Protest gegen Legida - 3000 Leipziger werben für Solidarität mit Flüchtlingen

Erstveröffentlicht: 
01.09.2015

Die aktuelle Debatte um die steigende Zahl von Asylbewerbern in Deutschland hat der islamfeindlichen Bewegung Legida kaum Zulauf beschert. Den etwa 600 bis 700 rechtsgerichteten Demonstranten standen gestern Abend in der Innenstadt 3000 Leipziger gegenüber, die die Flüchtlinge willkommen hießen.

 

Von Andreas Tappert, Robert Nössler und Evelyn ter vehn


Die Diskussion um die wachsende Zahl von Asylbewerbern in der Bundesrepublik hat gestern Abend 3000 Menschen auf die Straße geholt. In der Innenstadt zeigten sie Flagge für ein weltoffenes Leipzig, hießen die Flüchtlinge willkommen und erteilten "Leipzig gegen die Islamisierung des Abendlandes" (Legida) eine klare Absage. Die ausländerfeindliche Bewegung ihrerseits vermochte bei ihrem sogenannten Abendspaziergang zum Waldstraßenviertel lediglich rund 600 bis 700 Teilnehmer zu mobilisieren. Beim vorherigen Aufzug am 3. August waren es in etwa genauso viele gewesen.


Mit unmissverständlichen Worten hatten das Bündnis "Willkommen in Leipzig - eine weltoffene Stadt der Vielfalt" und das Aktionsnetzwerk "Leipzig nimmt Platz" in den vergangenen Tagen für eine Teilnahme an der Anti-Legida-Demonstration geworben. Vom Erfolg waren die Organisatoren und Sympathisanten der Protestaktion fast ein wenig überwältigt. Prinzen-Sänger Sebastian Krumbiegel jubilierte bei der Kundgebung an der Hainspitze geradezu. "Leipzig ist eine großartige Stadt. Ich bin froh, hier zu leben", rief er beim Anblick der Menschenmenge aus. Die hatte sich nach dem Friedensgebet in der Nikolaikirche vor dem Gotteshaus versammelt und von dort ihren Gang durch die City angetreten. Menschen, die die Willkommens- und Toleranz-Botschaften auf den Transparenten lasen, spendeten Beifall oder schlossen sich spontan an.


"Natürlich haben wir Platz für Flüchtlinge", wandte sich Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) gegen rechte Demagogie und bedankte sich bei den vielen Gegendemonstranten für "das klare Zeichen gegen Rassismus". Diesen bezeichnete Jung als "ein Verbrechen". Rassismus sei nicht einmal mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung vereinbar. "Schleichend kommt der Rassismus in unsere Stuben, in unsere Kinderzimmer, wir müssen dagegen halten, haltet dagegen!"
Fremdenfeindlichkeit habe in Sachsen auf beängstigende Weise Raum ergriffen, sagte Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping (SPD). "Sagen Sie klar, dass es nicht geht, Fremdenhass zu verbreiten - in ihrer Nachbarschaft, überall. Das schafft eine Staatsregierung nicht allein. Fremdenhass gehört hier nicht hin, und dagegen werden wir verstärkt vorgehen." Erik Wolf, der Geschäftsführer des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) für die Region Leipzig-Nordsachsen, drückte seine Hoffnung aus, "dass der Protest weitergeht und nicht abreißt".


Am Richard-Wagner-Platz mussten die Legida-Anhänger auf ihren prominentesten Redner, den Pegida-Gründer Lutz Bachmann, verzichten. Nach Informationen von LVZ.de hatte er eine Autopanne. Gegen 19.30 Uhr setzte sich die Legida-Demo in Bewegung, begleitet von einem gellenden Pfeifkonzert der Gegner. Schon in der Käthe-Kollwitz-Straße kam der Zug zum Stehen, weil linke Gruppen mit Sitzblockaden antworteten. Wegen dieser und weiterer Blockaden wurden die Legida-Anhänger teils umgeleitet, an einigen Stellen wurden sie an den Blockierern vorbeigeführt.


Bei der Legida-Abschlusskundgebung auf dem Richard-Wagner-Platz durchbrachen Gegner die Absperrungen der Polizei und rückten zwei Meter dicht an die Legida-Anhänger heran. Polizisten konnten im letzten Augenblick eine Massenschlägerei verhindern. Trotzdem flogen volle Wasserflaschen und leere Bierflaschen auf die Legida-Demonstranten. Als diese traditionell die deutsche Nationalhymne anstimmten, skandierten die Gegner "Nie wieder Deutschland".


Die Polizei registrierte gestern vereinzelte Körperverletzungen. So wurden Legida-Teilnehmer durch geworfene Flaschen verletzt und eine versuchte Körperverletzung durch einen Legida-Anhänger festgestellt, der daraufhin vorläufig festgenommen wurde. Im Waldstraßenviertel ging die Scheibe eines parkenden BMW zu Bruch. Bereits gegen 17.15 Uhr hatte die Polizei bei den Legida-Gegnern am Naturkundemuseum Pflastersteindepots ausgehoben. Das Gewaltpotenzial sei hoch und die Stimmung aggressiv gewesen, heißt es im Polizei-Bericht.


Trotzdem riefen die Legida-Organisatoren zu weiteren Demonstrationen auf. "Am Montag sehen wir uns in Dresden und in Leipzig sind wir auch bald wieder", wurde von der Bühne verkündet. Auf Nachfrage hieß es: "In drei Wochen sind wir wieder in Leipzig."