als im gesamten vergangenen Jahr.
Dies berichtete das Magazin am Samstag unter Berufung auf Angaben des Bundes und der Bundesländer. Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, ihm lägen aktuelle Zahlen nicht vor. Bis Ende Juni seien 8178 Menschen abgeschoben worden.
Der Präsident des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Manfred Schmidt, gehe davon aus, dass bis Jahresende über rund 75'000 Asylanträge von Menschen aus dem Westbalkan entschieden werde, berichtete der «Spiegel» weiter. Die meisten davon dürften keine Aufenthaltsgenehmigung bekommen.
«Diese Entscheidungen müssen dann auch konsequent umgesetzt werden und die abgelehnten Asylbewerber Deutschland so schnell wie möglich verlassen», sagte Schmidt.
Deutschland bemüht sich innerhalb der EU derzeit darum, dass alle Staaten des Westbalkans als sichere Herkunftsländer eingestuft werden. Damit hätten deren Bürger keinen Anspruch auf Asyl.
13:56 Uhr
Real Madrid spendet eine Million Euro für Flüchtlinge Reals Präsident Florentino Pérez hat laut Klubmitteilung mit dem spanischen Ministerpräsident Mariano Rajoy am Telefon darüber gesprochen, auf welche Weise der Klub bei der Aufnahme von Flüchtlingen sonst noch helfen könne.
Superstar Lionel Messi vom Rivalen FC Barcelona äusserte sich derweil betroffen über die derzeitige Situation der Flüchtlinge in Europa. «Solche Dinge sollten im 21. Jahrhundert unvorstellbar sein», postete Messi auf seinem Facebook-Profil.
Der Argentinier appellierte eine «schnelle Lösung zu finden, um diese Tragödie zu beenden». Der mehrfache Weltfussballer und Europas Fussballer des Jahres hat eine eigene Stiftung für Kinder und ist auch Botschafter des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen.
12.30 Uhr
Finnlands Regierungschef Juha Sipilä will sein Landhaus für Flüchtlinge zur Verfügung stellen. Das mehr als 500 Kilometer nördlich von Helsinki gelegene Haus werde «derzeit nicht viel genutzt», sagte Sipilä im finnischen Fernsehen.
«Ich hoffe, dass dies eine Art Bewegung wird, die viele andere dazu inspiriert, einen Teil der Last in dieser Unterbringungskrise für Flüchtlinge zu tragen», sagte der in der politischen Mitte angesiedelte Ministerpräsident.
Die Flüchtlingslager in Finnland sind derzeit angesichts der beispiellosen Zahlen der Ankömmlinge völlig ausgelastet. Vor allem in der nur dünn besiedelten nordwestlichen Region Finnlands, wo Sipiläs Landhaus liegt, mangelt es an Aufnahmezentren. (sda)
12.22 Uhr
Gemäss der BBC hat sich ein zweiter Tross Flüchtlinge vom Budapester Bahnhof Keleti in Bewegung gesetzt. Wie Reporter Ben Brown berichtet, hätten sich erneut 1000 Migranten auf die Autobahn begeben um den Marsch Richtung Westen auf sich zu nehmen. Sie hoffen, ebenfalls mit Bussen an die österreichische Grenzen gefahren zu werden.
Flüchtlinge hatten gestern bis zum Einbruch der Nacht rund 25 Kilometer des 171 Kilometer langen Weges zur österreichischen Grenze geschafft, bis Busse sie aufnahmen.
12.12 Uhr
Nach der nächtlichen Busaktion, mit der die ungarischen Behörden Tausende gestrandete Flüchtlinge an die Grenze zu Österreich brachten, sind die ersten von ihnen in Deutschland eingetroffen. Ein Zug mit 167 Flüchtlingen fuhr um 10.25 Uhr in München ein. Ein weiterer Sonderzug aus Salzburg mit Hunderten Flüchtlingen werde gegen Mittag erwartet, sagte Polizeisprecher Simon Hegewald der Nachrichtenagentur AP.
