Neonazis scharen sich um einen Pfälzer

Erstveröffentlicht: 
04.08.2015

Der III. Weg ist eine neue Rechtsaußen-Partei, die besonders übel gegen Flüchtlinge hetzt. Verfassungsschützer meinen: Die Truppe sammelt die radikalsten Ex-NPD-Leute und Neonazis. Auch in der Pfalz ist sie aktiv. Schließlich wohnt hier ihr Bundesvorsitzender.

 

WEIDENTHAL. Harmlos sieht der Schnurrbartträger aus, der in kurzen Hosen durch seinen Vorgarten stapft. Sein Dobermann mit dem schwarzglänzenden Fell wirkt deutlich eleganter. Und aggressiver: Wütend durch die Zaunlatten bellend, verkündet das Tier, dass es keine Fremden mag. Hund und Herrchen passen demnach doch ganz gut zusammen. Denn Klaus Amstroff ist Bundesvorsitzender einer rechtsextremen Partei, die Verfassungsschützer mehrerer Bundesländer beschäftigt. Zum Beispiel mit besonders übler Stimmungsmache gegen Flüchtlinge.

 

Auf einer Deutschlandkarte im Internet ließ sie ihre Gesinnungsgenossen monatelang Standorte von Flüchtlingsheimen eintragen. „Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft“, stand über diesem Verzeichnis, das Google als Anbieter der Funktion nach einem Proteststurm schließlich aus dem Netz warf. Wenige Tage später war die Karte wieder da, nun unter neutralerem Titel: „Asylantenheime in Deutschland“. Auf ihrer eigenen Internet-Seite bietet die Partei auch einen 21-Seiten-Leitfaden für Anwohner, die den Bau einer Flüchtlingsunterkunft verhindern wollen.

 

Aufgelistet sind dort Tipps wie: eine Bürgerinitiative gründen, Facebook-Seiten einrichten und Flugblätter drucken. Dieses Programm haben die Extremisten auch schon selbst abgespult: in Limburgerhof (Rhein-Pfalz-Kreis). Nach ein paar Wochen Agitation loderten dort aus dem halbfertigen Flüchtlingsheim Flammen – Brandstiftung. Armstroff bekannte sich daraufhin zum ausschließlich „politischen Widerstand“ gegen Asylunterkünfte. Doch er fügte hinzu: Er und seine Parteifreunde könnten „Deutsche verstehen, die darüber hinaus aktiv sind“.

 

Scharfmacher der Partei sitzen gerne in Einwohnerversammlungen, wenn Pfälzer Bürgermeister über geplante Heime informieren. Für Demonstrationen lässt der III. Weg auch Szene-Größen aus anderen Teilen Deutschlands antreten. Bei Kundgebungen in Ludwigshafen und Limburgerhof zum Beispiel marschierte der Münchener Neonazi Karl-Heinz Statzberger mit. Er war 2003 in einen versuchten Sprengstoffanschlag auf das jüdische Kulturzentrum der bayerischen Landeshauptstadt verwickelt, wurde deshalb zu gut vier Jahren Haft verurteilt.

 

Auch der Bundesvorsitzende höchstpersönlich demonstriert gerne in der Pfalz. Schließlich wohnt Armstroff in Weidenthal (Kreis Bad Dürkheim). Abseits, im letzten Haus einer Sackgasse. Zufällig fährt dort niemand vor. Kein Wunder also, dass Herrchen und Hund schnell am Gartenzaun stehen, wenn ein fremdes Auto heranrollt. Es könnte ja wieder mal der Verfassungsschutz sein. Dessen Späher haben sich bisweilen schon rund um den Ort postiert, um zu sehen, wohin der gelernte Elektriker fährt. Doch der merkt schnell, wenn ihm der Staat auf die Pelle rückt. Immerhin ist er ein Extremist mit reicher Erfahrung.

