Vor dem Landgericht Stuttgart sind mehrere Rädelsführer der „Autonomen Nationalisten Göppingen“ zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte Haftstrafen zwischen 18 und 33 Monate gefordert, die Verteidigung mehrheitlich auf Freispruch plädiert.
Von Kai Budler
Seit Januar stehen die vier Neonazis zwischen 23 und 34 Jahren wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung vor Gericht, ihnen wird unter anderem Volksverhetzung, gefährliche Körperverletzung und eine Reihe von Sachbeschädigungen vorgeworfen. Wegen rechtsextremer Propaganda, Hetze, Drohungen und Angriffe auf politische Gegner hat das Landgericht Stuttgart die Angeklagten nun zu Haftstrafen zwischen einem Jahr und zwei Monaten und zwei Jahre und vier Monaten verurteilt, zwei Verurteilungen sind Bewährungsstrafen. Die Richterin sprach von einer „rechtsextremen Vereinigung“, die ausländerfeindlich und antisemitisch sei und den Nationalsozialismus verherrliche. Dazu gehörten auch die systematische Einschüchterung und gezielte Attacken gegen politische Gegner. Unter anderem hätten die „Autonomen Nationalisten Göppingen“ (ANG) dazu aufgerufen „das Filstal zu nazifizieren und braun zu halten“. Sie waren besonders in den Jahren 2012 und 2013 aktiv und hätten für einen „Ausnahmezustand“ in Göppingen gesorgt.
Allein in diese zwei Jahre fallen 50 Straftaten wie Sachbeschädigungen, Körperverletzungen und Verleumdungen. Auch Staatsanwältin Veronika Mannl sah es in ihrem Plädoyer für erwiesen an, dass die vier Männer Gründer und Rädelsführer der ANG waren, die 2014 verboten wurden. Ihre Anhänger wiesen laut Staatsanwältin Mannl eindeutig eine Wesensverwandtschaft zu den Nationalsozialisten auf. Sie stellten eine erhebliche Gefahr dar und hätten das Ziel verfolgt, den politischen Gegner einzuschüchtern und eine politische Vormachtstellung zu erreichen.
Anklage gegen 13 weitere mutmaßliche ANG-Mitglieder
Dabei ließ die Staatsanwaltschaft schon die Hälfte der 40 Anklagepunkte fallen, um den Prozess abzukürzen. Sechs Verteidiger hatten Freisprüche für drei Angeklagte gefordert und der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, Bagatelldelikte wie Sprüh- und Aufkleberaktionen aufzubauschen. So solle die Gruppierung zu einer kriminellen Vereinigung stilisiert werden, dabei habe es innerhalb der Gruppe einen gemeinsamen Willen, Straftaten zu begehen, nicht gegeben. Anders sahen es die Rechtsanwälte des vierten Angeklagten, für den die Staatsanwältin 18 Monate Jugendstrafe forderte und der ein umfassendes Geständnis abgelegt hatte. Zwar machten die Straftaten für Daniel R. eine Jugendstrafe nötig, diese solle wegen seiner Abkehr aber deutlich niedriger liegen als von der Staatsanwältin gefordert. Auch ein weiterer Angeklagter hatte gestanden und so zur Aufklärung beigetragen. Deswegen forderte die Staatsanwältin für beide Bewährungsstrafen.
Die vier Neonazis waren bei einer groß angelegten Razzia im Februar 2014 festgenommen worden. Dabei stellten die Ermittler Propagandamaterial wie Hakenkreuzfahnen, gerahmte Bilder von Adolf Hitler, Transparente, Aufkleber und Plakate mit Aufschriften wie „Die Demokraten bringen uns den Volkstod“ sicher. Zudem fanden sie Schlag- und Schusswaffen in den 19 durchsuchten Wohnungen. Wie jetzt bekannt wurde, hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen 13 weitere mutmaßliche Mitglieder der „Autonomen Nationalisten Göppingen“ erhoben.