Rund 4000 Flüchtlinge sind am Morgen mit den Bussen von Ungarn zur Grenze mit Österreich gebracht worden, wie Polizeisprecher Helmut Marban sagte. Hunderte wurden nach einer Erstversorgung anschliessend zu Zügen Richtung Wien und Salzburg gebracht. Rund 800 kamen bereits in der österreichischen Hauptstadt an. Der Wiener Regierungsbeamte Wolfgang Müller sagte, er rechne damit, dass weitere 3000 Flüchtlinge im Laufe des Tages in Wien eintreffen werden. (sda)
12.05 Uhr
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in Medien, das Land werde niemanden stoppen, der Asyl beantragen wolle. Allerdings bleibe die Regierung bei ihrer Haltung, dass Migranten, die die Kriterien für ein Asyl nicht erfüllten, zurückkehren müssten.
11 Uhr
Bisher kamen rund 4500 Flüchtlinge mit Bussen aus Ungarn an der österreichischen Grenze an. Das österreichische Innenministerium in Wien rechnete damit, dass heute rund 10'000 Flüchtlinge kommen könnten.
Ein erster Sonderzug mit rund 400 Flüchtlinge an Bord traf kurz nach 9 Uhr in Wien ein. Unter den Flüchtlingen sind viele junge Männer, aber auch Familien mit Kindern. Zahlreiche freiwillige Helfer begrüssten die grösstenteils aus Syrien stammenden Flüchtlinge und verteilten Essen, Getränke und Decken.
Am Bahnhof wurden die Flüchtlinge per Lautsprecherdurchsagen auf Arabisch über die nächsten Abfahrtsmöglichkeiten Richtung Deutschland informiert. In München wird ein per Salzburg fahrender Sonderzug mit etwa 500 Flüchtlingen nach Angaben der Deutschen Bahn voraussichtlich zwischen 12.00 und 13.00 Uhr erwartet. Und auch in Ungarn könnten bald die internationalen Züge wieder planmässig fahren, kündigte Regierungssprecher Andras Giro Szaz an.
Ungarn hatte gestern Abend entschieden, die tagelang am Bahnhof von Budapest festsitzenden Flüchtlinge mit Bussen an die österreichische Grenze zu bringen. Österreich und Deutschland erklärten sich bereit, die Flüchtlinge einreisen zu lassen. Diese Zusage verknüpften sie an die Bedingung, dass sich Ungarn an die EU-Verpflichtungen halten müsse. (sda)
11 Uhr
Ungarische Flüchtlinge, die in Österreich angekommen sind, berichten von der beschwerlichen Reise. Beim Marsch auf der Autobahn wurden die Menschen von vorbeifahrenden Autofahrern beschimpft. «Ich hoffe, dass du stirbst und deine Mutter auch», wurde gerufen. Das berichtet ein Flüchtling dem «Guardian». «Ich verstehe das nicht. Wir kommen aus einem Land, in dem Krieg herrscht. Wir sind keine Kriminellen», so ein weiterer Flüchtling.
Auf der österreichischen Seite der Grenze bereiteten Helfer des Roten Kreuzes den ankommenden Flüchtlingen am Morgen mit Tee und anderen Hilfsgütern einen herzlichem Empfang. Auf arabisch und deutsch riefen herbeigeeilte Freunde der Migranten und Österreicher «Willkommen!». In einer Notunterkunft im Grenzort Nickelsdorf standen Betten bereit.
«Österreich ist sehr gut», sagte der 23-jährige Iraker Merhan Harschiri, als er sich nach Bananen und Äpfeln anstellte. Viele Flüchtlinge sanken bei ihrer Ankunft an der Grenze erschöpft zu Boden, aber mit einem Ausdruck der Erleichterung auf den Gesichtern.
10.14 Uhr
Rund 4000 Flüchtlinge, die in Ungarn auf ihrem Weg nach Westeuropa gestrandet waren, sind am Morgen mit Bussen nach Österreich gebracht worden. Diese Zahl gibt Polizeisprecher Helmut Marban vor Reportern bekannt. Erste 800 seien bereits per Bahn in Wien angekommen und in Züge Richtung Deutschland umgestiegen, sagte ein Wiener Regierungsbeamter. Er rechnete damit, dass weitere 3000 Flüchtlinge im Laufe des Tages in Wien ankommen werden.