 

Jahrelang saß Armstroff für die NPD im Bad Dürkheimer Kreistag, war Mitglied im Landesvorstand. Im Umfeld der neuen Partei tauchen noch mehr altbekannte NPD-Kader auf. Mario Matthes zum Beispiel. Der frühere Vizechef der Hessen-NPD stammt aus der Pfalz und ist einst in Mainz von der Uni geflogen, nachdem er einen linken Studenten verprügelt hatte. Oder der Frankfurter Stadtverordnete Jörg Krebs. Bis zum 21. März teilte er auf seiner Facebook-Seite NPD-Propaganda, inzwischen firmiert er als parteilos und wirbt für den III. Weg.

Etwa gleichzeitig hat die NPD auch in Plauen ein Ratsmitglied verloren: Thomas Lauter ist direkt zu Armstroffs Mannschaft übergelaufen. Überhaupt: In Thüringen und Sachsen sollen schon halbe Ortsgruppen übergetreten sein. Verfassungsschützer sagen: Es sind oft vergleichsweise disziplinierte Leute, die in der Truppe des gelernten Elektrikers aus Weidenthal landen. Und: Es sind die besonders radikalen, die sich dort sammeln. Der III. Weg kombiniert auf seinen T-Shirts ganz ungeniert die Begriffe „national“ und „sozialistisch“, die schwächelnde NPD vermeidet ein so offenes Kokettieren mit der Nähe zu Hitlers Terrorregime lieber.

 

Trotzdem marschieren beide Parteien in der Pfalz auch Seit’ an Seit’. Zum Beispiel, wenn der NPD-Veteran Christian Hehl auf Ludwigshafener Plätzen nationale Töne spuckt. Der frühere Betreiber eines Ladens für einschlägige Fan-Artikel gilt als Bindeglied zur Hooliganszene und sitzt im Mannheimer Gemeinderat. Greift er bei einer Demonstration zum Mikrofon, verstärkt nun der III. Weg den überschaubaren Zuhörerkreis. Für die Logistik können Pfälzer Rechtsextremisten aller Art ohnehin auf den „Nationalen Widerstand Zweibrücken“ bauen. Die eher skurrile Minitruppe rollt regelmäßig mit ihrem pannenträchtigen Lautsprecherwagen an.

 

Der III. Weg allerdings will nicht nur Plätze beschallen, sondern Parlamente. Die Partei sammelt Unterschriften, um bei der nächsten rheinland-pfälzischen Landtagswahl antreten zu dürfen. Landesweit unterhält sie mittlerweile drei „Stützpunkte“. Dazu kommen Ableger in den östlichen Ländern – und in Bayern. Dort ist sie das Sammelbecken für „Kameraden“ aus dem „Freien Netz Süd“, das der bayerische Innenminister im Juli 2014 verboten hat. Der III. Weg wiederum ist nach eigenen Angaben im September 2013 gegründet worden. Neonazi-Jäger wittern deshalb eine groß angelegte Verschwörung.

 

Ihr Verdacht: Weil das staatlich verfügte Ende des Kameradschaftsnetzes absehbar war, bildeten sie vorab eine Ersatzorganisation. Die sollte erstens eine politische Partei sein, weil die schwerer zu verbieten ist als ein simpler Verein. Und zweitens sollte sie äußerlichen Abstand wahren, um nicht sofort als Nachfolgetruppe erkennbar zu werden. Der mitten im Pfälzerwald residierende Bundesvorsitzende wäre demnach nicht viel mehr als die Schaufensterpuppe bayerischer Hintermänner. Verfassungsschützer allerdings trauen der notorisch zerstrittenen Szene derart ausgefeilte Manöver nicht zu.

 

Sie gehen eher davon aus, dass enttäuschte NPD-Mitglieder und Kameradschaftsanhänger eher zufällig im passenden Moment zusammenfanden. Trotzdem haben auch sie Zweifel daran, dass Armstroff das Zeug zum Vordenker einer neuen Partei hat. Er selbst schweigt zu seiner Rolle, jedenfalls gegenüber RHEINPFALZ: „Sie kennen doch dieses Wort“, sagt der Schnurrbartträger harmlos lächelnd, während er hinter den Zaunlatten seinen Dobermann tätschelt: „Lügenpresse.“

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Gerade in Limbugerhof und Neuhofen gibt es eine recht große rechte Szene mit viel Nachwuchs...

 

Ist Matthias Herrmann nicht auch bei der III.Weg?